Nikolaj Dušek ist neu in Bad Oldesloe – und schreibt Doktorarbeit über Körpermodifikation

Bad Oldesloe. Die Oldesloer haben einen neuen Freund. „Ich mag die Stadt. Die Oldesloer sind sehr offen und haben mich herzlich aufgenommen“, sagt Nikolaj Dušek. Er ist der neue Pastor in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde. Und wie sich das gehört, muss ein neuer Freund sich vorstellen. Bei den Eltern – oder in diesem Fall eben bei der Gemeinde.

„Anfangs war ich sehr nervös. Ich kannte die Stadt nicht und auch nicht die neuen Kollegen. Aber ich habe beim ersten Treffen schon gemerkt, wie freundlich alle sind.“ Am Sonntag, 22. Februar, ist es so weit, dann gibt es einen offiziellen Vorstellungsgottesdienst in der Peter-Paul-Kirche. Zeit, sich ein wenig an Bad Oldesloe zu gewöhnen, hatte Nikolaj Dušek bereits: Anfang Februar hat er seine Stelle angetreten. Diese war seit Ende 2013 vakant, ein Vertretungspastor kümmerte sich um die Aufgaben.

Nun ist Dušek dran. „Ich bin ja noch neu, vieles ist noch nicht Routine geworden“, sagt er. Bislang war er Vikar in Hamburg-Dulsberg. In Oldesloe tritt er nun seine erste Stelle an, als Pastor zur Anstellung. Er habe schnell zu tun gehabt. „Die Gemeinde gehört zu den größten Deutschlands“, sagt er. „Es gibt genau durchdachte Strukturen, da muss man erst mal reinfinden.“

Und sich um ganz profane Dinge kümmern. „Ich will erst mal ankommen und die Wohnung so herrichten, dass ich mich nicht mehr schämen muss, jemanden einzuladen“, sagt er und lacht. Noch stehen Umzugskartons unausgepackt herum. „Dann will ich Routine bekommen in meinen Aufgaben. Aber dann würde ich gern gucken, ob es Menschen gibt, die Interesse an einem Kursus für christliche Meditation haben.“ Er habe dieses Angebot auch bei der Stelle in Hamburg-Dulsberg gemacht, es sei gut angenommen worden. „Es ist eine Form des Arbeitens an sich selbst. Und es geht darum zu lernen, mit Stress umzugehen oder auch mit Gefühlen wie Angst.“ Ein solches Angebot richte sich nicht nur an Menschen, die Probleme haben. „Sondern an alle.“ Jeder leide mal unter Stress. Und es gehe darum, Techniken zu erlernen, sich selbst zu helfen.

Neben der Arbeit wird Nikolaj Dušek sich auch um seine Doktorarbeit kümmern. Sie beschäftigt sich mit Körpermodifikation, also Veränderungen am menschlichen Körper. Darunter fallen auch Tätowierungen. „Ich habe den Eindruck, dass es eine Pendelbewegung gibt“, sagt Dušek. Auf der einen Seite stehe die Zeit, in der es verpönt war, den von Gott gegebenen Körper zu verändern – und nun sei es fast Pflicht, sich zu verändern und zu optimieren. Das fasziniere ihn sehr.

„Ich selbst könnte etwas Sport machen“, sagt er und lächelt. Die Stadt, seine neue Freundin, sorgt bereits dafür: In Bad Oldesloe gehe ich sehr viel zu Fuß. „In Hamburg habe ich viel mehr mit Bus und Bahn gemacht“, sagt er. „Ein bisschen habe ich vielleicht sogar schon abgenommen.“ Er lächelt wieder. Er lächelt viel. Humor ist ihm wichtig. Das scheint zu passen: „Die Menschen in Bad Oldesloe haben einen schönen Sinn für Humor.“

Er kann vergleichen. Er ist in drei Ländern aufgewachsen, Tschechien, Ungarn, der Sowjetunion. Seine Familie lebt in Prag. „Ich komme aus einer traditionell atheistischen Familie und bin das schwarze Schaf“, sagt Dušek. Als es hieß, er wolle Pastor werden, sei die Reaktion ambivalent gewesen. „Meine Eltern schätzen Bildung sehr, deswegen haben sie sich gefreut, dass ich studiere.“ Die Uni ist auch der Grund, weshalb er nach Deutschland kam: Er studierte in Prag und Frankfurt. „Meinem Vater fiel es schwer, zu verstehen, weshalb ich Pastor werden wollte. Es gab zwar keinen Streit, aber Diskussionen. Er hatte nicht die Illusion, dass ich wie er Techniker werde, dafür kannte er mich zu gut. Aber Jurist oder Politiker hätte er sich gewünscht.“ Das liege ihm nun aber gar nicht.

Was dann? „Das kann man ja so schwer über sich selbst sagen“, sagt er. Aber nach dem schönsten Kompliment gefragt, fällt ihm doch etwas ein. „Jemand hat gesagt, ich habe die Fähigkeit, unterschiedliche Parteien zu verstehen und mich in Menschen einzufühlen – auch in die, die es sonst schwer haben, von anderen verstanden zu werden.“ Und er könne gut zuhören. „Was ich nicht kann ist singen. Aber in Oldesloe gibt es sehr gute Kirchenmusiker. Mit denen bin ich nun verabredet, um zu gucken, ob es eine Qual ist, wenn ich singe“, sagt er und lacht wieder. „Man kann nicht in allen Bereichen begabt sein.“

Drei Jahre will er nun mindestens in Bad Oldesloe bleiben. Zeit genug, sich kennenzulernen. Vom ersten Eindruck her könnte es etwas Festes werden.