Lukas Zeidler und sein Team aus Bad Oldesloe setzen voll auf gedrucktes Papier – und viel Unterhaltung

Bad Oldesloe . Diffuses Licht fällt in den Computerraum der Oldesloer Theodor-Mommsen-Schule, der jeden Donnerstag zur Redaktion wird, zur Redaktion der „Ente“. Eine Schülerzeitung, die zweimal im Jahr erscheint, eine von vieren im Kreis. Hyperlokaler Journalismus dürfte das Ergebnis auf Neudeutsch heißen: Die reguläre Auflage – 150Stück – verlässt den Schulhof kaum. Die 14-köpfige „Ente“-Redaktion indes ist kürzlich ins Landeshaus nach Kiel gefahren. Die „Ente“ hat im Schülerzeitungswettbewerb der Jugendpresse Schleswig-Holstein den vierten Platz gewonnen und darf nun auch auf eine Platzierung im bundesweiten Wettbewerb hoffen. „Werden sie zur vierten Gewalt in ihrer Schule“, hat Landtagspräsident Klaus Schlie gesagt.

Lukas Zeidler ist Chefredakteur der „Ente“ und sitzt an einem der vielen Computer, an denen die Schüler wöchentlich zusammen recherchieren, schreiben und layouten. Vor dem 18-Jährigen auf dem Tisch die jüngsten Ausgaben, daneben alte Exemplare von Schülerzeitungen aus dem vergangenen Jahrtausend, ein Zufallsfund, der beim Aufräumen im Geschichtsfachraum zutage gekommen ist. „Schülerzeitungen hat es an dieser Schule schon immer gegeben“, sagt Lukas, der die alten Ausgaben gesichtet hat.

Er glaubt an die Zukunft der Schülerzeitung. „Man hört ja immer wieder, dass sie aussterben, dass die Leute sich immer weniger engagieren. Das ist allerdings auch schon in den alten Ausgaben aus den 70er- und 80er-Jahren ein Thema. Die ,Ente‘ betrifft das definitiv nicht“, sagt der Chefredakteur, „die Redaktion ist sehr motiviert und schaut schon auf die nächste Ausgabe.“ Dominik Mai von der Jugendpresse Deutschland, dem Dachverband der regionalen Verbände, tut sich dagegen schwer mit einer Einschätzung der Zukunft von Schülerzeitungen. „Konkrete Zahlen über den Bestand sind nirgends erfasst.“ Er stelle jedoch fest, dass die Redaktionen immer kleiner werden: „Der Druck an den Schulen steigt, die Zeit wird immer knapper.“

Politische Schülerzeitungen griffen einander einst an

An der Theodor-Mommsen-Schule beispielsweise hat es in den 80er-Jahren gleich mehrere konkurrierende Blätter gegeben. „Die waren extrem politisch“, sagt Lukas und erzählt von einer Debatte zwischen der eher links ausgerichteten „VUP“ und der konservativen Schülerzeitung „Der Kommentator“. Die „VUP“ hatte der Schülerzeitung Kommentator „rechtslastigen Inhalt“, „schlimmen Bild-Zeitungs-Stil“ und „finanzielle Unterstützung durch die Junge Union Bad Oldesloe“ vorgeworfen. Nach einer Replik im „Kommentator“ folgte ein weiterer Artikel der „VUP“. Letzte Zeile in dem bissigen Text: „Der Vertrieb des Kommentators auf dem Schulgelände ist jetzt offiziell erlaubt! Es geht abwärts.“

Eine klare politische Ausrichtung hat die „Ente“ nicht. Sie versteht sich aber weiter als kritisches Medium. „Im Vergleich zu früher ist das natürlich harmlos“, sagt Lukas. Die Rechte seiner Redaktion jedoch als unabhängiger Schülerzeitung kennt er genau: „Die Schule ist nicht verantwortlich, wir unterstehen dem Presserecht.“ In der prämierten aktuellen Ausgabe wird beispielsweise ein Sponsorenlauf für die Oberstufe hinterfragt: „Wieso wird für Sportmaterial gelaufen, das doch eigentlich von der Stadt als Träger der Schule beschafft werden müsste?“

Wer an dieser Stelle glaubt, in Schülerzeitungen werde nur Schulalltag durchgekaut, mit dem man sich nicht auch noch auf dem Pausenhof beschäftigen will, irrt jedoch. Zwar befasst sich ein Großteil der „Ente“ mit Schulangelegenheiten, „aber auch für Weltweites und Verschiedenes ist Platz“, sagt Lukas. Bisweilen vermischen sich die Themen auch.

Der Druck wird immer hochwertiger

So geschehen im der Sommerausgabe 2014. Chef Lukas hat einen Mitschüler befragt, der aus dem Kamerun geflüchtet und nach zwei Jahren und etlichen Stationen nach Deutschland gekommen ist. Über die neue Umgebung, die Flucht und Gottes Anteil daran haben sie gesprochen. Da Flüchtling Carlos noch nicht sehr gut Deutsch, dafür aber fließend Französisch spricht, hat der selbstbewusste Schüler und Chefredakteur Lukas eine Französischlehrerin gebeten, als Dolmetscherin einzuspringen. „Es war ein bewegendes Interview“, sagt Lukas heute und ist stolz, dass er seine Mitstreiter davon überzeugt hat, die Geschichte auf der Titelseite der Ausgabe zu drucken.

Grundsätzlich hat sich das Gesicht vieler Schülerzeitungen in Deutschland geändert. Getackerte DIN-A4-Seiten sind Hochglanzmagazinen gewichen. „Die lassen sich teilweise mit großen Magazinen wie dem ,Spiegel‘ vergleichen, haben bis zu 100 Seiten und sind vierfarbig gedruckt“, sagt Dominik Mai von der Jugendpresse Deutschland. „Überraschend ist jedoch, dass Schülerzeitungen immer noch als klassische Printausgabe produziert werden, obwohl die Jugendlichen selbst eher mit Handy, Tablet und dem Computer kommunizieren.“

Auch die „Ente“ ist eine dieser klassischen Schülerzeitungen: ein festeres Deckblatt zwar, ansonsten jedoch seinen getackerten Vorfahren ähnlich. Circa 40 Seiten sind die Ausgaben dick. Gedruckt wird bei der Digitaldruckerei „esf-print“ in Berlin, die sich unter anderem auch auf Schülerzeitungen spezialisiert hat. Die Auflage von 150 Stück kostet dort knapp 130 Euro. „Der Druck ist komplett anzeigenfinanziert“, sagt Lukas, „wir schreiben verschiedene Unternehmen an, manchmal kommen auch Eltern auf uns zu, deren Kinder hier zur Schule gehen.“ Was für Unternehmen das sind, die in ihrem Blatt werben, schaue sich die Redaktion allerdings genau an. Die 50 Cent – so viel kostet die „Ente“ auf dem Schulhof –, die darüber hinaus eingenommen werden, kommen der Redaktion zugute. „Das nutzen wir für teambildende Maßnahmen“, sagt Lukas und lächelt, „die kann jedoch auch eine große Pizza sein.“ Aber auch die Reise zur Preisverleihung nach Kiel wurde aus dem Redaktionstopf bezahlt.

Über eine „Ente“ im Internet habe die Redaktion nachgedacht, „eine gedruckte Schülerzeitung gehört jedoch einfach auf den Schulhof, wo man sie sieht und auch bekommen kann“, sagt Lukas. Dort wird dann auch die nächste Ausgabe im Sommer zu bekommen sein. Die Preisverleihung in Berlin wird wahrscheinlich ebenfalls zum Thema : „Wir sind total glücklich und gespannt.“