Termin in Ahrensburg ist Anfang Januar. Ein Blick zurück auf ein Gebäude mit einer wechselhaften Vergangenheit und auf viele Diskussionen

Trittau. Es war das kleinste Amtsgericht im Kreis Stormarn, diese 1828 erbaute, herrschaftliche Backsteinvilla an der Möllner Straße in Trittau. 1995 zog die Justiz aus, das Haus ging in Privatbesitz über. Nun könnte sich erneut ein Eigentümerwechsel andeuten: Für das Geburtshaus Theodor Steltzers, 1946/47 von den Briten eingesetzter Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, steht ein Zwangsversteigerungstermin beim Amtsgericht Ahrensburg an, er ist Freitag, 9. Januar, um 10 Uhr in Saal 3. Der Verkehrswert liegt laut Amtsgericht Ahrensburg bei einer Million Euro.

Über die Hintergründe des Gerichtstermins ist in Trittau nichts bekannt, die Immobilie ist nach wie vor in privater Hand. Für Amtsarchivar Leif Eric Pöppel ist er Grund genug gewesen, sich mit der Geschichte des Baus zu beschäftigen, durch die sich eines wie ein roter Faden zieht: dass das Amtsgericht geschlossen werden müsse.

Das ist schon 1875 so, 20 Jahre nach der Übernahme des Gebäudes durch die Justiz. Das preußische Justizministerium will das Amtsgericht in die damalige Kreisstadt Wandsbek verlegen, da Beschwerden laut geworden sind, die Räume in Trittau reichten nicht aus.

Die Gemeindevertretung schreibt folgende Zeilen nach Berlin: „Trittau ist der Hauptverkehrsort für die ganze Umgebung geworden, andererseits stehen die zum Amtsgericht gehörenden Ortschaften durch Communalangelegenheiten in regem Verkehr mit Trittau.“ Nach vielen Verhandlungen wird am 28. Oktober 1878 ein Vertrag zwischen der Gemeinde und dem Justizfiskus geschlossen. Das Amtsgericht bleibt.

1945 schlagen Granatsplitter ein

1973 plant dann der Justizausschuss des Landtags, das Gericht, das 1945 von britischen Granatsplittern getroffen worden ist, zu schließen. Manfred Schumacher, damaliger Amtsvorsteher, schreibt nach Kiel: „Wir bitten Sie höflich und dringend, ein Anhörverfahren anzusetzen, das möglichst in Trittau stattfinden sollte.“ Im 3. Gesetz zur Neuordnung von Amtsgerichtsbezirken wird dennoch festgelegt, dass das Trittauer Amtsgericht zum 1. Januar 1975 geschlossen werden soll. In einem Referentenentwurf heißt es, dass neue Gerichte erster Instanz bessere personelle und technische Ausstattungen hätten und dadurch wirkungsvoller arbeiten könnten. Der damalige FDP-Kreisvorsitzende Hans-Jürgen Schepler sieht die Pläne kritisch: „In einem freiheitlichen Rechtsstaat bedarf die Justiz der Bürgernähe.“ Auf diese Aussage reagiert der Landtagsabgeordnete Karl Eduard Claussen (CDU) wie folgt: „Meinen Sie damit wirklich, dass wir wie zu Kaisers Zeiten in jedem Dorf ein Amtsgericht mit Richter haben sollten?“

„Man muss eine Neueinteilung der Gerichtsbezirke gründlich prüfen“, sagt der damalige Justizminister Henning Schwarz (CDU). Das Statement aus der Landesregierung: „Wir wollen eine quälende Diskussion vermeiden, die außer Streit nur Unsicherheit bei den Bürgern bringt.“ Gut zehn Jahre, am 26. März 1984, geht dem Bürgermeister Jochim Schop ein Schreiben aus dem Justizministerium ein: „Eine Änderung der Gerichtsorganisation in den Kreisen Herzogtum Lauenburg und Stormarn wird nicht in Angriff genommen.“

Doch die Ruhe bleibt nicht ewig bestehen, denn bereits 1993 entsteht ein Referentenentwurf eines 6. Gesetzes zur Neuordnung von Amtsgerichtsbezirken, mit dem wieder einmal das Aus für den Gerichtsstandort Trittau besiegelt werden soll. Das Amtsgericht solle wegen einer Finanzlücke im Haushalt von jährlich 42.000 Mark geschlossen werden. Nach Meinung Ernst Burmeisters, seinerzeit zweiter stellvertretender Amtsvorsteher, sei das „kein nennenswertes Einsparungsergebnis im Haushalt“.

„Ich kann nicht begreifen wie eine Finanzlücke im Haushalt mit der Schließung von kleinen Amtsgerichten ausgeglichen werden kann“, so die persönliche Meinung von Amtsgerichtspräsident Helmut Kubick. Neben Trittau soll auch das Amtsgericht Lauenburg geschlossen werden.

Zum Jahresbeginn 1995 bleiben die Gerichtstüren zu

In einem Brief vom Januar 1993 an den Innenminister Hans Peter Bull (SPD) schreibt der Direktor des Amtsgerichts dann: „Die Justizreform ist sein Langem abgeschlossen. Der Justizminister Klaus Klingner hat mir damals versichert, dass keine weiteren Gerichte aufgelöst werden.“

Doch das Ministerium begründet die Schließung mit der Einsparung von Folgekosten in einer Höhe von 100.000Mark. Kubick entgegnet: „Diese Folgekosten entstehen weiter, wenn das Amtsgericht mit einem anderen zusammengeschlossen wird. Im Übrigen ist der Beitrag viel zu hoch gegriffen und stimmt so nicht.“ Im März 1993 beschließt das Ministerium trotzdem, eine gründliche Prüfung einzuleiten, um zu sehen, ob eine Schließung Vorteile für das Land bringe. Ferdinand Plehn, Sprecher der Trittauer Rechtsanwälte, sagt, er kenne kein anderes Amtsgericht, dass so „extrem effizient“ sei und schnell arbeite. Aber das Ministerium will sparen und sieht eine Schließung für 1995 vor.

So kommt es auch, zum Jahresbeginn 1995 bleiben die Türen geschlossen. Podiumsdiskussionen und Briefwechsel haben es nicht mehr abwenden können.

Fast auf den Tag genau 20 Jahre später steht das ehemalige Amtsgericht mit seinen 440 Quadratmetern Wohnfläche nun wieder im Mittelpunkt. Ort des Geschehens ist das Gericht, an das die Aufgaben 1995 größtenteils übertragen sind. Was die Zukunft auch bringt: Dass das Gebäude an sich Bestand haben wird, erscheint ziemlich sicher. Es steht unter Denkmalschutz.