Arbeitnehmer fehlen im Schnitt 15,8 Tage jährlich. Landesweit niedrigster Wert. Hauptursache psychische Probleme

Bargfeld-Stegen. Die meisten Stormarner, die nicht zur Arbeit gehen können, fehlen wegen psychischer Erkrankungen. Für 22,1 Prozent der Fehlzeiten werden seelische Gründe genannt. Das hat der Gesundheitsreport 2014 der Krankenkasse Barmer GEK ergeben. Die Zahl der Tage, die Menschen im Kreis wegen psychischen Erkrankungen fehlen, ist aber leicht rückläufig: 2013 verzeichnete die Krankenkasse wegen psychischer Probleme 349 Arbeitsunfähigkeitstage pro 100 Erwerbstätige, zwölf weniger als im Vorjahr.

Psychische Erkrankungen hatten 2013 in Schleswig-Holstein einen Anteil von 20 Prozent an allen Fehlzeiten. Der steigende Trend der Vorjahre ist damit erstmals unterbrochen. 2012 entfielen noch 21,5 Prozent aller Fehltage auf psychische Erkrankungen. Allerdings gibt es mit Flensburg, Neumünster und den Kreisen Plön und Segeberg auch Regionen, in denen immer mehr Menschen wegen psychischer Probleme nicht arbeiten können. Für den allgemeinen Rückgang nennt die Krankenkasse bessere Diagnostik, frühzeitige Behandlung und Prävention als mögliche Ursachen. Auszuschließen sei auch nicht, dass mehr Beschäftigte krank zur Arbeit gingen.

„Für psychische Erkrankungen gibt es inzwischen ein anderes Bewusstsein“, sagt Peter Hans Hauptmann, Oberarzt im Heinrich-Sengelmann-Krankenhaus in Bargfeld-Stegen, Stormarns Fachklinik für Psychiatrie. Das Thema sei stärker in den Fokus gerückt, es gebe zunehmend Präventionsangebote. „Menschen suchen sich früher Hilfe. Möglicherweise werden Probleme dadurch früher abgefangen, etwa durch aufmerksame Hausärzte.“

Einen Beitrag leisteten auch Firmen. „Etwa dadurch, dass sie einen E-Mail-Stopp nach 17 Uhr haben. Oder dadurch, dass Entspannung durch Sport finanziell unterstützt wird“, sagt Hauptmann. Aber: „Wir stellen fest, dass psychiatrische Diagnosen zuzunehmen scheinen. Gerade depressive Erkrankungen und Angsterkrankungen werden mehr.“

Für den Gesundheitsreport hat die Barmer Daten von 151.000 Erwerbstätigen in Schleswig-Holstein ausgewertet. Das sind 17,4 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Frauen leiden deutlich häufiger als Männer unter psychischen Erkrankungen, Ältere häufiger als Jüngere, Arbeitslose häufiger als Berufstätige. Die größten Belastungen am Arbeitsplatz sind starker Termin- und Leistungsdruck.

In Schleswig-Holstein waren 30,2 Prozent der erwerbstätigen Menschen 2012 psychisch erkrankt, für das Jahr 2013 liegen die Zahlen noch nicht vor. Die Zahl liegt leicht über dem Bundesdurchschnitt von 29,7 Prozent. 6,5 Prozent waren wegen einer entsprechenden Diagnose arbeitsunfähig gemeldet. Und ein Prozent wurde wegen einer entsprechenden Erkrankung in einem Akutkrankenhaus behandelt.

Im Heinrich-Sengelmann-Krankenhaus kümmern sich die Ärzte und Pfleger um 3000 Menschen pro Jahr, die Patienten bleiben durchschnittlich 24 Tage. Wer Hilfe sucht, bekommt sie aber nicht nur in Bargfeld-Stegen. Der Kreis Stormarn hat einen Psychiatrie-Wegweiser herausgegeben. Er ist im Internet unter www.kreis-stormarn.de abrufbar. Aufgelistet sind auf 43 Seiten unter anderem Beratungsstellen, Krankenhäuser und Selbsthilfegruppen, zudem Anlaufstellen für Angehörige.

„Die Psychotherapie hat in den vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen“, sagt Heiko Borchers, Vorsitzender der Landesgruppe Schleswig-Holstein der Deutschen Psychotherapeuten-Vereinigung (DPtV). „In der Bevölkerung ist die Sensibilität für psychische und psychosomatische Störungen gestiegen, was zu einer höheren Inanspruchnahme psychotherapeutischer Hilfe führt.“

Insgesamt aber fehlen die Menschen in Stormarn seltener bei der Arbeit als die Menschen in anderen Kreisen. 15,8 Arbeitsunfähigkeitstage werden in Stormarn im Durchschnitt gezählt. In Schleswig-Holstein werden durchschnittlich 17,6 Arbeitsunfähigkeitstage gemeldet. Mit 18,9 Tagen am häufigsten fehlen Arbeitnehmer in Kiel und im Kreis Herzogtum Lauenburg mit 18,8 Tagen.