Landesweiter Auftakt in Großhansdorf: Liberale fordern verbindliche Zahlen-Zeugnisse. 20.000 Unterschriften benötigt

Großhansdorf. „Finger weg von meinen Noten!“ Das ist die Botschaft des Mädchens mit den gelben Boxhandschuhen auf dem Plakat. Damit wirbt die FDP für ihre Volksinitiative „Pro Noten in Grundschulen“, die am Sonnabend in Großhansdorf und in Elmshorn (Kreis Pinneberg) landesweit gestartet ist. 120 Unterschriften kamen allein in Großhansdorf zusammen, 200 waren es insgesamt. „Wir haben jetzt ein Jahr lang Zeit, die erforderlichen 20.000 Unterschriften zu sammeln“, sagte am Sonnabend die Landtagsabgeordnete Anita Klahn aus Bad Oldesloe, bildungs- und sozialpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, in Großhansdorf. Die sind erforderlich, damit sich der Landtag mit dem Anliegen befasst.

Hintergrund ist ein Beschluss des schleswig-holsteinischen Bildungsministeriums vom Sommer 2014: Schulen können jetzt wählen, ob sie in den Zeugnissen der Dritt- und Viertklässler Noten in Form von Ziffern vergeben oder einen Bericht schreiben. Auch eine Kombination aus beidem ist möglich (wir berichteten). Die FDP Stormarn fordert jedoch die offizielle Wiedereinführung von Ziffernnoten in Grundschulen. „Wir haben von vielen Seiten Zuspruch erhalten, dass man Noten auch an Grundschulen braucht“, betont Klahn.

Drei Stunden lang stand Klahn bei eisigen Temperaturen gemeinsam mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des FDP-Bezirksverbandes, Carsten Pieck, vor dem Penny-Markt in Schmalenbeck und warb für die Volksinitiative. Auch der stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Bernd Buchholz ließ sich für ein Stündchen blicken. Eigentlich soll sich der 53-Jährige schonen – nach einem Skiunfall Anfang des Jahres in Österreich muss er einen Beinbruch auskurieren. Doch sein Einsatz für die Volksinitiative ist Buchholz offenbar wichtiger: „Mit den Berichtszeugnissen will man den schwächeren Kindern das Erlebnis eines Misserfolgs nehmen. Aber in Wahrheit ist es eine Form von Verschleierung“, so Buchholz.

Dieser Ansicht ist auch Sabine Heinrich. Die 63-Jährige ist pensionierte Lehrerin, unterschrieb als eine der Ersten. Sie sagte: „Das Problem ist, dass Berichtszeugnisse so abgefasst werden müssen, dass sie sich gut anhören.“ Schüler und Eltern müssten herauslesen, wie es um die Leistungen stehe.

Wie schnell man Sätze wie „Im Zahlenraum bis 1000 bewegt sich das Kind gut“ fehlinterpretieren kann, hat auch Anita Klahn schon erfahren müssen: „Ich selbst habe auch schon ein Berichtszeugnis meines Sohnes teilweise falsch verstanden.“ Gemerkt habe sie das erst im Elterngespräch an der Schule. Carsten Pieck vom FDP-Bezirksverband bezeichnet die neue Regelung als „pädagogischen Wohlfühlmantel“. Er befürchtet, dass viele Schüler und Eltern erschrecken, wenn es in der fünften Klasse zum ersten Mal Noten gibt, „die ganz und gar nicht den Berichtszeugnissen entsprechen“.

Auch Robert Ononiwu unterstützt die Volksinitiative. Der Großhansdorfer IT-Manager sagte: „Ich bin ein Freund der Zahlen. Eins plus eins gleich zwei ist eine klare Aussage. Interpretationsfähige Zeilen können doch alles bedeuten.“

FDP-Vize Buchholz betonte, Schüler wollten sich regelmäßig miteinander vergleichen: „Wenn Sie den Schwachen die Misserfolge nehmen, nehmen Sie den Starken gleichzeitig die Wertschätzung und Anerkennung.“ Genau das sei jedoch ein wichtiger Motivationstreiber, so Buchholz. Er finde es richtig und wichtig, Schwächere intensiv zu fördern. Den Vorstoß der Landesregierung, in der dritten und vierten Klasse keine Noten mehr zu vergeben, halte er er jedoch für kontraproduktiv.

Anita Klahn wies zudem darauf hin, dass nicht alle Eltern die deutsche Sprache gut genug beherrschten und die schriftliche Beurteilung verstünden. Marc Vervoorts aus Großhansdorf unterschrieb ebenfalls, er sagte: „Wenn man schlecht in der Schule war, kriegte man eben eine schlechte Note – und nicht eine mittelmäßige Beurteilung.“

Kritische Stimmen gab es am Sonnabend in Großhansdorf nicht. Klahn: „Ich bin optimistisch, dass wir die erforderlichen Unterschriften schnell zusammenbekommen.“ Ein Zwischenstand soll zu den Sommerferien veröffentlicht werden.

Weitere Informationen zur Volksinitiative gibt’s im Internet unter www.pro-noten.de