Hamburger Immobilienkaufmann gibt einziges Gebot für früheres Behördengebäude ab

Trittau. Es ist Freitag, 10.52Uhr, als der Hammer fällt. Das ehemalige Amtsgericht in Trittau ist zwangsversteigert. Was genau mit dem Gebäude passieren wird, weiß Nader El Abd noch nicht, jedoch schwirrt ihm eine Idee durch den Kopf: „Ich könnte mir vorstellen, aus dem Gebäude ein luxuriöses Hotel für Liebhaber zu machen, die sehr an Geschichte interessiert sind. Denn der Innenbereich sieht wirklich historisch aus.“ Wenn diese Idee nicht funktioniert, könnte sich der Immobilienkaufmann auch ein Familien- oder Gästehaus vorstellen. „Meine Hauptaufgabe ist es, dass Gebäude schön zu machen und zu renovieren“, sagt El Abd.

Der Verkehrswert – er beschreibt den aktuellen Wert der Immobilie – ist auf eine Million Euro gesetzt. Doch nicht von Anfang an. Zunächst hatte ein Gutachter das Gebäude viel günstiger eingeschätzt. Die Unterlagen der aktuellen Alleineigentümerin wurden dann von einem Sachverständigen geprüft, der den Marktwert hochstufte.

Nader El Abd muss am Ende der Zwangsversteigerung nicht so viel zahlen. Um 10:52 endet die Bietzeit, und El Abd bekommt als einziger Bieter den Zuschlag bei 515.000 Euro. Aber nur vorläufig, denn erst am 29. Januar um 10Uhr gibt das Amtsgericht Ahrensburg den offiziellen Zuschlag. An die Eigentümer wird ein Protokoll gesendet, zu dem sie sich äußern können. Außerdem habe die Familie die Möglichkeit bis zum 29. Januar bei ihren Gläubigern ihre Schulden zu begleichen, so die mit dem Fall betraute Rechtspflegerin.

Gebürtig kommt der Immobilienkaufmann Nader El Abd aus Ägypten, er lebt seit 16 Jahren in Deutschland. Am Donnerstagabend habe er von der Zwangsversteigerung erfahren und konnte sich nur vom Inneren des Gebäudes einen Eindruck verschaffen. „Ich war bei der Familie und konnte mir das Haus ansehen. Von der Fassade und vom Außenbereich konnte ich mir witterungsbedingt keinen Eindruck machen“, sagt der in Hamburg lebende Immobilienkaufmann.

Kein anderer Interessent gab ein Angebot ab

Um 10 Uhr hatte die Rechtspflegerin die Türen zum Saal 3 des Ahrensburger Amtsgerichts geöffnet. Ein Vertreter der Ing-DiBa war beim Verfahren anwesend, da die Bank die Zwangsversteigerung angeordnet hatte. Vier Interessenten gab es, von denen aber nur Nader El Abd ein Gebot abgab. „Ich habe einfach auf mein Bauchgefühl gehört, und das hat mich bis jetzt noch nie getäuscht“, sagt er nun.

Ab 10:22 Uhr konnten die Interessenten eine halbe Stunde lang ihre Gebote abgeben. Nader El Abd nutzte die Möglichkeit auch, um mit dem Vertreter der Ing-DiBa einige Dinge zu besprechen. „Ich war mir nicht sicher, ob alle Schulden gelöscht werden, wenn ich das Gebäude kaufe. So etwas muss ja am Anfang geklärt werden“, so El Abd.

Etwas Unsicherheit trug er dennoch in sich: „Ich hatte meine Bedenken während der Zwangsversteigerung. Keiner der Interessenten gab ein Gebot ab oder äußerte sich zu dem Fall.“ Nader El Abd war schon bei anderen Zwangsversteigerungen dabei und kannte den Ablauf. „Normalerweise werden ganz viele Angebote gemacht, das geht immer hin und her. Aber bei diesem Gebäude war es gar nicht der Fall.“ Zweifel kamen auf, ob mit der Fassade, die er nicht kannte, wirklich alles in Ordnung ist, „aber mein Bauchgefühle bestärkte mich, mein Gebot von 515.000 Euro abzugeben".

Wenn Nader El Abd den Zuschlag bekommt, wird das Haus für ihn trotz seiner jahrelangen Erfahrung eine kleine Herausforderung: „Ich habe schon einige Gebäude renoviert, aber eines, das unter Denkmalschutz steht, war noch nicht dabei.“

Derzeit lebt in dem Backsteingebäude an der Möllner Straße eine Familie. „Die Frau ist Alleineigentümerin und war bei meiner Besichtigung sehr nett“, sagt Nader El Abd. „Ich bin gespannt, was bis zum 29. Januar noch passiert.“

Die 1828 erbaute Backsteinvilla wurde von 1855 bis 1995 als Amtsgericht genutzt, es war damals das kleinste Amtsgericht im Kreis Stormarn. Oft wurde in dieser Zeit überlegt, ob es nicht geschlossen werden sollte. Doch Diskussionen und Überzeugungskraft der damaligen Gemeindevertreter retteten das Amtsgericht immer wieder. Bis zum Jahr 1995, als das Amtsgericht endgültig geschlossen wurde und in private Hand ging.

Wenn El Abd seine Idee von einem Hotel umsetzt, könnte bald wieder die Öffentlichkeit ein und aus gehen.