Ortsdurchfahrt von Delingsdorf blieb sogar 19 Stunden gesperrt. Anwohner sind erleichtert, dass nichts Schlimmeres passiert ist

Delingsdorf. Die Polizei hat nach dem Gasalarm in Delingsdorf die Ortsdurchfahrt am Donnerstag um 8.50Uhr wieder freigegeben. Gut 19Stunden lang war die Lübecker Straße voll gesperrt, nachdem ein Baggerfahrer am Mittwoch um 13.25 Uhr eine Hochdruckleitung zerstört hatte. Rund 100 Anwohner mussten ihre Häuser verlassen und konnten am Mittwochabend erst nach acht Stunden wieder zurückkehren.

„Ich bin natürlich sehr erleichtert, dass nichts Schlimmes passiert ist“, sagt die Bäckereifachverkäuferin Diana Ruckick, die direkt neben der Unglücksstelle wohnt und arbeitet. Auch sie durfte erst um 21.30 Uhr wieder in ihr Haus, verbrachte den Großteil der Wartezeit in einem der Zelte, die die Helfer vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) aufgestellt hatten. „Es war ein ungutes Gefühl, mit dieser Ungewissheit zu warten“, sagt Ruckick. „Erst im Nachhinein wird einem das Ganze bewusst.“ Bei diesem Satz kullern Tränen.

Feuerwehrleute holten die Menschen an der Unglücksstelle sofort ins Freie

„Gegen 22 Uhr konnten wir die Kasse aus dem Friseurladen holen, aber nur in Begleitung von zwei Feuerwehrleuten. Es war schon ein merkwürdiges Gefühl, und ich hatte auch etwas Angst“, sagt Diana Stein, 17 Jahre alt und Praktikantin im Friseursalon von Stephanie Schwisow. Auch der Friseurladen liegt unmittelbar neben der zerstörten Gasleitung.

„Ich dachte zunächst an einen Verkehrsunfall, weil die ganzen Kinder und Betreuer vom Kindergarten draußen standen“, sagt Stephanie Schwisow. Doch plötzlich sei ein Feuerwehrmann vorbeibekommen und habe alle aufgefordert, das Geschäft sofort zu verlassen. „Ich war total geschockt und habe nur meine Jacke übergezogen“, sagt die Friseurin, „nicht mal die Kasse konnte ich mitnehmen – es musste alles ganz schnell gehen.“

Während der 19-stündigen Vollsperrung mussten die Autofahrer Umleitungen über Hammoor und Ammersbek in Kauf nehmen. Mareno Hagedorn, 27, war einer der Letzten, die noch in Delingsdorf an der Unglücksstelle vorbeikamen. Er war gerade auf dem Weg nach Ahrensburg, als er in Höhe des griechischen Restaurants nicht weiterkam. „Dort war überall Blaulicht. Ich bin dann über die Schulstraße gefahren – direkt am Leck vorbei“, so der 27-Jährige. Als er vorbeikam, habe er ein lautes Zischen gehört. Da habe sich seine Vermutung bestätigt, dass bei den Bauarbeiten etwas schiefgegangen sein musste. „Auf diesen Schock musste ich erst mal einen Kaffee trinken gehen.“

Nicht alle Anwohner erkannten den den Ernst der Lage sofort. Joachim Hollweg von der Feuerwehr Bargteheide musste einige Betroffene sogar davon überzeugen, ihre Häuser zu verlassen. „Nicht alle verstanden, warum wir die Häuser evakuieren mussten“, so Hollweg.

SH Netz AG überbrückt das Leck und stellt Gasversorgung im Dorf sicher

Doch in den Zelten, die als Notunterkünfte dienten, sei die Lage entspannt gewesen. Es gab heiße Getränke, warme Suppen und Wolldecken. „Wir saßen dort und warteten. Die Stimmung war jedoch nicht getrübt. Wir lachten, machten Witze und realisierten die aktuelle Lage zunächst gar nicht“, sagt Diana Ruckick. Auch Stephanie Schwisow berichtet von einer reibungslos funktionierenden Organisation: „Die Kinder kamen am Donnerstagmorgen sogar alle pünktlich zur Schule, da die Busse von einer anderen Haltestelle fuhren.“

Mitarbeiter des Gasnetzbetreibers und Feuerwehrleute gingen am Abend mit den Bewohnern in deren Häuser. Mit Messgeräten wurde der Gasgehalt in der Luft überprüft. „Nachdem alle Werte für gut befunden wurden, konnte der Strom wieder eingeschaltet und der Sperrbereich aufgehoben werden“, sagt Kreiswehrführer Gerd Riemann. „In keinem Haus wurde ein gefährlicher Gasgehalt festgestellt“, so sein Kollege und Einsatzleiter Holger Neller.

Anwohnerin Diana Ruckick hatte trotz der Entwarnung zunächst noch ein mulmiges Gefühl. Nachdem sie Feuerwehrleute in ihr Haus begleitet hatten, verbrachte sie die erste Stunde im Dunkeln. „Den Strom hab’ ich erst gegen halb elf wieder angeschaltet“, sagt sie.

Laut Schleswig-Holstein Netz AG (SH Netz) trat ab 21 Uhr kein Gas mehr aus. Während der Reparaturarbeiten an der defekten Leitung gab es in Delingsdorf keine Unterbrechung der Gasversorgung. Die SH Netz setzte eine mobile Hochdruck-Gasregelanlage ein, die über einen Panzerschlauch die zerstörte Stelle überbrückte.