Gut fünf Wochen nach der Rauchbombenattacke auf das Asylbewerberheim ist im Dorf wieder Normalität eingekehrt

Grabau. Gut vier Wochen nach dem Anschlag auf das Asylbewerberheim in Grabau ist wieder Ruhe eingekehrt in dem kleinen Ort. Geblieben ist allerdings ein fader Nachgeschmack. Denn wer die Rauchbombe am 2.Januar ins Treppenhaus der alten Mühle geworfen hat, ist weiterhin unklar.

Unterdessen sind die sieben Bewohner des Asylbewerberheims aufgeblüht: Wenn das Wetter gut ist, spielen sie draußen vor dem Haus Fußball. Mit dem Rad fahren sie regelmäßig nach Bad Oldesloe zum Einkaufen und in die Moschee. Sie gehen ins Schwimmbad und treffen Freunde, die ebenfalls aus der Heimat geflohen sind. „Sie sind viel unterwegs, weil sie hier nicht arbeiten dürfen“, sagt Werner Schröder. „Das fehlt ihnen. Jeder Mensch braucht eine Aufgabe.“

Ehemaliger Bürgermeister und seine Frau geben Deutschunterricht

Schröder ist der frühere Bürgermeister der Gemeinde Grabau. Gemeinsam mit seiner Frau Karin engagiert er sich für die Bewohner der alten Mühle. Dreien von ihnen, sie stammen aus Syrien, geben die Schröders zweimal die Woche Deutschunterricht: „Der Funke ist sofort übergesprungen“, sagt Karin Schröder. „Die Idee war aufgekommen, nachdem die Flüchtlinge im vergangenen Herbst nach Grabau gezogen waren.“ Lehrer und Schüler haben dabei offenbar viel zu lachen, insbesondere dann, wenn es zu Missverständnissen kommt: Als zum Beispiel das Wort „sterben“ im Unterricht thematisiert wurde, habe einer der Schüler stolz verkündet: „Ich gehe in die Küche und sterbe ein Huhn“, berichtet Werner Schröder. Ehefrau Karin ergänzt: „Das war wirklich sehr lustig! Der Kontakt zu den Asylbewerbern gibt uns unendlich viel. Das ist sehr bereichernd.“ Und doch ist ihnen auch das Fremde, das Trennende bewusst: „Man merkt natürlich schon, dass sie ganz andere Sitten und Gebräuche haben. Wir versuchen, ihnen ein wenig beizubringen, wie unsere Welt hier funktioniert“, sagt Karin Schröder. Als ersten Testlauf gab es gleich mal gegenseitige Essenseinladungen. Natürlich mit jeweiliger Landeskost.

Sieben Flüchtlinge leben derzeit in der Notunterkunft in Grabau. Drei von ihnen stammen aus Afghanistan, drei aus Syrien und einer aus dem Jemen. In dieser Woche sollen drei weitere Asylsuchende dazukommen. „Wir fühlen uns in Grabau sehr wohl“, sagt der Syrer Mohanad, und sein Landsmann Firas nickt zustimmend. „Wir haben keine Angst hier, trotz der Rauchpatronen-Attacke.“ Die Syrer beherrschen bisher nur wenige Worte Deutsch. Mohanad spricht Englisch und übersetzt. „Grabau ist nicht fremdenfeindlich“, betont er mehrfach, und Firas nickt.

Genau der Verdacht aber war aufgekeimt, nachdem die Staatsanwaltschaft Lübeck 5000 Euro Belohnung für Hinweise auf die Täter ausgesetzt hatte. Oberstaatsanwalt Günter Möller sagte kurz nach der Tat, er gehe von einem fremdenfeindlichen Hintergrund aus. Zwar gebe es keine konkreten Hinweise, aber der Verdacht liege doch näher als alles andere: „Es handelt sich um ein Asylbewerberheim, in dem sich Flüchtlinge befinden und denen eine Rauchbombe ins Haus gelegt worden ist. So, dass man sie letztlich ausräuchern wollte“, sagte Möller. Das sehe nicht gerade wie ein Willkommensgruß aus.

Grabaus Bürgermeister sieht den Ort in ein falsches Licht gerückt

Landrat Klaus Plöger hingegen hatte direkt nach dem Anschlag eine anderen Vermutung geäußert. Er hoffte, der Anschlag würde sich als „Dummejungenstreich“ entpuppen. „Wir müssen jetzt erst einmal abwarten“, so der Landrat damals, Spekulationen brächten gar nichts. Die Polizei hatte zu dem Zeitpunkt berichtet, es seien keine Anzeichen für einen fremdenfeindlichen Hintergrund zu erkennen: Weder gab es Schmierereien noch ein Bekennerschreiben.

War die Staatsanwaltschaft mit ihrem Verdacht auf Fremdenfeindlichkeit möglicherweise etwas voreilig? „Ich würde mich freuen, wenn sie zu einem Ergebnis kommt. Aber ich will die Arbeit der Staatsanwaltschaft nicht bewerten“, sagt Landrat Klaus Plöger. Grabaus Bürgermeister Hans-Joachim Wendt wird etwas deutlicher. Er sieht seinen Ort in ein falsches Licht gerückt: „Wir wollen nicht in diese fremdenfeindliche Ecke gestellt werden. Wir haben keine Probleme mit irgendeiner rechten Zelle.“

Die Ermittlungen laufen laut Staatsanwaltschaft weiterhin auf Hochtouren. Des Weiteren hoffe man auf Hinweise durch die ausgesetzte Belohnung: „Meistens gärt das in der Szene“, sagt Sprecher Ralf Peter Anders. „Das kann durchaus auch mal zwei Monate dauern, bis sich daraufhin jemand meldet.“ Die Bewohner der alten Grabauer Mühle haben den Anschlag mittlerweile offenbar gut verarbeitet. Sie wirken zuversichtlich: „Wir haben denen, die das gemacht haben, vergeben.“ Die Tat habe auch einen positiven Effekt gehabt: „Sie hat uns gezeigt, wie viele Menschen uns mögen und sich um uns kümmern. Deshalb wollen wir allen Menschen hier sagen: Danke für alles!“