... ist in Elmenhorst die größte Faschingsparty weit und breit in vollem Gange. Das Motto: ganz schön anrüchig. Beobachtungen im Rotlichtmilieu

Elmenhorst. Ganz ungeniert pirscht er sich an die junge Frau heran. Ein schmieriger Zuhälter mit verrutschtem Oberlippenbart und Vokuhila-Frisur – vorn kurz, hinten lang. Der Lude setzt sein schleimigstes Lächeln auf: „Hallo, schöne Frau!“, gurrt er sanft. „Wir suchen noch Damen für unsere Erotikproduktion. Wie wär’s?“ Dem 45-Jährigen schlägt schallendes Gelächter entgegen. Das Zuhälter-Gebaren muss Jörg Röpke, im „Nebenberuf“ Kommunikationselektroniker, wohl noch ein wenig üben.

Auf der Elmenhorster Karneval-Nacht (Elkana) am Sonnabend bieten sich zumindest viele Gelegenheiten. Denn als Motto haben sich die Veranstalter „Hamburg bei Nacht“ ausgedacht – und damit offenbar Hamburgs Reeperbahn in die Elmenhorster Mehrzweckhalle verlegt: Leichte Mädchen, heiße Porno-Sternchen und harte Kerle drängen sich zwischen flirtseligen Polizistinnen, lebendigen Astra-Flaschen und einem Blumenverkäufer, der seine eigene Domina mitgebracht hat. In den Genuss der Peitsche kommt er allerdings nicht: „Die hat mir das Sicherheitspersonal am Eingang abgenommen“, sagt Maike Börner aus Fischbek. Möglicherweise wirkte die 30-Jährige zu überzeugend in ihrer knappen, schwarzen Lederkluft.

Die Elkana ist die Auftaktveranstaltung des Elmenhorster Karnevals – und die Gemeinde Stormarns Jecken-Metropole: „Mit rund 800 Besuchern feiern wir hier die größte Faschingsparty des Nordens“, sagt Christina Appel, Mitglied im Elmenhorster Karnevalsverein. „Hier kommen alle zusammen. Der Ort wäre nichts ohne den Karneval.“ Und so tönt es auch zur 31. Elmenhorster Karneval-Nacht wieder „Fisch Elm, Fisch Elm, Fisch Elm“ aus den Kehlen der Karnevalisten. Neben den Auftritten des Prinzenpaars (Dagmar Rutenbeck und Daniel Dietrich) und des Kinderprinzenpaars (Jette Peth und Moritz Wucherpfennig) zeigen die drei Garden und die Showtanzgruppen ihr Programm.

Eine davon sind die „Alten Schachteln“. Hier ist der Name Programm – denn ihr etwas betagteres Alter wollen die acht Frauen nicht verraten. Dafür haben sie sich eine flotte Choreografie zwischen Märchenwald und Reeperbahn ausgedacht: Sie wechseln zwischen Rotkäppchen- und Puffmutter-Kostümen hin und her, tänzeln in wallenden, bademantelähnlichen Kutten zu Andreas Gabaliers „Ich sing a Liad für di“ über die Tanzfläche und wirbeln in Corsage und Strapsen über den Boden. Das Publikum feuert kräftig an.

„Die sind ganz schön mutig“, meint Malte Sievers aus Bad Oldesloe. „Naja“, ergänzt seine Begleitung Melanie Kahrs skeptisch. „Stell dir mal vor, das wäre deine Mutter, die hier die Hüllen fallen lässt. Da würdest du auch eher denken: Ach nöö...“, sagt die 30-Jährige lachend – während Schneewittchen einen Wagen mit sieben Penissen über die Tanzfläche zieht. Dem Publikums gefällt’s, es gibt großen Applaus. Mittlerweile hat sich auch die Halle gut gefüllt.

Erstaunlich leer ist es am Anfang der Veranstaltung gewesen. Schließlich ist sie restlos ausverkauft. Gegen 22 Uhr trudeln nach und nach viele junge Besucher ein. Wenig später ist es rappelvoll, sehr warm – und der Boden sehr klebrig. Der perfekte Zeitpunkt für den Auftritt der Elephants: Das Männerballett, ein zusammengewürfelter Haufen aus neun bewegungsfreudigen Herren zwischen Mitte 20 und Ende 40, könnte mit diesem Aufzug genauso gut im Pulverfass auf der Hamburger Reeperbahn auftreten. Sie kommen als „Trümmertransen“ auf die Bühne, mit wasserstoffblonder Hochsteckfrisur, Blumen im Haar, in pinken und blauen Miedern und Netzstrumpfhosen.

Beeindruckend hoch recken sie beim Cancan die Beine in die Luft, überraschen mit einer grandiosen Hebefigur wie im Film „Dirty Dancing“ und schaffen es sogar, dabei ihr galantes Grinsen im Gesicht zu behalten. Ohrenbetäubender Jubel. Das Publikum tobt, verlangt nach einer Zugabe. Und die hat es in sich: Die Elephants stehen plötzlich im BH auf der Bühne – und sehen fast ein bisschen aus wie echte Frauen: „Die haben ja alle voll einen Schwabbelbauch“, stellt Maike Laubsch aus Ahrensburg lachend fest.

Die Stimmung ist prächtig, Helene Fischers „Atemlos durch die Nacht“ tönt wohl zum inzwischen 20. Mal aus den Lautsprechern, die Tanzfläche ist proppevoll.

Auch Lude Jörg hat viele Bekanntschaften geknüpft. Er ist schon zum fünften Mal dabei: „Es ist einfach jedes Mal total toll. Ich liebe es, in immer wieder neue Rollen zu schlüpfen.“