Ziel ist doch die Abschiebung

13. November: „Zehn-Punkte-Plan für Flüchtlinge in Reinbek“

Mit ihrem Zehn-Punkte-Plan versuchen die Stadt Reinbek und die ehrenamtlichen Helfer, für die Flüchtlinge ein neues Zuhause zu schaffen. Aber leider sieht die Realität ganz anders aus. Das erfahren die in der Flüchtlingsbetreuung tätigen Ehrenamtlichen immer wieder. Tatsächlich ist es so, dass alle Bemühungen in unglaublich zynischer Weise von der bundesdeutschen Migrationspolitik konterkariert werden. Entgegen aller Aufrufe zu einer Willkommenskultur ist das wirkliche Interesse der Bundesstelle für Migration offensichtlich, die Flüchtlinge so schnell wie möglich und ohne Rücksicht auf die Biografie wieder in die angeblich sicheren Drittländer abzuschieben. Von einer sicheren Bleibe für die oft seit Jahren durch Krieg, Bürgerkrieg, Hungerkatastrophen, politische oder religiöse Verfolgung Drangsalierten und Traumatisierten kann nicht die Rede sein.

Die tägliche Praxis zeigt, dass die Bereitstellung von Wohnraum, dass Integrationskurse, Deutschunterricht, das Eingliedern der Flüchtlingskinder in Kindergärten und Schulen mit Fördermaßnahmen den Flüchtlingen zwar das Gefühl vermitteln, sie hätten ein neues Zuhause gefunden, all diese Maßnahmen dienen aber offensichtlich der Ruhigstellung der Flüchtlinge, um sie in die europäischen Randstaaten, über die sie zwangsläufig nur einreisen konnten, abschieben zu können. Bei dieser Ruhigstellung dienen die Ehrenamtlichen – so bitter das ist - objektiv als Handlanger einer skrupellosen Politik. Da kümmert es die Behörden kaum, was die Flüchtlinge erwartet, wenn sie nach Italien, Polen, die Niederlande oder Bulgarien abgeschoben werden sollen.

Wir betreuen in Ammersbek einen jungen Mann aus Afghanistan, der als Kind nach Europa gekommen ist und zwischen Griechenland, Italien, Schweden und Deutschland verschoben wird. Seine Ausweisung nach Italien steht unmittelbar bevor, obwohl klar ist, dass ihn ein Leben ohne Unterstützung, Wohnraum und Perspektive erwartet. Weiteren afghanischen Familien, also überwiegend Taliban-geschädigten Bürgerkriegsflüchtlingen, droht massiv die Abschiebung. Von einem neuen Zuhause kann die Rede erst sein, wenn die inhumane Abschiebepraxis ein Ende findet.

Heißt das nun, dass das Engagement der Freundeskreise, Unterstützer und Ehrenamtlichen unsinnig sei? Ganz im Gegenteil! Wir erfahren bei unserer Betreuung, beim Sprachunterricht oder bei Hilfestellungen im Alltag, welche Bedeutung wir haben, welche Dankbarkeit Asylbewerber uns ganz überwiegend entgegenbringen. Man sollte sich aber bewusst sein, mit welchen Enttäuschungen man angesichts der oft inhumanen Entscheidungen der Migrationsbehörde zu rechnen hat.

Hans-Jürgen Hansen, Ammersbek

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