2. Februar: „FDP startet Schulnoten-Initiative. Landesweiter Auftakt in Großhansdorf: Liberale fordern verbindliche Zahlen-Zeugnisse in dritter und vierter Klasse“

Erstaunt habe ich den Artikel über die Schulnoten-Initiative der FDP gelesen. Es werden wieder ausschließlich Noten für Dritt- und Viertklässler gefordert, da Beurteilungen immer etwas sehr Subjektives haben sollen, und den Schwächeren nehme man das Erlebnis eines Misserfolgs. Die Krönung ist ein kleines Mädchen, das auf einem Plakat einen Boxhandschuh anhat.

Die Frage ist doch: Möchte ich, dass jedes Kind seine individuelle Persönlichkeit entwickeln darf oder wollen wir die Schwächeren abhängen? Viele Untersuchungen zeigen, dass Deutschland das Land ist, in dem der Schulabschluss am häufigsten von der Herkunft der Kinder abhängt. Meine Kinder haben eine Waldorfschule besucht; dort gibt bis in die Oberstufe hinein Berichtszeugnisse. Ich war immer sehr berührt davon, wie sehr die Lehrer die Individualität der Kinder mit allen Stärken und Schwächen wahrgenommen und liebevoll beschrieben haben. Das ist sehr aussagekräftig, viel mehr als eine simple Note. Hier kann niemals der Fortschritt der Kinder gewürdigt werden; Lob und Aufmunterung motiviert immer mehr als ständige Misserfolge. Das ist nicht nur bei Kindern so. Fragen wurden direkt mit den Lehrern geklärt, sodass man immer wusste, wo das Kind steht. Im Übrigen machen auf den Waldorfschulen, die ja Gesamtschulen sind, überproportional viele Schüler Abitur mit sehr guten Ergebnissen.

Das Bildungsministerium überlässt es den Schulen, ob sie Berichtszeugnisse schreiben oder Noten geben wollen. Sogar eine Kombination ist möglich. Wozu dann diese Initiative? Gerade die FDP hat sich doch die Freiheit auf die Fahne geschrieben. Sollen hier ehrgeizige Eltern angesprochen werden? In dem Fall empfiehlt sich der Film „Frau Müller muss weg“. Geht es wirklich um das Wohl der Kinder? Da würden mir ganz andere Dinge einfallen, um unsere Kinder zu selbstbewussten und kreativen Menschen zu erziehen – die braucht unser Land nämlich dringend.

Reinhild Dirks

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