Bürger gründen „Keine Schweinereien in Hoisdorf“, um Stall für 1460 Tiere zu verhindern. Auch Gärtnerei protestiert

Hoisdorf. „Keine Schweinereien in Hoisdorf“ nennt sich eine neu gegründete Bürgerinitiative (BI) in dem 3400-Einwohner-Ort. Die Mitglieder möchte die am Rande der Gemeinde geplante Schweinemastanlage verhindern. Mit selbst gestalteten Flugblättern, auf denen zum Beispiel „Wir fordern Idylle statt Gülle“ steht, wollen sie daran erinnern, dass das Thema noch nicht vom Tisch ist.

Die Landwirtsfamilie Elbers möchte mit ihrem Hof aus der Dorfmitte an den Rand umziehen. Neuer Standort soll der Wastenfelder Redder in der Nähe der Sieker Landgärtnerei Beier sein. Dort sollen ein neues Wohnhaus, eine Maschinenhalle, Futtersilos, Güllebehälter und die Schweinemasthalle mit Platz für 1460 Tiere entstehen. Damit will Jörg Elbers seinem Sohn Lutz ermöglichen, den Hof weiterzuführen.

In Hoisdorf ist die Meinung zu dem Projekt sowohl bei Bürgern als auch in der Gemeindevertretung gespalten. Im September initiierten mehrere Frauen eine Protestaktion. Sie sammelten mehr als 900 Unterschriften und übergaben sie Bürgermeister Dieter Schippmann (Dorf-Gemeinschaft Hoisdorf, DGH). „Wir hatten den Bürgermeister kürzlich angesprochen, um zu erfahren, wer denn Ansprechpartner der Aktion und wie der Stand der Dinge ist. Der antwortete, es gebe keinen“, sagt Jörn Gehrmann von der BI. Mitstreiterin Karin Fitz ergänzt: „Die Sache scheint in Vergessenheit zu geraten. Das wollen wir ändern.“

Dieter Schippmann sagt auf Abendblatt-Anfrage, dass die Gemeinde auf eine Reaktion von Herrn Elbers warte: „Bisher gibt es weder einen Aussiedlungsvertrag zwischen Gemeinde und Landwirt noch wurde ein Bauantrag gestellt.“ Jörg Elbers selbst war für das Abendblatt telefonisch bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme zu den aktuellen Plänen nicht zu erreichen.

Zuletzt hatten die Unterschriftensammler und auch die Hoisdorfer CDU, die sich klar gegen das Vorhaben positioniert, gehofft, die Kosten für den Ausbau vom Wastenfelder Redder würden den Landwirt von seiner Idee abbringen. Rund 100.000 Euro sollen nötig sein, damit auch Lastwagen den Feldweg nutzen können. „Im Dorf wird aber gemunkelt, dass er doch einen Bauantrag gestellt hat“, sagt Angeles Gehrmann, Ehefrau von Jörn Gehrmann. Die Bürgerinitiative wolle nicht den Moment verpassen, in dem sie noch etwas bewirken könne.

Die Mitglieder fürchten unter anderem eine Gefahr durch multiresistente Keime. „In der Massentierhaltung ist der Einsatz von Antibiotika unausweichlich. Die Keime aber werden irgendwann resistent. Werden sie dann auf den Menschen übertragen, wirken Antibiotika bei ihnen nicht mehr“, sagt Karin Fitz. Sie hat noch eine weitere Sorge: „Wer garantiert uns, dass der Hof nicht irgendwann erweitert und die Zahl an Schweinen noch steigen wird?“

Hinzu komme, dass die auf den Feldern zu verteilende Gülle das Grundwasser belaste. „Es gibt Anwohner mit Brunnen in der Nähe. Die werden sie irgendwann nicht mehr nutzen können“, sagt Robert Fitz. Die bisher sechs Mitglieder der BI wollen nun so viele Hoisdorfer wie möglich mobilisieren. Am Montag, 26. Januar, wollen die Protestler bei der Gemeindevertretersitzung (19.30 Uhr, Landhaus Hoisdorf, Dorfstraße 14) ein Zeichen bei den Politikern setzen.

„Wir fühlen uns nicht von allen Gemeindevertretern ernst genommen“, sagt Jörn Gehrmann. „Wir wollen keinen Zwist, sondern in den Dialog mit allen Beteiligten treten“, sagt Karin Fitz. Bürgermeister Schippmann sagt: „Es ist das gute Recht der Bürger, was in der Sache zu unternehmen. Die Gemeinde wird sich auch mit der Bürgerinitiative auseinandersetzen.“ Zur Frage, ob er die Sorgen der Bürger grundsätzlich verstehe, will er keine Einschätzung geben: „Da ist der Umweltminister der richtige Ansprechpartner.“

Chef der Landgärtnerei Beier fürchtet, dass Güllegestank Kunden vertreibt

Die Bürgerinitiative hat noch andere Fragen: „Inwiefern steht die Gemeinde etwa in der Schuld des Landwirts, weil er 5000 Quadratmeter Land günstig an sie abgegeben hat, damit sie dort das neue Feuerwehrgerätehaus bauen kann?“, sagt Robert Fitz. Für ihn sehe das nach einem Deal aus.

Auch mit Jörg Elbers wollten die Schweinemast-Gegner sprechen. „Wir haben ihm angeboten, ihn bei der Suche nach alternativen Investitionsideen zu unterstützen. Er lehnte aber ab“, sagt Karin Fitz. Mit einem Biohof, so Fitz, hätte Elbers die Mehrheit der Bürger auf seiner Seite. „Aber Massentierhaltung lehnen die meisten hier ab.“

Elbers’ Nachbarn haben ebenfalls etwas gegen das Vorhaben. Andreas Lüher etwa wohnt rund 350 Meter von dem Feld entfernt, auf dem die Schweinemasthalle stehen könnte. „Ich habe noch keine konkrete Zahl, aber der Wert unseres Grundstücks würde erheblich gemindert werden.“ Dies solle nun ein Makler für ihn feststellen. Lüher stört sich zudem an der Geruchsbelästigung durch Gülle.

„Der Geruch könnte mich meine Existenz kosten“, sagt Olaf Beier, Inhaber der benachbarten Landgärtnerei in Siek. Güllegestank könnte die Kunden dauerhaft vertreiben. „Außerdem können die schädlichen Gase, sobald sie in den feuchten Gewächshäusern kondensieren, auch die Pflanzen schädigen“, sagt Beier. Er habe Verständnis für Jörg Elbers und im Gespräch andere Lösungen finden wollen. Beier: „Ich schätze ihn als Menschen. Wir könnten hier ein großes modernes landwirtschaftliches Projekt starten.“

Elbers habe aber dichtgemacht. Olaf Beier, der die Gärtnerei in dritter Generation führt, betont, dass er weiter gesprächsbereit sei. „Aber ich werde nicht tatenlos zusehen, wie die Zukunft der Gärtnerei und damit die meiner Familie und Mitarbeiter gefährdet wird.“