Online-Konkurrenz: Ahrensburger Geschäftsmann Florian Palm will zeigen, wie eine Welt ohne Einzelhändler aussähe

Ahrensburg. Wenn er ein Künstler wäre, könnte man Florian Palm wohl einen Jungen Wilden nennen. Einen, der neue Wege gehen und mal so richtig provozieren will. Und genau das will der Ahrensburger Geschäftsmann auch. Nicht weil er Spaß dran hätte. Im Gegenteil: Er ärgert sich. „Viele Leute lassen sich in den Läden kostenlos beraten und kaufen das Produkt anschließend im Internet zum günstigsten Preis ein“, sagt des Inhaber des Sportgeschäftes Motschnigg. Der Online-Handel ist für ihn ein rotes Tuch, eine Bedrohung. Verständlich. Laut Auskunft des Einzelhandelverbandes Nord in Kiel macht das Online-Geschäft bundesweit bereits neun Prozent des Jahresumsatzes aus – mit steigender Tendenz. „Wenn das so weitergeht“, sagt Florian Palm, „ist der Einzelhandel in Ahrensburg in zehn Jahren ausgestorben.“

Seine Prognose ist düster. Abfinden will er sich mit der Entwicklung allerdings nicht. Genauso wenig wie die Bargteheider Kaufleute, die – wie berichtet – mit einer stärkeren Internetpräsenz Kunden anlocken wollen. Der Inhaber des Sportgeschäftes möchte gern etwas radikaler an die Sache herangehen. Seine Idee, um die Leute an die Bedeutsamkeit des Einzelhandels zu erinnern: Alle Ahrensburger Einzelhändler sollten aus Protest ihre Läden mal komplett schließen. Florian Palm: „Dann würde es den Kunden einleuchten, dass man nur mit dem Online-Handel nicht weit kommt.“

Ein ungewöhnlicher Vorschlag, der beim Einzelhandelsverband Nord mit Interesse zur Kenntnis genommen wird. „Die Idee ist bedenkenswert“, sagt Monika Dürrer, Verbandsgeschäftsführerin in Kiel. Grundsätzlich sei das jedoch der falsche Ansatz. Dürrer: „Mit solchen Aktionen bindet man sich die Beine ab.“ Der Einzelhandel müsse stattdessen auf veränderte Kundenwünsche reagieren, um handlungs- und konkurrenzfähig zu bleiben.

„Es dreht sich auch nicht um den Kampf Einzelhandel gegen Online-Handel“, sagt die Kieler Verbandsgeschäftsführerin. Das Zauberwort laute: miteinander. Dürrer: „Beide Welten zu verbinden und die Situation umzudrehen wird die wichtigste Leistung für den Fachhandel der Zukunft sein.“ Anders ausgedrückt: Es gehe darum, herauszufinden, wie die Stärken des stationären Geschäfts die Vorteile des globalisierten Handels befördern können. Und das mit dem Hintergedanken, eine Art Jojo-Effekt auszulösen, der sich wiederum positiv auf die Einzelhandel auswirkt und den Kundenstrom letztlich zurück in die Läden lenkt.

So hätten junge Leute in Rostock unter dem Label „Stadtgestöber“ einen Barcode entwickelt. Den von der Ware im Schaufenster abgescannt, könnte der Kunde die Ware online bestellen, auch wenn das Geschäft geschlossen ist. Das wäre eine Wunderwaffe gegen den Frust von Kunden, die es nicht rechtzeitig bis Ladenschluss geschafft haben und trotzdem nicht unverrichteter Dinge wieder abziehen müssten.

Auch andersherum könne es funktionieren, wie eine Studie der Hochschule Niederrhein, des Handelsverbandes Deutschland und der Internetplattform kaufda zeige. „Stellen sie sich vor, sie kommen im Hotel an und stellen fest, die Strumpfhose hat eine Laufmasche“, sagt die Kieler Verbandsgeschäftsführerin Monika Dürrer. „Über den Zusammenschluss des Einzelhandels mit dem Internetportal könnten Sie in Sekundenschnelle herausfinden, wo Sie was in dem Ort kaufen können.“ So würde mithilfe der neuen Technik der Weg zum Laden befeuert.

In der jetzigen Situation reiche es manchmal aber schon, den Internetauftritt des Ladens zu verbessern – mit genauer Angabe der Öffnungszeiten, einer präzisen Wegbeschreibung und dem schnellen Zugriff auf Kontaktdaten. Diesen Weg geht der Ring Bargteheider Kaufleute (RBK). „Wir nutzen jetzt auch die sozialen Netzwerke. Auch für unseren Verband“, sagt Pressesprecherin Tanja Wilke. In nur acht Wochen hätten bei Facebook 1000 Menschen die RBK-Seite besucht. Wilke: „Das sind natürlich noch keine Kunden. Aber wir hoffen, dass einige hängen bleiben und auch in unsere Läden kommen.“

Die Geschäfte zur Warnung einfach mal zu schließen ist die Idee von Florian Palm. Der Inhaber der Sportgeschäftes weiß aber auch, dass das nur ein einmaliges Wachrütteln sein könnte. So versucht er durch Änderung des Sortiments dem Online-Handel entgegenzusteuern. Mit ihm konkurrieren zu wollen, sei allerdings aussichtslos. Palm: „Als Einzelhändler kann man im Internet eigentlich nur bestehen, wenn man ein Nischenprodukt anzubieten hat.“ Der Ahrensburger Einzelhändler möchte sein Geschäft aber auch gar nicht unbedingt im World Wide Web etablieren. „Der persönliche Kontakt, ist das, was mir an meinem Beruf am meisten Spaß macht.“ Den Kunden gehe es ähnlich, meint die Verbandssprecherin Monika Dürrer: „Menschen sind soziale Wesen. Auch in der globalisierten Welt fangen die Kunden an, sich wieder in ihrem kleinen Laden vor Ort einzukuscheln.“

Silke Hagedorn von der Bückerecke Hagedorn in Trittau versucht dennoch seit einem Jahr, sich mit der Einführung eines Online-Shops dem Trend anzupassen. Mit gerade einmal fünf Prozent des Gesamtumsatzes allerdings ohne Erfolg, wie die Inhaberin des Ladens berichtet. „Der Shop im Internet ist alles andere als lohnenswert“, sagt sie. Gerade der Online-Riese amazon stelle eine Konkurrenz dar, mit der keine Einzelhandels-Bücherei mithalten könne. Wie es um ihre Bücherecke in zehn Jahren steht – darüber möchte sie sich gar keine Gedanken machen.