Die Berufliche Schule des Kreises in Ahrensburg investiert verstärkt in zeitgemäßen und anschaulichen Praxisunterricht

Ahrensburg. Der Stolz der Schule steht eher diskret in einem Unterrichtsraum. Für den Laien sieht die Luxus-Maschine auf den ersten Blick zwar nach High-Tech aus, aber nicht unbedingt spektakulärer als ein ambitioniertes Gerät im Fitness-Studio. Doch ein Blick durch das Fenster auf der Vorderseite zeigt, über welche inneren Werte die CTX 310 ecoline verfügt. Die Spindeln im abgeschotteten Innenraum deuten Möglichkeiten an, von denen Hilmar Hannemann und seine Kollegen sprechen, während der Fachlehrer Metall auf dem Display der Steuerungseinheit in 3D-Simulation demonstriert, wie sich die Maschine einrichten lässt.

Die CTX 310 ist eine Universal-Drehmaschine, die zugleich fräsen kann. Knapp 100.000 Euro hat die Maschine inklusive Montage, Software und Einweisung gekostet – eine Investition der Beruflichen Schule des Kreises Stormarn in Ahrensburg, die mehrere Jahre lang gründlich vorbereitet wurde und die sich à la longue auszahlen soll.

„Die CTX 310 ist sehr motivierend für unsere Auszubildenden in den Metallberufen. Sie möchten am liebsten sofort damit arbeiten, doch ohne gründliche Kenntnisse geht es nicht“, sagt Dirk Baasch, Oberstudienrat für Metalltechnik. Die durch eine Scheibe sichtbaren Schüler sitzen derweil im Nebenraum an Computerarbeitsplätzen und zeichnen am Rechner exakt vermessene Werkstücke, quasi die Vorbereitung für den Einsatz der CTX 310. Auf den magischen Moment, wenn sie selbst unter Aufsicht der Lehrer die Maschine für die Umsetzung der Konstruktion einrichten, müssen sie allerdings noch etwas warten. Der Lerneffekt sei dennoch sehr groß, erzählt Baasch: „In der Praxis drücken manche der Auszubildenden nur noch auf Knöpfe – bei uns lernen sie zu verstehen, wie alles aufgebaut ist.“ Ergebnisse zeigt er an einigen makellosen Werkstücken: Zylinder mit verschiedenen Durchmessern und Profilen, ein starkes Stahlblech mit unterschiedlich gemusterter Oberfläche.

Die Berufliche Schule an der Hermann-Löns-Straße in Ahrensburg bietet die Simulation vieler Werkstattwelten auf vergleichsweise kleinem Raum – sie ist sozusagen ein Miniatur-Wunderland für Azubis. Es gibt zahlreiche Muster-Werkstätten im Metallbereich, für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, für Kfz-Technik, eine Tischlerei und, als Ahrensburger Alleinstellungsmerkmal, ein Hochregallager mit Gabelstapler. Von den insgesamt 2185 Schülern sind 70,1 Prozent Berufsschüler, die meisten im Bereich Wirtschaft und Verwaltung. Im handwerklich-technischen Bereich werden zurzeit unter anderem 462 Auszubildende in Metallberufen, 65 im Bauwesen und 50 als Holztechniker ausgebildet. Kostspieligster Bereich ist mit Abstand Metall. „Gewisse Ausbildungsberufe sind extrem Hardware-lastig und entsprechend teuer“, sagt Dirk Baasch bei der Werkstattführung.

Der Weg von der brandneuen computergesteuerten und -geregelten Werkzeugmaschine ins analog-mechanische Zeitalter ist keine fünf Meter lang und führt durch zwei Türen direkt in die Schweißerei, wo zwei Auszubildende für Konstruktionstechnik gerade eine praktische Prüfung ablegen. Die beiden versäubern Schweiß- und Lotnähte, die Flex lässt Funken fliegen, es ist laut und riecht nach Schwefel. Einen Raum weiter stehen die mechanischen Geschwister der CTX 310: Drehbänke und Fräsen. „Wir machen hier Teamteaching in kleinen Gruppen, um die Arbeitssicherheit zu gewährleisten“, sagt Hannemann. Gleich nebenan sind Rahmen, an denen Fenster- und Türenbau ausprobiert werden kann. Eine Treppe ist im Modell vorhanden.

Eine Etage tiefer zeigt Dirk Baasch eine weitere kostspielige Investition. „Dieser Raum sieht zwar nicht so spektakulär aus, seine Ausstattung dürfte aber ähnlich kostspielig sein wie bei unserer digital gesteuerten Drehmaschine.“ Die Rede ist von verschiedenen Verfahren der Materialprüfung mit Wärmetechnik, vom manuell, mit Hilfe von Kraftübertragung genutzten Gerät bis hin zum aufwendigen digitalen Härteprüfgerät und einem Apparat für „Zerreißproben“, der misst, wie hoch die Belastbarkeit metallischer Teile ist. „Wir zeigen hier die Phänomene und können sie dann im Unterricht theoretisch anwenden. So lassen sich zum Beispiel in der Metallurgie der Aufbau der Atome und die Bindungskräfte anschaulich erklären“, sagt Dirk Baasch.

Schulleiter Joachim Steußloff nennt das didaktische Prinzip, das sich im gewerblichen Bereich an der Beruflichen in Ahrensburg bewährt habe: „Über die Hand in den Kopf“. Als besonderes Plus der Berufsschule sieht er deren Möglichkeit, die Vielfalt von Praxisanwendungen zu lehren. „Gerade in kleineren Betrieben ist das oft nicht möglich, weil der wirtschaftliche Druck zu hoch ist.“ Um den Anspruch einzulösen, möglichst viel an Praxis bieten zu können, muss die Schule finanziell entsprechend ausgestattet sein, auch um technisch auf der Höhe der Zeit zu bleiben – wie bei der CTX 310. „Wir haben das Glück, dass wir nicht nur eine kompetente und begeisterungsfähige Mannschaft von Fachlehrern haben, sondern auch Politik und Verwaltung in unserem Kreis sich ihrer Verantwortung bewusst sind und für eine auskömmliche Ausstattung unserer Schule sorgen“, sagt Steußloff.

Wie wichtig Anschaulichkeit und Ausstattung sind, lässt sich am besten in zwei Werkstattbereichen beobachten, die bei den Tagen der offenen Tür Publikumslieblinge sind. Norbert Keuchel steht im Montagelabor der Kfz-Werkstatt zwischen aufgebockten Autos, die erkennbar auf untersuchungsfreudige Schüler warten. „Hier werden Motoren zerlegt und wieder zusammengebaut, bevor wir sie, ohne Auspuffanlage, wieder laufen lassen“, erzählt er. Besonders beliebt bei den Azubis sei die Diagnosewerkstatt, zumal sie auch ihre eigenen Autos vermessen und tunen können. Eine schöne technische Spielerei ist der Motor, in dem über Schalter Fehler aktiviert werden, die von den Azubis gesucht und behoben werden müssen.

Eher fürs kindlich-verspielte Ich reizvoll ist der sogenannte „Wasserprüfstand als gläsernes System“ in der Sanitärtechnik. Hier können vom WC-Spülkasten und -becken die Wege von Wasser und Inhaltsstoffen (Baasch: „ein Normködel“) im wahrsten Sinne des Wortes nachvollzogen werden. Per Fernsteuerung lassen sich zehn Varianten zum Dürchspülen ausprobieren und sichtbar machen, so dass zum Beispiel Verwirbelungen rasch identifiziert werden können. Rohr frei für die anschauliche Erkenntnis.