Reform des Finanzausgleichs trifft Kommunen im Süden des Kreises besonders hart

Ahrensburg. Im Kieler Innenministerium wurde in den vergangenen Monaten viel gerechnet und nachjustiert. Jetzt steht die finale Fassung der Reform des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) samt überarbeitetem Zahlenwerk, die der Landtag Mitte November absegnen will – mit negativen Folgen für Stormarn. Zahlreiche Kommunen und der Kreis selbst gehören zu den Verlierern der Neuregelung. Sie müssen im kommenden Jahr kräftig zuzahlen. Die Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn beantwortet die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.

Was steht hinter dem Begriff kommunaler Finanzausgleich?

Es geht um sehr viel Geld, dass ab 2015 nach einem neuen Schlüssel umverteilt werden soll: nämlich 17,7 Prozent der Steuereinnahmen Schleswig-Holsteins, knapp 1,5 Milliarden Euro. Diese Summe weist das Land den Kommunen und Kreisen zu. Der Finanzausgleich soll garantieren, dass die Lebensbedingungen überall im Land einigermaßen gleich sind. Daher müssen mit dem Geld die finanzschwachen Kommunen gestärkt werden.

Warum will die Regierungskoalition die FAG-Reform unbedingt jetzt?

„Das System ist verstaubt und nicht mehr gerecht, Geld wird willkürlich verteilt“, sagt der Stormarner SPD-Landtagsabgeordnete Tobias von Pein. Ein Beispiel: Trotz des Mauerfalls erhalten einige Kommunen noch immer eine Zulage wegen ihrer „Zonenrandlage“. Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sprach von Verwerfungen im Land, die man wieder in Balance bekommen müsse. Künftig berücksichtigt der kommunale Finanzausgleich in erster Linie die Soziallasten der Kommunen. Der ehemalige Innenminister Andreas Breitner (SPD) hatte die Novellierung angestoßen und versprochen, den Ausgleich transparenter und nachvollziehbarer zu gestalten.

Wer sind die Gewinner und Verlierer der Neuregelung?

Zehn von elf Kreisen im Land und Kommunen mit starker Wirtschaftskraft verlieren Geld. Der Kreis Stormarn ist mit 9,8 Millionen Euro dabei, während die kreisfreien Städte Lübeck, Flensburg, Neumünster und Kiel extrem vom neuen System profitieren. So fließen knapp 8,7 Millionen Euro mehr in die Kasse der Landeshauptstadt. Am heftigsten in Stormarn trifft es Oststeinbek mit 522.000 Euro Mehrabgabe. Im ersten FAG-Entwurf im September 2013 war es noch ein Minus von knapp 960.000 Euro.

Warum wurden vom Innenministerium gleich dreimal neue Zahlen vorgelegt?

„Das hängt mit dem Verfahren zusammen, dass Andreas Breitner gewählt hat. Er wollte die Folgen immer offenlegen“, sagt der Stormarner SPD-Landtagsabgeordnete Martin Habersaat. Der zurückgetretene Innenminister hatte versucht, viel Überzeugungsarbeit im Land zu leisten. Auch war er mehrfach in Stormarn, um Verwaltungschefs und Politiker von seinem Vorhaben zu überzeugen – ohne Erfolg.

Anregungen nahm er jedoch mit nach Kiel, ebenso versuchten die Abgeordneten aus den jeweiligen Kreisen, noch einmal mehr für ihre Region herauszuholen. Deshalb wurde mehrfach an Stellschrauben gedreht, zum Beispiel die Finanzausgleichsumlage aus dem ersten Entwurf zwischenzeitlich von 60 auf 40 Prozent gesenkt. Jetzt beträgt sie 30 oder 50 Prozent, je nach Steuerkraft der Kommune. Skurril: Bei einer FAG-Version war eine falsche statistische Grundlage verwendet worden. Der Gesetzentwurf musste korrigiert werden. Für die Berechnung gründete das Innenministerium eine Projektgruppe. Laut Tobias von Pein umfasst diese zehn Mitarbeiter, darunter auch externe Experten.

Welche Auswirkungen hat die Reform für Stormarns Kommunen?

Das neue Finanzausgleichsgesetz trifft die Stormarner Geber-Kommunen doppelt. Denn der Kreis plant die Erhöhung der Kreisumlage um bis zu drei Prozentpunkte. „Zwei Prozentpunkte bedeuten für uns eine zusätzliche Belastung von 300.000 Euro“, sagt Barsbüttels Bürgermeister Thomas Schreitmüller. Durch das neue FAG verliert die Gemeinde ohnehin schon 334.000 Euro. Der Verwaltungschef: „Als Folge müssen wir uns noch mehr einschränken. An Schuldenabbau ist nicht zu denken.“ Reinbeks Verlust (484.000 Euro durch FAG-Reform) würde durch eine um zwei Prozentpunkte erhöhte Kreisumlage sogar auf 1,1 Millionen Euro steigen. Ahrensburg, durch die Neuregelung des Finanzausgleichs um 134.000 Euro schlechter gestellt, würde in diesem Fall rund 950.000 Euro weniger als jetzt in der Kasse haben.

Was sagen die Stormarner SPD-Vertreter in Kiel zur Reform?

Martin Habersaat und Tobias von Pein werden für die Gesetzesänderung votieren. Kritik dafür gibt es auch von einigen Genossen. So sagt Oststeinbeks SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Höft: „Von ihnen hätte ich mehr Durchsetzungsvermögen innerhalb der Landtagsfraktion erwartet. Es genügt nicht, viel und mit allen zu kommunizieren. Erfolge für die Kommunen im Wahlkreis müssen sichtbar sein.“ Laut Habersaat ist das neue Gesetz besser als das alte. „Das sagen selbst Bürgermeister, deren Kommunen künftig mehr zahlen müssen, hinter vorgehaltener Hand.“ Von Pein hat zwar „ein kleines bisschen Bauchschmerzen als Vertreter einer Region, die zusätzlich belastet wird“. Er sagt aber auch: „Der Kreis Stormarn hat in den vergangenen Jahren immer sehr konservativ geplant und im Schnitt elf Millionen Euro an Überschüssen erzielt. Die Reform wird dem Kreis nicht das Genick brechen.“ Habersaat und er hätten alles versucht, damit es erträglich werde. „Dass Stormarn im kommenden Jahr zusätzlich 761.000 Euro für Infrastrukturmaßnahmen bekommt, dafür haben wir uns im Zuge der FAG-Diskussion vehement eingesetzt.“

Wie ist der weitere Fahrplan für die FAG-Reform in Kiel?

Am Mittwoch wird der Innen- und Rechtsausschuss in Kiel die neue Fassung des Finanzausgleichsgesetzes absegnen. Die finale Abstimmung im Landtag erfolgt zwischen dem 12. und 14. November. Dann muss die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und SSW Geschlossenheit zeigen. Da sie nur über eine Stimme Mehrheit im Parlament verfügt, würde ein Abweichler das Gesetz kippen.