100 Tage im Amt: Reinfelds Bürgermeister Heiko Gerstmann zieht eine erste Bilanz

Reinfeld. Mit viel Enthusiasmus ist Reinfelds Bürgermeister Heiko Gerstmann in seine erste Amtszeit gestartet. Heute, 100 Tage später, zeigt er sich zwar insgesamt sehr zufrieden in seinem neuen Beruf. Seine große Hoffnung, einen ausgeglichenen Haushalt hinzubekommen, sieht er allerdings langsam schwinden. Die Ursache: Bürgermeister und Politik, sagt er, hätten unterschiedliche Auffassungen darüber, wie Bauprojekte finanziert werden sollten.

„Weil wir im Städtebau-Förderprogramm drin sind, haben wir unheimlich viele Bauprojekte angeschoben“, sagt Gerstmann. „Praktisch die ganze Innenstadt wird erneuert.“ Eine Chance für Reinfeld, denn Städtebauförderung wird zu gleichen Teilen von Land, Bund und der jeweiligen Kommune bezahlt. Trotzdem bedeuten die Baumaßnahmen millionenschwere Ausgaben für die Stadt. Deshalb möchte Gerstmann Einnahmen erhöhen. Sprich: die Realsteuern anheben, Grund- und Gewerbesteuer. Auch die Hundesteuer möchte er um 10 Euro im Jahr erhöhen. „Doch dazu zeigt sich die Politik nicht bereit“, sagt Gerstmann. „Deswegen bin ich da auch ein bisschen enttäuscht von der Politik.“

Dabei sei es eine politische Entscheidung gewesen, all diese Maßnahmen anzuschieben, so der Bürgermeister. „Allerdings offenbar nach dem Motto: ‚Wir wollen zwar alles bauen. Aber wir wollen nicht, dass das mehr kostet, und wir wollen keine Schulden machen.‘“ Als Beispiel nennt Gerstmann die Planungen für das neue Verwaltungsgebäude am Rathausvorplatz. „Wir haben hier das Problem, dass Bauen teurer geworden ist, weil es der Branche relativ gut geht.“ Dadurch hätten sich die Baukosten um 30 Prozent erhöht, sagt der Bürgermeister. „Und das, ohne dass wir an der Planung etwas verändert hätten.“

300.000 Euro Mehrkosten, die die Stadt nicht hat. Eine Zwickmühle. So habe es nun den politischen Auftrag gegeben, eventuell den Sitzungssaal zu streichen oder bestimmte Räume zunächst nicht auszubauen. Für Gerstmann keine zufriedenstellende Option. Er geht davon aus, dass zukünftig in der Verwaltung eher mehr Platz benötigt wird. Auch eine Umplanung des Neubaus würde massive Kosten verursachen. Der Haushalt soll Mitte Januar beschlossen werden. Passt die Politik die Einnahmen nicht an, führe dies zwangsläufig zu einer Verschuldung, betont Gerstmann. „Aber das ist natürlich eine unattraktive Entscheidung. Wer zahlt schon gern mehr Steuern?“

Trotz so mancher Unwägbarkeiten: Die neue Aufgabe macht Heiko Gerstmann sichtlich Freude. „Das Bürgermeisteramt ist ja doch sehr erfüllend, es macht großen Spaß“, sagt der 49-Jährige. Ein Grund: „Ich baue ja gern!“, sagt Gerstmann, studierter Bauingenieur, und strahlt. „Mein Ziel war es immer, zu gestalten.“ Er wolle die Stadt, insbesondere das Zentrum, attraktiver machen. Familien, Jugendliche und ältere Menschen sollten öfter in die Innenstadt gehen. „Auch, um soziale Kontakte zu pflegen“, so Gerstmann. „Es ist wichtig, dass die Menschen zusammenkommen und miteinander schnacken.“ Das fördere den Zusammenhalt.

Die sozialen Kontakte zu den Bewohnern der Stadt sind auch dem Bürgermeister wichtig. „Ich habe großen Respekt vor dem Engagement der Reinfelder. Es gibt hier viele ehrenamtlich Tätige, sei es in der Kirche, bei der Tafel, in den Vereinen oder beim Thema Flüchtlingshilfe.“

Gerstmann wirkt entspannt in seinem neuen Büro. Und wird der Stress zu viel, schenkt er sich einfach eine Tasse dampfenden schwarzen Tee ein. Den bringt er jeden Tag von zu Hause mit.