Smartphones und andere Digitalgeräte beeinflussen die gemeinsame Zeit negativ. Experte rät: Beim Essen abschalten

Bargteheide. Ein kurzer Piepton, der Bildschirm leuchtet auf: Und schon ist das Gespräch unterbrochen. Die ganze Aufmerksamkeit gilt plötzlich dem Handy. Wenn Familien in Norddeutschland gemeinsam am Essenstisch sitzen, sind die Kinder in jeder fünften Familie durch ihre Smartphones oder durch andere Digitalgeräte abgelenkt. Zudem läuft bei vielen Familien währenddessen noch der Fernseher. Das hat eine aktuelle Studie der Techniker Krankenkasse (TK) ergeben. Die Studie zeigt, wie sehr Mediennutzung den Familienalltag beeinflusst. 40 Prozent der Eltern beklagen demnach, dass ihre Kinder für sie kaum mehr ansprechbar seien, sobald sie sich in ihr Smartphone oder ihr Computerspiel vertieften. 14 Prozent der Jugendlichen verzichten ganz auf gemeinsame Mahlzeiten und nehmen ihr Essen mit auf ihr Zimmer.

Die Ergebnisse der Studie überraschen den Autoren und Erziehungsberater Jan-Uwe Rogge nicht: „Der ständige Medienkonsum ist ein altes Thema. Früher stand der Fernseher im Mittelpunkt solcher Diskussionen, heute ist es das Smartphone“, sagt der Bargteheider. „Es ist in jedem Fall problematisch, wenn die gemeinsame Zeit der Familie durch Medien gestört wird, weil persönliche Gespräche für das Zusammenleben sehr wichtig sind. Meiner Meinung nach gehören Medien, egal welche, nicht an den Abendbrottisch.“

Jan-Uwe Rogge sieht das Problem allerdings weniger bei den Kindern als bei den Eltern: „Eltern sind immer Vorbilder für ihre Kinder. Wenn Sie selbst beim Essen auf ihrem Handy herumdrücken, ist es ja kein Wunder, wenn Kinder das übernehmen.“ Deshalb müsse es medienfreie Zeiten sowohl für Eltern als auch für Kinder geben. „Eltern müssen da ganz klar sagen: ‚Jetzt gibt es eine Stunde lang kein Smartphone.“ Rogge selbst stellt sein Handy grundsätzlich beim Essen aus.

Die Ergebnisse der TK-Studie bestätigen Rogges Einschätzungen zur Rolle der Eltern: Ungefähr jeder siebte Befragte in Norddeutschland gab an, mit dem eigenen Online-Verhalten kein gutes Vorbild für seine Kinder zu sein. „Es geht immer darum, was einem wichtig ist“, sagt Jan-Uwe Rogge. „Wenn ich Zeit mit meiner Familie verbringen will, muss ich dafür bewusst auf andere Dinge verzichten.“ Jede Familie müsse da ihren eigenen Weg finden.

Auch Christian Restin vom Amt für Kinder und Jugend des Kreises Stormarn findet, dass es in Familien feste Regeln zur Mediennutzung geben muss, die die Eltern zuvor mit den Kindern aushandeln. „Es muss Online- aber auch Face-to-face-Zeiten geben, in denen die direkte Kommunikation im Mittelpunkt steht“, sagt Restin. „Und es darf natürlich auch Zeiten der Ruhe und, im positiven Sinne, der Langeweile geben. Das Geschäftig- und Gestresstsein unserer Gesellschaft spiegelt sich bei den Jugendlichen ebenso wie bei den Erwachsenen wider. Deshalb ist es gut, sich gezielt Auszeiten zu nehmen.“

Um sich der eigenen Gewohnheiten oder gar Süchte bewusst zu werden, schlägt Christian Restin vor, dass Familien gemeinsam eine Zeit lang ganz aufs Smartphone verzichten. „Wenn man zum Beispiel sieben Wochen oder auch nur sieben Tage lang ohne Handy auskommt, wird einem klar, wie sehr man normalerweise darauf fixiert ist. Das ist für die Selbstreflexion sehr gut. Und außerdem kann man über den Verzicht gut ins Gespräch kommen.“

Bei den meisten Leuten kann die übermäßige Smartphone-Nutzung Restins Einschätzung nach als schlechte Gewohnheit bezeichnet werden. „Wirklich bedenklich wird es, wenn jemand sich immer mehr aus persönlichen Kontakten herauszieht. Zur Sucht gehört auch immer Isolation.“ Für solche Fälle bieten die Erziehungs- und Suchtberatungsstellen des Kreises Stormarn professionelle Hilfe und Beratung an.

In vielen Familien in Stormarn ist das Smartphone der Kinder ein Thema. Birgit Hoefling, 43, aus Ahrensburg ist davon sehr genervt. Vor allem weil ihre Kinder von „den Dingern“ viel Gebrauch machen. „Das Handy liegt immer nebenbei, das kann echt anstrengend sein“, sagt sie. „Manchmal nehme ich meinen Kinder auch ihr Handy weg.“ Ihr ist es vor allem wichtig, dass gemeinsam gegessen wird, ohne dass Smartphone oder Tablet in Reichweite sind. Das kann Tochter Saskia, 12, auch verstehen. „Das ist schon in Ordnung“, sagt sie. „Am Wochenende frühstücken wir immer zusammen.“

Auch Janine Jung, 34, aus Bargteheide sind Regeln im Umgang mit Smartphone und anderen Geräten wichtig. „Meine zwölfjährige Tochter hat einen Computer, ein Tablet und ein Smartphone“, sagt sie. „Aber ich kontrolliere, wie lange sie die Geräte am Tag nutzt.“ Janine Jungs jüngste Tochter Charlotte, 7, hat im Unterschied zu ihrer Schwester nur einen Gameboy, den sie allerdings nur benutzt, wenn ihre Mutter es ihr erlaubt. Janine Jung sagt: „Es gibt bei uns auch regelmäßig medienfreie Tage.“