Verkehrsminister kommt zu Geheimtreffen. Geplante Süd-Variante wird aus ökologischen Gründen nicht gebaut. Verfahren muss von vorn beginnen

Hammoor. Es ist ein schwerer Rückschlag für die Gemeinde, eine immense Enttäuschung für viele Bürger von Hammoor: Die seit Jahrzehnten erwartete Ortsumgehung wird nicht wie geplant gebaut. Lastwagen, die im Minutentakt durch den Ortskern fahren – mit dieser Situation müssen die Hammoorer jetzt noch jahrelang leben. Eine alternative Variante der Straße muss völlig neu geplant werden. Unklar ist, ob überhaupt noch eine Umgehung kommt.

Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) kam am Donnerstagabend in die Verwaltung des Amtes Bargteheide-Land, um Hammoors Bürgermeister Helmut Drenkhahn (AWH) und Vertreter der Fraktionen zu informieren. Das Treffen war nicht öffentlich, mit dabei waren unter anderem der Bargteheider Bürgermeister Henning Görtz, Stormarns Landrat Klaus Plöger und der Landtagsabgeordnete Rainer Wiegard (CDU).

„Die geplante Variante der Ortsumgehung wird nicht realisiert werden“, sagte Meyer nach dem Treffen dem Abendblatt. Er sprach von einer „schwierigen Sitzung“, aber man müsse jetzt über „ehrliche Lösungen“ reden. Hammoors stellvertretender Bürgermeister Horst Lassen, der auch Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes ist, wurde deutlicher: „Diese Sitzung war ein Schlag ins Gesicht.“

Bisher war geplant, die Straße südlich um den Ort herumzuführen. Die Trasse sollte an der Straße Langenhorst (L 89) auf der Höhe des Aldi-Zentrallagers beginnen und auf die Ahrensburger Straße (K 106) führen. Das Planfeststellungsverfahren war Ende 2013 eingeleitet worden, 30 Jahre nach dem ersten Antrag auf eine Umgehungsstraße. Zu den Gründen für das Aus sagt Reinhard Meyer: „Unsere Fachleute sagen, dass die Trasse nicht gerichtsfest wäre. Klagen, die von Anwohnern oder Umweltverbänden kommen könnten, hätten große Aussicht auf Erfolg.“

Grund für die Einschätzung sei eine Neubewertung der ökologischen Faktoren. Meyer: „Wir sind 2012 mit Umweltverträglichkeits-Studien in das Verfahren gegangen, die bereits veraltet waren.“ 2008 sei man noch davon ausgegangen, dass eine anstehende weitere Überprüfung der Umweltfaktoren keine neuen Ergebnisse bringen werde. Aber es sei anders gekommen: „Insbesondere im westlichen Bereich der Trasse hat sich die Natur erheblich verändert.“ Es gebe dort schützenswerte Brutvögel. Sein Ministerium werde keine Planung machen, die vor Gericht keinen Bestand hätte, so Reinhard Meyer.

Zwei andere Varianten, die schon in den vergangenen Jahren diskutiert wurden, sind nach Ansicht des Ministers noch realisierbar. Die erste verläuft im Norden von Hammoor, intern trägt sie die Bezeichnung 2.1. Die zweite Variante verläuft – wie die jetzt gescheiterte Variante 1.4a – im Süden, aber deutlich näher an der Wohnbebauung. Sie trägt die Bezeichnung 1.2. Sollte sie realisiert werden, müsse mit „aktivem oder passivem Lärmschutz“ gearbeitet werden. Es müssten also Schallschutzwände gebaut werden, oder die betroffenen Häuser müssten neue Fenster bekommen.

Wie auch immer Hammoor sich entscheidet – sicher ist, dass sich die Wartezeit um Jahre verlängert. Meyer: „Das laufende Planfeststellungsverfahren brechen wir ab. Für eine neue Trassenführung brauchen wir auch ein neues Verfahren, mit allen Voruntersuchungen“. Der Minister räumte ein, dass ein neues Verfahren sich „bis zu zehn Jahre hinziehen“ könne. Zumindest will er die Ortsumgehung aber privilegiert behandeln und für sie eine Ausnahme machen von dem Grundsatz „Straßenerhalt vor Neubau“, mit dem die Landesregierung aus SPD, Grünen und SSW 2012 angetreten ist. Immerhin, so Meyer, sei die Hauptstraße in Hammoor „eine der am stärksten frequentierten Straßen des Landes“.

In Hammoor herrschten am Freitag Entsetzen und Sprachlosigkeit. „Das ist ein Hammer. Ich bin sehr enttäuscht“, sagte Björn Thiel von der Bürgerinitiative „Umgehung jetzt“. Er und seine Mitstreiter müssten die Nachricht „erst mal sacken lassen“, dann würden sie nächste Schritte überlegen.

Bürgermeister Helmut Drenkhahn war am Freitag telefonisch nicht erreichbar. Sein Stellvertreter Horst Lassen will erst einmal abwarten. Er wartet jetzt auf Post aus Kiel: „Ich habe dem Minister gesagt, dass die uns erst einmal haargenau schriftlich mitteilen sollen, woran die Umgehung gescheitert ist. So kann man das nicht hinnehmen.“

Lassen hält die ökologischen Gründe nicht für stichhaltig. Er sagt: „Wir haben den Eindruck, dass da einige wenige in Hammoor ganz gehörig aktiv gewesen sind und mit Anwälten gedroht haben. Und dann hat die Landesregierung kalte Füße bekommen.“ Eine Chance wie diese bekomme Hammoor nun so schnell nicht wieder.

Dennoch betont Lassen, dass er weiterhin auf die Umgehung hofft. Welche Variante es werden soll, ist für ihn auch klar: „Wir als CDU waren immer für die Südumgehung.“ Deshalb solle es nun die Variante 1.2 werden. Die Nordvariante hält Lassen für völlig untragbar, unter anderem, weil sie „die Hauskoppeln mehrerer Landwirte zerschneiden würde“. Wie die CDU, stimmte 2007 auch die Allgemeine Wählergemeinschaft Hammoor (AWH) für eine Südumgehung. Deren Fraktionsvorsitzender Horst Stapelfeld wollte sich am Freitag nicht äußern. Björn Thiel sieht die Frage der Trassenführung wie Horst Lassen: „Die Nordumgehung würde kaum jemand nutzen. Wer nach Ahrensburg will, müsste dann einen Umweg fahren.“