Angie Schneegaß macht ein Freiwilliges Soziales Jahr in Nütschau – und ist begeistert. Die Bewerbungsfrist für die nächsten Plätze läuft bereits

Nütschau. Umziehen, in eine Großstadt, zum Beispiel nach Berlin. Oder in eine kleine Studentenstadt, mit einer lebendigen Partyszene. Reisen, in ferne Länder, vielleicht auch ein Au-pair-Aufenthalt. Oder doch ein Praktikum, in einer interessanten Branche, irgendwas mit Medien zum Beispiel. Dinge wie diese stehen üblicherweise weit oben auf der Liste mit jenen Plänen, die junge Menschen machen, die gerade ihr Abitur in der Tasche haben.

Ein einjähriger Aufenthalt in einem Kloster, gelegen tief in der heimischen Natur, steht für gewöhnlich nicht auf dieser Liste. Doch genau dafür hat sich Angie Schneegaß entschieden. Sie macht zurzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Kloster Nütschau. Und ist restlos begeistert – von ihrer Arbeit, dem Leben mit den Mönchen, der Ruhe und Abgeschiedenheit.

„Ich hatte positive Erwartungen, aber die sind noch übertroffen worden“, sagt die 20-Jährige aus Hamburg-Bergedorf. Im Sommer 2014 machte sie ihr Abitur an einer Stadtteilschule. Für ein Freiwilliges Soziales Jahr entschied sie sich, um einmal wegzukommen „von dem ganzen Lernen“, das sie aus der Schule kannte und das sie in der Universität wieder erwarten würde. Die Wahl fiel auf das Kloster, das sie schon von katholischen Jugendfreizeiten kannte.

Seit September wohnt sie nun an fünf Tagen in der Woche im Haus St. Franziskus auf dem Klostergelände, gemeinsam mit Theo, dem zweiten FSJler in Nütschau. Die Unterkunft ist einen Steinwurf entfernt vom Jugendhaus St. Benedikt, einer Art Begegnungsstätte, die etwa von Schulklassen genutzt wird. Das Haus ist die Hauptarbeitsstelle der beiden. „Wir kümmern uns um die Gäste und um die Verwaltung des Hauses. Und darum, dass es sauber ist. Eigentlich um alles hier“, sagt Angie Schneegaß. Zurzeit ist sie allein zuständig, weil Theo auf einem Bildungsseminar ist – der Besuch ist Teil des Freiwilligen Sozialen Jahres, vorgesehen sind 25 Bildungstage.

Bruder Johannes Tebbe, einer der 20 Benediktiner-Mönche des Klosters, betreut die beiden FSJler. Er wurde kürzlich zum Prior gewählt, aber die Arbeit in dem Jugendhaus möchte er fortführen, wie er sagt. Dazu gehört, dass er zusammen mit einer Bildungsreferentin und den beiden FSJlern Seminare für Jugendliche anbietet. Angie Schneegaß: „Wir haben zum Beispiel im Dezember einen Kursus angeboten zum Thema „Glaube, Liebe, Hoffnung“. Und dann haben wir alle zusammen Silvester gefeiert.“ Die Jugendlichen, die an solchen Kursen teilnehmen, kämen aus allen Teilen Deutschlands.

Im Sommer stehen viele weitere Veranstaltungen an, zum Beispiel „Jugendhaus unterwegs“. Angie Schneegaß: „Da gehen wir eine Woche lang pilgern, von Harsefeld nach Bremen.“ Ist sie nicht gerade mit der Organisation solcher Angebote beschäftigt, pflegt Angie Schneegaß die Internet-Angebote des Klosters – es gibt zum Beispiel eine Facebook-Seite. Und gelegentlich komme es auch vor, dass „die Küche anruft und fragt, ob wir Gemüse schnippeln können“, wie sie sagt.

Ein Teil des Klostergeländes, nämlich der sogenannte „Klausurbereich“, in dem die Mönche leben, ist für Angie eine Art Tabuzone. „Ich darf da nicht ohne Weiteres rein, weil ich eine Frau bin“, sagt sie. Dennoch nehme sie am Klosterleben teil, besucht etwa täglich zwei der vier Andachten in der Kapelle. Kontakt zu den Mönchen hat sie auch: „Die sind supercool, ganz anders, als manche denken. Mit denen kann man wirklich über alles reden.“

Gespräche mit Bruder Johannes hätten ihr auch geholfen, eine Zukunftsentscheidung zu treffen. „Als ich herkam, war ich noch fest davon überzeugt, auf Lehramt zu studieren. Aber hier habe ich gemerkt, dass mir ganz andere Dinge liegen.“ Angie Schneegaß’ Wunschberuf heißt nun „Eventmanagerin“ – darauf habe sie auch die Arbeit im Jugendhaus gebracht. „Ich habe einfach gemerkt, dass es mir viel Spaß macht, Dinge zu organisieren.“

Im Kloster ist erstmals auch ein Freiwiliges Ökologisches Jahr möglich

Von September an werden wieder zwei FSJler gesucht, zusätzlich ist es in diesem Jahr erstmals möglich, ein Freiwilliges Ökologisches Jahr in dem Kloster zu machen. Interessenten, so Johannes Tebbe, könnten sich ab sofort bewerben – beim Erzbistum Hamburg für das FSJ und bei der Bildungsstätte Koppelsberg für das FÖJ. Wer ein FSJ oder FÖJ macht, bekommt Kost und Logis gestellt, zudem gibt etwa 150 Euro Taschengeld pro Monat.

Der künftige FÖJler, so Johannes Tebbe, soll sich unter anderem um die Apfelwiese auf dem Klostergelände kümmern, sowie um die Bienenstöcke und die Schafsherde. Gewiss ist dem Neuling also ein deutlicher Kontrast zum Leben eines Schülers oder Studenten. Angie Schneegaß fasst ihren Eindruck so zusammen: „Man bekommt im Kloster einen völlig anderen Blick auf die Dinge.“