Gericht hebt erstes Urteil auf: Kreis Stormarn muss doch für Nahverkehr zahlen. Stadt will zwei Millionen Euro zurück

Bad Oldesloe. Im Streit um die Organisation des Busverkehrs in Bad Oldesloe hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig den Kreis Stormarn dazu verurteilt, die Kosten von der Stadt zu übernehmen. Die Richter hoben ein gegenteiliges Urteil des Verwaltungsgerichts aus dem Juli 2012 auf. Zu Beginn des Verfahrens ging es um rund 150.000 Euro jährlich, für das laufende Jahr sind es bereits 450.000 Euro.

Außerdem will Bad Oldesloe vom Kreis für die Jahre 2008 bis 2014 rund zwei Millionen Euro plus Zinsen erstattet bekommen. Die Stadt hat in diesem Fall am 30.Dezember Klage eingereicht, um ihre Ansprüche anzumelden.

Im Kreisverkehrsausschuss reden die Politiker heute über Konsequenzen

„Uns geht es um die Gleichbehandlung mit allen anderen Kommunen in Stormarn“, sagt Oldesloes Bürgermeister Tassilo von Bary. Seine Stadt hatte geklagt, weil sie der einzige Ort in Stormarn war, in dem der Kreis nicht für die Grundversorgung mit Buslinien zahlte. Das war ein Sonderfall. Die erneute Zwei-Millionen-Klage sei „sicherheitshalber“ eingereicht worden, um einer möglichen Verjährung vorzubeugen.

Schon 1996 waren die Kreise per Landesgesetz verpflichtet worden, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu organisieren. Das geschah auch von Ahrensburg über Bargteheide bis nach Reinbek – nur nicht in Bad Oldesloe. Die Kreisstadt organisierte und zahlte schon vorher und auch weiterhin alles selbst. Offenbar waren sich der damalige Oldesloer Bürgermeister Gerd-Manfred Achterberg und die Kreisverwaltung darin einig.

„Es gibt dazu aus der Zeit aber weder Beschlüsse noch Verträge“, sagt Tassilo von Bary. Als die Stadt die ÖPNV-Trägerschaft vor einigen Jahren abgeben wollte, um wie alle anderen Kommunen auch das Geld zu sparen, beharrte der Kreis auf der bestehenden Regelung. In erster Instanz teilte das Verwaltungsgericht Schleswig diese Ansicht und wies die Oldesloer Klage ab. Jetzt entschied das Oberverwaltungsgericht anders.

Mit dem Urteil beschäftigen sich die Kreistagsabgeordneten am heutigen Mittwoch in der Sitzung des Verkehrsausschusses. Ab 18.30 Uhr sprechen sie im Sitzungsraum D 132 der Kreisverwaltung in Bad Oldesloe (Mommsenstraße 11) über die Konsequenzen. „In der kommunalen Familie ist es sinnvoll, das nicht weiter über die Gerichte auszutragen, sondern aufeinander zuzugehen“, sagt der Ausschussvorsitzende Lukas Kilian (CDU).

Er verweist darauf, dass der Kreis in allen Städten und Gemeinden lediglich das Grundangebot sicherstelle. „Alle Extras müssen die Kommunen selbst zahlen“, sagt Kilian. So lasse sich Ahrensburg seine Buslinien 300.000 Euro jährlich kosten, Barsbüttel beteilige sich mit 22.000 Euro, und Reinfeld gebe 32.000 Euro fürs Anruf-Sammel-Taxi (AST) dazu.

„Nun müssen wir mit Bad Oldesloe darüber reden, welcher Teil der 450.000 Euro für die Grundversorgung nötig ist“, sagt Lukas Kilian. Tatsächlich hat die Kreisstadt ihr Busnetz in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. So kamen vor drei Jahren 19 neue Haltestellen hinzu, außerdem wurden die Betriebszeiten verlängert.

Für die Kunden ändert sich erst etwas, wenn sich beide Seiten nicht einigen

Grundsätzlich hat der Kreis noch die Möglichkeit, das OVG-Urteil nicht zu akzeptieren und vors Bundesverwaltungsgericht zu ziehen. Das scheint aber eher unwahrscheinlich, denn alle Beteiligten wollen sich zunächst an einen Tisch setzen.

„Unser Ziel muss sein, dass wir den Rest allein und ohne Richter hinbekommen“, sagt Landrat Klaus Plöger. Der Chef der Kreisverwaltung hält die Kehrtwende der Verfassungsrichter zwar für „nicht nachvollziehbar“, hat aber trotzdem mit Bürgermeister Tassilo von Bary vereinbart, sich nach der Sitzung des Kreisverkehrsausschusses zu treffen. „Dann werden wir wissen, in welche Richtung die Politiker gehen, und über die Aufteilung der Kosten verhandeln“, sagt Plöger. Er möchte den Disput noch im ersten Halbjahr aus der Welt schaffen.

Konfliktpotenzial ist bei allem Willen zur einvernehmlichen Lösung allerdings noch vorhanden. Dass der Kreis tatsächlich rückwirkend zwei Millionen Euro zahlt, halten sowohl Klaus Plöger als auch der Abgeordnete Lukas Kilian für unwahrscheinlich.

Während die Oldesloer das Geld für die Jahre 2008 bis 2014 einfordern wollen, halten die Juristen beim Kreis höchstens einen Verjährungszeitraum von 2011 bis 2014 für relevant. Damit wären Nachzahlungen nur für vier statt sieben Jahre anrechenbar.

Auf die Buskunden hat der Streit ums Geld zunächst keine Auswirkungen. Sie müssten erst Veränderungen erwarten, wenn sich Stadt und Kreis nicht über die Finanzierung einigen. Für den Fall kündigt die Kreisverwaltung die Prüfung an, „inwieweit das Angebot des Stadtverkehrs auf ein vom Kreis zu finanzierendes Grundangebot zurückgestuft werden kann“.