Bank-Geheimnisse: Wir treffen Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Heute: die Oldesloer Thrillerautorin Stefanie Ross

Ahrensburg. Sie ist eine Frau, die Motorradfahren, Single Malt und Rockmusik liebt. Dementsprechend tauchen diese drei Dinge in jedem Roman der Oldesloer Autorin Stefanie Ross auf. „Wer mich kennt, feixt sich einen, wenn er bestimmte Szenen liest“, sagt die Autorin und lacht. Vor zwei Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Thriller. „Mein Agent wollte, dass ich unter einem Männernamen schreibe“, sagt Ross. Es würde niemand ein Buch über Waffen, Wirtschaft und Terror kaufen, wenn es offensichtlich von einer Frau verfasst worden sei, so lautete die Argumentation. „Da habe ich gesagt: Stopp. Das kannst du auch allein.“

Ohne Agent, aber mit Hilfe einer Freundin, schickte sie der Programmleiterin des LYX-Verlags eine E-Mail, in der sie ihre Thriller-Idee vorstellte. „Es waren nur drei Sätze, aber an denen habe ich 14 Tage lang gefeilt“, sagt Ross. Und dann ging alles ganz schnell. Ross erinnert sich, dass die Programmleiterin antwortete, sie wolle wissen, wie es weitergehe. „Sie machte mir ein Angebot für zwei Bände. Da musste ich mich erst einmal hinsetzen.“

Ahrensburger Polizisten enttarnen Oldesloer Giftgas-Produzenten

Wieder lacht Ross. Überhaupt ist sie eine sehr positive, offene Persönlichkeit, eine Frau, die weiß, was sie will. Ein Beispiel hierfür ist ihre Reaktion, als der Verlag eine der Hauptpersonen in ihrem aktuellen Roman streichen wollte. „Da habe ich Nein gesagt und meine Rechte als Autorin geltend gemacht“, sagt Ross. Und so macht sie ihr Ding. Sie schreibt Thriller. Spannend, actionreich, detailgetreu und realistisch.

In „Zerberus“ ließ sie Navy Seals mit Beamten des LKA Hamburg zusammenarbeiten. Die Beamten wohnten in Ahrensburg und enttarnten eine Oldesloer Firma als Giftgas-Produzenten. Verfolgungsjagden über die B75 und quer durch die Städte, Szenen am Ostseestrand und in Hamburgs Prachtstraßen sowie mehrere Schießereien zeichneten ihr Debüt bei LYX aus. Dass ihre Thriller in Stormarn und Hamburg spielen, ist kein Zufall. „Man schreibt darüber, was man richtig gut kennt“, sagt Ross. „Das sind alles Orte, wo ich selbst war.“ Besonders die Ostsee hat es ihr dabei angetan. Sie darf wie der Single Malt in keinem Roman fehlen. „Direkt am Meer finde ich Inspiration. Das ist Erholung pur“, sagt die Autorin. Ihr Traum sei deshalb, in einem Haus am Meer zu wohnen und vom Schreiben leben zu können.

Dass in ihren Büchern LKA und Navy Seals zusammenarbeiten, kommt auch nicht von ungefähr. Während eines Schüleraustauschs in den USA lebte sie in einer Militärfamilie. „Seitdem habe ich eine Affinität für das amerikanische Militär“, gesteht die Autorin. Eine genaue Recherche ist Ross wichtig: „Ich frage Bekannte von mir – eine Staatsanwältin, Polizisten und Soldaten – wie Waffen funktionieren, welche Anträge und Gesetze es gibt.“ Die Berichte der Soldaten, wie es in Afghanistan in den Truppenunterkünften zugeht, findet sie besonders interessant. „Einer erzählte mir, dass in der Basis Radarkontrollen gemacht wurden, ob die Wagen wirklich Schritttempo fahren“, sagt Ross und schüttelt den Kopf. Sie baut solche abstrusen Geschichten in ihre Romane ein – und bekommt immer wieder von Soldaten die Rückmeldung: „So ist es. Endlich schreibt mal jemand, wie das wirklich ist.“

Wilde Verfolgungsjagd und Schusswechsel in der Schlossstadt

Über solche Kommentare freut sich Ross natürlich. Überhaupt ist ihr der Austausch mit ihren Lesern wichtig. Obwohl sie Facebook „furchtbar“ findet, hat sie auf Wunsch des Verlags eine Seite eröffnet und steht mit ihren Lesern in regem Kontakt. Sie veröffentlicht dort Zitate und lässt Anregungen und Kritik zu. „Dieser direkte Kontakt ist toll“, sagt Ross. „Ich bekomme wertvolle Kritik. Aber ich muss aufpassen, denn Facebook ist ein Zeitfresser.“

Während des Lektorats prüft Ross, ob sich örtliche Gegebenheiten geändert haben. Deshalb sitzt sie auf einer Bank vor dem Ahrensburger Badlantic. „Da drüben wird ja so was von heiß geschossen im nächsten Band“, verrät die Autorin und deutet auf den Parkplatz. „Und es gibt eine wilde Verfolgungsjagd durch die Innenstadt.“ Während der gestern erschienene Roman „Hydra“ Heroinhandel in den gehobenen Hamburger Gesellschaftskreisen thematisiert, geht es im folgenden Thriller um das brisante Thema Kinderhandel. Dieser Roman, der den Titel „Nemesis“ trägt, erscheint im ersten Quartal 2015 und spielt zu großen Teilen in der Schlossstadt.

Ross ist wichtig, den Lesern „einen anderen Blick“ auf die Dinge aufzuzeigen. „In ,Zerberus‘ habe ich ja auch gezeigt, wie dreckig es bei den Reichen zugeht und wie diese dennoch besonders geschützt sind durch ihr Ansehen“, sagt Ross, die ihr Alter nur zögerlich mit 47 angibt. Lieber sagt sie: „Ich bin eine Frau in den besten Jahren.“ Auf die Themen komme sie durch Nachrichten, Gespräche und Alltagssituationen. Die Autorin sagt: „,Nemesis’ hat einen realen Hintergrund. Nur in der Realität gab es kein Happy End.“ Ein befreundeter Polizist habe ihr von dem Fall erzählt und davon, dass keineswegs nur Mädchen, sondern ebenso viele Jungen auf der Liste der Kinderhändler stünden.

Die Recherche habe sie sehr mitgenommen, gibt Ross zu. „Mein Sohn, zehn Jahre alt, blond und braune Augen, steht vom Typ her an erster Stelle auf der Liste solcher Kinderhändler.“ Sie habe nächtelang am Computer gesessen, geschrieben und dabei geweint. Der Grund: „Die Geschichte wurde plötzlich so real, wenn ich mir vorgestellt habe, dass das mein Sohn sein könnte.“ Die Autorin konnte nicht mehr ruhig schlafen, so sehr bewegten sie die Thematik und die scheinbare Machtlosigkeit der Behörden in der Realität. „,Nemesis’ ist mein Lieblingsbuch, weil mir das Thema am Herzen liegt“, sagt Ross.