Pilotprojekt auf drei Kreisstraßen läuft voraussichtlich bis Herbst. Gutachter zieht positives Zwischenfazit. Autofahrer äußern aber auch Kritik

Bad Oldesloe. Die Testphase für die Fahrradschutzstreifen auf drei Kreisstraßen in Stormarn dauert länger als geplant. Das hat die Sitzung des Kreisverkehrsausschusses in Bad Oldesloe ergeben. Als Grund nannte Stefan Luft vom Lübecker Planungsbüro Urbanus, dass die Erhebung und Auswertung der Daten komplexer und zeitaufwändiger waren als gedacht.

Insgesamt sei die Resonanz auf den Modellversuch positiv. „Die Radfahrer fühlen sich durch den Schutzstreifen offenbar sehr viel sicherer“, sagte Luft. Das habe eine Befragung ergeben, die an einem Nachmittag unter der Woche durchgeführt wurde. Allerdings: Weil die für den Modellversuch ausgewählten Kreisstraßen allesamt schwach befahren sind, wurden lediglich 142 Verkehrsteilnehmer befragt, darunter waren 22 Radfahrer.

Auch unter den Autofahrern sei der Tenor generell positiv gewesen, so der Verkehrsplaner. Demnach sei es für zwei Drittel der Befragten durchaus vorstellbar, die weiße Markierung als dauerhafte Lösung beizubehalten. Die meisten Autofahrer waren außerdem der Ansicht, dass sie wegen des Schutzstreifens ihr Fahrverhalten verändert hätten. „Das stimmt so allerdings nicht“, sagte Luft. Die Testergebnisse zeigten, dass die Schutzstreifen größtenteils überfahren werden. Außerdem werde die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 Stundenkilometer häufig ignoriert.

Die sogenannten Fahrradschutzstreifen sind 1,30 bis 1,50 Meter breite Streifen links und rechts auf der Straße, markiert durch eine weiß gestrichelte Linie. Autofahrer dürfen diese Linie nicht überfahren – außer bei Gegenverkehr oder einem Überholvorgang. Weil dadurch der Platz für Autos auf 5,50 bis 6,25 Meter verschmälert wurde, haben die Strecken jetzt Tempolimits.

Das Projekt wird bundesweit an insgesamt 18 Straßen erforscht. Seit Juni 2013 auch an drei Kreisstraßen in Stormarn: an der K 98 zwischen Lütjensee und Oetjendorf, der K 97 von Siek bis Hoisdorf und der K 79 zwischen Eichede und Barkhorst. Um aussagekräftige Messergebnisse zu bekommen, wurden Überwachungskameras an einzelnen Punkten aufgestellt, Verfolgungsfahrten in einem Auto mit Videokamera gemacht und Verkehrsteilnehmer befragt.

Führt der bundesweite Modellversuch zu einer positiven Gesamtbewertung, dann könnten die Fahrradschutzstreifen außerhalb von Orten in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen und dauerhaft eingesetzt werden. Bei Fahrradschutzstreifen innerorts ist dies bereits der Fall. „Der Modellversuch läuft vermutlich noch bis zum Herbst dieses Jahres“, sagte Verkehrsplaner Stefan Luft. Danach könne es dann noch zwei, drei Jahre dauern, bis die Schutzstreifen außerhalb von Orten rechtlich verankert wären.

Was in dieser Zeit mit den Markierungen auf den Teststrecken passiert, ist noch unklar. Ursprünglich war vorgesehen, dass nach dem Ende der Testphase der Ursprungszustand wiederhergestellt wird. Jetzt sieht es so aus, als könnten die Markierungen so lange bleiben, bis der Entschluss zum weiteren Vorgehen feststeht. Die Kosten für die Markierungen hat der Kreis übernommen, sie lagen bei etwa 5000 Euro pro Kilometer.

Die im Verhältnis zu „richtigen“ Fahrradwegen niedrigen Kosten sind auch der Grund für das große Interesse am Schutzstreifen-Modell. Besonders, weil das Land Schleswig-Holstein das kommunale Radnetz nicht mehr so großzügig fördert wie früher. Die Kosten für herkömmliche Fahrradwege liegen bei 100.000 bis 200.000 Euro pro Kilometer.

Doch nicht alle sind begeistert von der Lösung. „Wir hoffen, dass die Markierungen bald wieder entfernt werden“, sagt Steinburgs Bürgermeisterin Heidi Hack (Wählergemeinschaft ABiS). Denn die „normalen Radfahrer“ nutzten den fast parallel zur K 79 verlaufenden Rad-und Wanderweg. Auf der Straße seien vor allem Rennradfahrer unterwegs. „Die fühlten sich jetzt offenbar dazu animiert, im Pulk zu fahren“, sagt Hack. Am Schlimmsten sei aber die Verunsicherung unter den Autofahrern: „Die einen fahren in der Fahrbahnmitte, die anderen auf dem Schutzstreifen. Es wurde nicht vernünftig aufgeklärt.“

An der Kreisstraße 97 sieht die Situation offenbar ähnlich aus. Jessica Richter aus Hoisdorf sagt: „Die meisten Autofahrer befahren die Straße wie jede andere Landstraße auch.“ Das sei aber kein Vorwurf, denn in der Mitte der Straße könnten Autofahrer aufgrund der unübersichtlichen Lage gar nicht fahren, so die Meinung der 33-Jährigen. Lena Kreher, die direkt an der Kreisstraße 98 wohnt, findet die Idee gut. „Aber da sie von den meisten Fahrern nicht umgesetzt wird, bleibt die Straße für Radfahrer trotzdem gefährlich.“