Schimmel, Bruch, Dreck: Stadt will Sanierung in Angriff nehmen

Glinde. Böse Zungen behaupten, die beiden Sporthallen im Glinder Schulzentrum am Oher Weg seien die größten Bruchbuden in der Stadt. Und damit liegen sie nicht ganz falsch. Schimmel im Sanitärbereich, Löcher in den Duschtrennwänden, übel riechende Toiletten, zerrissene Brandschutzmatten auf dem Dach und eine Außenfassade, die nach energetischen Gesichtspunkten Steinzeitcharakter hat – das sind nur einige von Dutzenden Mängeln. Die Gebäude sind ein Sanierungsfall. Ein Mediziner, der ihren Zustand mit dem eines schwerkranken Patienten vergliche, würde sagen: Sie liegen auf der Intensivstation, ihr Herz steht kurz vor dem Stillstand.

Ein Geheimnis ist das nicht. Seit 2002 gibt es ein Konzept, um die 1973 erbauten Sportstätten auf Vordermann zu bringen. Bisher hielt man sich jedoch mit Flickschusterei über Wasser. Das ist nun nicht mehr möglich. Deshalb forciert die Verwaltung das Thema. Die Komplettsanierung gehört zum Investitionsprogramm für die Jahre 2015 bis 2018, das Bestandteil des aktuellen Haushalts ist. Er soll von den Stadtvertretern am 12. Februar abgesegnet werden. Die zwischen den Hallen liegende ehemalige Gaststätte Jever Deel, die zu einem Jugendzentrum umgebaut wird, und die Modernisierung der Hausmeisterwohnung komplettieren das Sechs-Millionen-Euro-Projekt.

„Wenn wir jetzt nicht tätig werden, haben wir bald ein großes Problem“, sagt Bauamtsleiter Frank Thiemann. Kleinere Probleme hatte er bereits zu bewältigen. Nach einem Wasserschaden wurde vor zwei Jahren das undichte Dach der Halle 1 für 550.000 Euro saniert, die Halle 2 erhielt für 150.000 Euro einen neuen Schwingboden. Die Unterkonstruktion war so marode, dass überhaupt keine Federung mehr vorhanden war. Das störte vor allem die Ballsportler. In der Halle 1 ist das immer noch der Fall. Vor einigen Monaten fielen auch noch vier Quadratmeter Fliesen von den Wänden. Sie wurden notdürftig wieder angebracht.

Schlecht ist es auch um das Heizen bestellt. Die Hallen werden über die Lüftungsanlage gewärmt. Durch die Verwirbelung gelangt die warme Luft nach unten. Im Gebäude 1 ist ein Lüftungsrad defekt, Ersatz nicht mehr zu bekommen. Das Utensil ist über 40 Jahre alt. „Fällt ein weiteres Rad aus, kann die Halle nicht mehr beheizt werden“, sagt Thiemann.

Betroffen von den unhaltbaren Zustanden sind 1800 Sporttreibende: 1300 Schüler des Gymnasiums und der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule sowie 500 Mitglieder des TSV Glinde aus diversen Sparten. Joachim Lehmann, Vorsitzender des Vereins, hatte im vergangenen Jahr die Mängel aufgelistet und das Rathaus darüber informiert. Er sagt: „Glinde gibt als Gastgeber ein schlechtes Bild ab.“ Zwei Dreifeldhallen so dicht beieinander seien zwar optimal und prädestiniert für die Ausrichtung von Großveranstaltungen, aber schon allein die sanitären Anlagen seien ein Hindernis, sich für die Austragung von Turnieren zu bewerben. „So können wir keine Gäste empfangen, das ist einfach beschämend. Bevor ich Besuch bekomme, räume ich auch zu Hause auf.“

Viele TSV-Mitglieder beschränken sich auf das Nötigste in den beiden Hallen: das Sporttreiben. Die Duschen nutzen sie schon lange nicht mehr. Und das stinkt ihnen gewaltig. „Ich finde es schade, dass zwei eigentlich tolle Sportstätten in einem so bedauerlichen Zustand sind“, sagt Lehmann.

Doch damit wird bald Schluss sein. Die Politik ist zum Handeln entschlossen. „Es war ja mal angedacht, das Projekt weiter nach hinten zu schieben. Das macht jetzt keinen Sinn mehr. Wir ziehen das durch“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Neumann. Glindes Entscheidungsträger hatten in den vergangenen Jahren beim Thema Investitionen andere Prioritäten gesetzt. So wurden rund 30 Millionen Euro für Sanierung, Um- und Ausbauten der Schulgebäude und den Neubau der Feuerwehrwache ausgegeben. Dazu kommen laut Bürgermeister Rainhard Zug 2,5 Millionen Euro für die Kindertagesstätte Zwergenwache und vier Millionen Euro für die Einrichtung am Oher Weg. Der Verwaltungschef: „Wir sind eine kleine Stadt, dafür stemmen wir gewaltige Projekte.“

Das findet auch Jan Schwartz, Stadtvertreter der Grünen. Er sagt: „Wir haben die Hände ja nicht in den Schoß gelegt, für die Hallensanierungen hat aber das Geld gefehlt. Auch wenn wir deswegen neue Schulden machen und die finanzielle Belastung sehr hoch ist, müssen wir da jetzt ran.“ Zumindest seien die Zinsen niedrig. Schwartz hat mit den Gegebenheiten am Oher Weg selbst ausreichend Erfahrungen gemacht, spielte dort Fußball. Inzwischen kickt er in Barsbüttel – „weil die Hallen im Schulzentrum in Glinde unattraktiv sind.“

Sanierung bringt Einsparungen bei laufenden Kosten mit sich

Der SPD-Stadtvertreter Wolfgang Pohlmann bemängelt fehlende Instandhaltungsmaßnahmen in regelmäßigen Intervallen: „Da hat man sich über Jahrzehnte viel zu wenig gekümmert. Jetzt führt kein Weg mehr an einer zeitnahen Komplettsanierung vorbei, sonst bricht uns die Hütte zusammen.“

Die Sanierung der beiden Hallen – unter anderem soll eine Deckenstrahlheizung eingebaut und die Außenhaut mit einer leichten Vorhangfassade gedämmt werden – spart der Stadt auch Geld: im Vergleich zum derzeitigen Stand rund 73.000 Euro an Energiekosten pro Jahr. Und: „Wenn die Gebäude hergerichtet sind, planen wir mit 15.000 Euro Instandhaltungskosten per anno, 2014 waren es 51.000 Euro“, sagt Erik Wulf, Sachgebietsleiter für Liegenschaften im Rathaus.

Bauamtsleiter Frank Thiemann hat der Politik bereits einen Plan über die einzelnen Bauphasen des Projekts vorgelegt. Die Gaststätte soll von März bis Juli 2016 zum Jugendzentrum umgebaut werden, 2017 folgt die Sporthalle 2, ein Jahr später die Halle 1 samt Hausmeisterwohnung. In knapp vier Jahren soll der Patient Sportzentrum dann wieder genesen sein.