Ehemalige Bauamtsleiterin Angelika Andres soll sich um Ahrensburgs Image und das Gewerbe kümmern

Ahrensburg. Es ist eine überraschende Personalie, die diskret im Ahrensburger Rathaus vorbereitet wurde. Der Stellenplan 2015 war Montagabend Thema im Hauptausschuss (die Sitzung dauerte bei Redaktionsschluss an). Teil des Pakets ist die Schaffung einer Stabsstelle strategische Entwicklung, für die die Verwaltung jährlich 98.300 Euro (Besoldungsgruppe A14) eingeplant hat. De facto ist diese Stelle schon besetzt. Die Internetseite der Stadt nennt Angelika Andres bereits als Ansprechpartnerin für die Stabsstelle strategische Stadtentwicklung. Ein Stellenprofil, das im Klartext heißt, dass die ehemalige Amtsleiterin künftig das Stadtmarketing leiten wird.

Zur Erinnerung: Angelika Andres wurde am 1. März 2014 nach nur drei Jahren von ihrer Funktion als Bauamtsleiterin entbunden. In der Zeit davor war sie monatelang krank geschrieben (das Abendblatt berichtete). Bürgermeister Michael Sarach sagte damals, Angelika Andres solle „eine amtsangemessene Beschäftigung, auf die ein Beamter Anspruch habe, bekommen“. Die Leitung des Stadtmarketings ist eine neu geschaffene Stelle, die jedoch schon länger als notwendig erachtet wird. Wiederholt haben Vertreter aus Wirtschaft und Politik angeregt, eine solche Stelle zu schaffen, um die Außendarstellung der Stadt zu verbessern.

Es ist eine verwaltungstechnisch vertrackte Situation, die dafür sorgt, dass diese Stelle jetzt geschaffen wird. Denn Angelika Andres’ Anspruch hat trotz ihrer Ablösung bislang die Leitungsstelle des Bauamts blockiert. Damit diese neu ausgeschrieben werden kann, braucht es für Andres eine Aufgabe mit entsprechendem Status. Offenbar hat sich Verwaltungschef Sarach für das Stadtmarketing entschieden.

Es ist kein einfacher Job, den Angelika Andres übernehmen soll. „Die Aufgabe, das Potenzial von Ahrensburg besser als bisher auszuschöpfen, ist sehr komplex. Es geht darum, die Stadt attraktiver für Gewerbeansiedlung, für den Einzelhandel und für Tagesgäste zu machen – da reicht ein antiquierter Slogan wie ‚Hamburgs schöne Nachbarin‘ schon lange nicht mehr aus“, sagt Thomas Bellizzi. Der Vorsitzende der FDP-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung hat zuletzt vor anderthalb Jahren ein professionelles Stadtmarketing dafür gefordert, um das Profil des Standortes zu schärfen. Die FDP favorisiert allerdings ein Outsourcing an Marketing-Experten.

„Grundsätzlich ist es positiv für Ahrensburg, dass nun endlich etwas passiert“, sagt Bellizzi. „Es kommt aber darauf an, dass so eine Stelle richtig besetzt wird. Wenn ja, sind die Ausgaben dafür bestens angelegt, denn dann fließt das Geld mehrfach zurück. Ein positives Klima für Investoren und Besucher verbunden mit einem zugkräftigen Image können hier zusätzliche Steuereinnahmen und Arbeitsplätze schaffen. Wir halten Frau Andres jedoch für nicht geeignet für diesen Job.“

Das sieht Tobias Koch, Chef der CDU-Fraktion, ähnlich: „Unsere Begeisterung hält sich in Grenzen. Wir haben nicht den Eindruck, dass das die optimale personelle Lösung für das Stadtmarketing ist. Das liegt aber in der Organisationshoheit des Bürgermeisters.“ Die CDU-Fraktion will ihre Zustimmung einschränken, indem sie die Stelle zeitlich auf die Amtszeit von Angelika Andres begrenzen möchte.

Künftige Partner des Stadtmarketings haben erst kürzlich von der neuen Personalie erfahren. Sie werden vermutlich heute und morgen die neue Stadtmarketing-Chefin kennenlernen und in größerer Runde über die Erwartungen an ein Marketingkonzept reden. Dabei sein werden auch Vertreter aus Feldkirchen, die im Hauptausschuss ihr Marketing-Konzept vorstellten – auf dass Ahrensburg von seiner österreichischen Partnerstadt lerne.

Was erwarten künftige Partner von der Stadtmarketing-Chefin? Einige wollen erst mal abwarten, bevor sie sich äußern. Axel Strehl, Gastronom aus Ahrensburg und Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Schleswig-Holstein, sagt spontan: „Ich sehe die Personalie zunächst einmal positiv. Da sich derzeit niemand richtig um das Stadtmarketing kümmert, kann es ja nur besser werden.“

Dass in schwierigen Zeiten insbesondere für den Einzelhandel in City-Lagen Handlungsbedarf besteht, ist auch in Ahrensburg unübersehbar. Es fällt beim Rundgang vor allem eines auf: Viele Geschäfte im Zentrum der Schlossstadt stehen leer.

Wie zum Beispiel die Ladenflächen direkt neben der Fielmann-Filiale an der Hagener Allee. Auch ein paar Schritte weiter, Am Rondeel 7, werden neue Mieter gesucht. In den derzeit unbesetzten Räumen befanden sich früher direkt nebeneinander ein Laden für Fotoartikel und Passbilder sowie das Geschenk- und Dekorationsartikelgeschäft Samt & Sonders. Der Fotoladen ist in die Große Straße 41 umgezogen, Samt & Sonders dagegen endgültig geschlossen. Geblieben sind nur freie Räume hinter großen Glasscheiben, an denen „Zu vermieten“-Schilder kleben. Auch an der Großen Straße 9 bietet sich dieser Anblick.

Damit liegt Ahrensburg im Negativ-Trend. Denn in vielen Städten Schleswig-Holsteins sind leer stehende Geschäftsräume unübersehbar. Kleine und mittelgroße Städte sind ebenso davon betroffen wie Kiel und Lübeck. Gründe hierfür sind vor allem Einkaufszentren in den Außenbezirken, hohe Mieten im Zentrum und der Online-Handel. „Wir erleben momentan einen enormen Strukturwandel“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelverbands, Dierk Böckenholt. Der Anteil des Online-Einzelhandelsumsatzes werde voraussichtlich bis 2020 von neun auf 20 Prozent steigen.

Auch die überdurchschnittlich hohe Verkaufsfläche des Landes von 1,8 Quadratmetern je Einwohner und die Tatsache, dass verstärkt junge Leute vom Land wegziehen, tragen ihren Teil bei. „Als Folge von demografischer Entwicklung und zunehmendem Standortwettbewerbs nehmen in vielen Ortskernen von Klein- und Mittelstädten Versorgungsfunktionen ab“, sagt der Geschäftsführer der IHK Kiel, Jörg Orlemann. Leerstände sind eine Folge.

Trotzdem versuchen sich regelmäßig neue Läden in Ahrensburg zu behaupten. So auch der Friseursalon Hairjoy, der am 20. November eröffnet und dann die Lücke am Anfang der Hamburger Straße füllt. Obwohl es in der Stadt bereits 34 Friseurgeschäfte gibt – das entspricht ungefähr einem Salon pro Tausend Einwohner – hat Inhaber Daniel Preuß keine Bedenken bezüglich der Konkurrenz. „Ahrensburg ist eine stimmige Stadt“, sagt er. „Es werden sich bestimmt genügend Leute für uns entscheiden.“ Klingt wie gutes Stadtmarketing.