In Lütjensee trifft sich kommunalpolitischer Nachwuchs. Drei junge Leute erzählen, was sie bewegt und was sie bewegen

Lütjensee. Mucksmäuschenstill brüten acht Jugendliche über ihren Unterlagen. Ihr Ziel: Erkenntnisse zur Verfeinerung der Gesprächsführung im politischen Diskurs zu gewinnen. Im Nebenraum sitzen einige Altersgenossen, die sich das Einmaleins der kommunalen Kinder- und Jugendvertretungen erklären lassen. Es ist Wochenende, bestes Herbstwetter – und durch das Fenster könnten die Jungen und Mädchen beobachten, wie die Sonne über dem Lütjensee untergeht. Oder die Bundesligaspiele verfolgen. Oder klönen… Wenn sie halt nicht über Zetteln brüten oder konzentriert zuhören würden – ganz freiwillig übrigens. Das ist nicht der fantastische Tagtraum eines Politiklehrers. Das ist PartizipAction 7.0 und Realität.

Jugendliche aus ganz Schleswig-Holstein sind in die Stormarner Gemeinde gekommen, um sich bei dem Workshop-Wochenende über Kommunalpolitik auszutauschen und ihre Strategien in Sachen politischer Teilhabe zu verbessern. 29 Mädchen und Jungen im Alter von zwölf bis 20Jahren sind dabei, die sich in ihren Städten und Gemeinden ehrenamtlich für die Interessen ihrer Altersgenossen in der Kommunalpolitik engagieren und regelmäßig an den politischen Sitzungen ihrer Kommune teilnehmen.

„Jugendliche interessieren sich für Politik, aber vor allem für die vor ihrer Haustür“, sagt Stefan Kühl. Der Erste Vorsitzende des Kreisjugendringes Stormarn ist in Lütjensee einer der Dozenten. Er ist der Überzeugung, dass oft fälschlicherweise jungen Leuten Politikverdrossenheit unterstellt werde.

Finanziert wird der Workshop vom Sozialministerium des Landes Schleswig-Holstein. Klaus Meeder, Mitarbeiter in der Jugendabteilung, ist dafür zuständig: „Das Wochenende in Lütjensee kostet 10.000 Euro. Die Teilnehmer zahlen einen eher symbolischen Beitrag von 15Euro für die drei Tage inklusive Übernachtung und Verpflegung.“ Bei den meisten würde die Kommune den Beitrag sogar übernehmen. Einen Hintergedanken gibt es natürlich, und das räumt Meeder auch gerne ein. „Wir wollen die Jugendlichen in ihrem Engagement stärken, ihnen helfen, bei ihrer Arbeit erfolgreich zu sein, und ihnen die Gelegenheit geben, sich mit anderen Altersgenossen auszutauschen.“ Denn so könne am besten Nachwuchs für die politischen Ehrenämter in den Kommunen gewonnen werden. Meeder: „Die Jugendlichen, die sich heute engagieren, bleiben wahrscheinlich auch engagiert, wenn sie älter sind.

Der politische Bürger, das ist auch das Ziel einer außergewöhnlichen Koalition in Kiel. Alle im Landtag vertretenen Parteien haben sich kürzlich auf Initiative von SPD und CDU zusammengeschlossen und einen gemeinsamen Resolutionsentwurf auf den Weg gebracht (das Abendblatt berichtete). Inhalt sind mehrere Vorschläge, um die Teilnahme der Bürger an Wahlen zu erleichtern. So sollen beispielsweise die Wahlunterlagen in einfacherer Sprache verfasst werden. Auslöser war die geringe Beteiligung an der Kommunalwahl 2013. Nur 43,3 Prozent der Wahlberechtigten hatten gewählt.

Bereits was die Mitarbeit Jugendlicher in der Politik angeht, sei Schleswig-Holstein Vorreiter gewesen, sagt Meeder. „1996 waren wir das erste Bundesland, dass im Kommunalrecht die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen festgeschrieben hat.“ Nach Paragraf 47f der Gemeindeordnung muss „die Gemeinde bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen“.

Und insbesondere das scheint auch die Jugendlichen in Lütjensee anzutreiben. Sich einzubringen, das sei in erster Linie ihre Motivation, sagen auch Leander Wirth, Kristina Kaden und Juan Deininger, Teilnehmer des Workshops. Sie lassen keinen Zweifel aufkommen: Kommunalpolitik finden sie spannend.

Uwe Sommer, Geschäftsführer des Kreisjugendringes Stormarn, sagt, was der Austausch über politische Teilhabe noch bewirken soll: „Die Jugendlichen sollen mit einem Strahlen nach Hause fahren.“ Kein Traum, sondern Realität.