Im Kreis gibt es deutlich mehr offene Ausbildungsplätze als Bewerber. Firmen müssen künftig noch härter um Nachwuchs kämpfen. Auch Studienabbrecher sind willkommen

Bad Oldesloe. Die Zeiten sind gut für junge Leute, die einen Ausbildungsplatz suchen – und sie werden immer besser. Das geht aus den Zahlen zum Ausbildungsjahr 2013/2014 hervor, die die Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe jetzt präsentiert hat. Demnach gab es erneut deutlich mehr offene Stellen als Bewerber: Auf 1406 gemeldete Ausbildungsplätze in Stormarn kamen 1245 Bewerber. Gegenüber dem vergangenen Jahr sank die Zahl der angebotenen Stellen um 29, aber die Zahl der Bewerber ging sogar um 64 zurück. Lediglich 32 Bewerber hatten Ende September noch keine Stelle, das waren neun weniger als 2013. 49 Stellen waren noch unbesetzt, sechs mehr als im Vorjahr.

Die Zahlen zeigen eine Entwicklung, die den Arbeitgebern schadet, aber Jobeinsteigern nützt. „Die Firmen bekommen einfach immer weniger Bewerbungen. Wenn es früher einmal 20 auf einen Job waren, sind es heute vielleicht noch fünf“, sagt Klaus Faust, operativer Geschäftsführer der Agentur für Arbeit. Adelbert Fritz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Stormarn, bestätigt das: „Wir haben in allen Bereichen offene Stellen. Die meisten im Elektroniker-Handwerk und im Sanitärbereich sowie bei den Maurern und Zimmerern.“

Klaus-Dieter Schmidt, zuständig für Aus- und Weiterbildung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck, sagt: „Besonders in der Gastronomie ist viel offen.“ Sehr begehrt bei jungen Leuten seien hingegen Berufe wie Mediengestalter und -designer.

Einen Hauptgrund für den langfristigen Rückgang der Bewerberzahlen nennt Heike Grote-Seifert, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur: „Es gibt einen Trend zur weiterführenden Schule.“ Der demografische Wandel zeige sich noch nicht. Grote-Seifert: „Der kommt erst noch. Und das heißt: Die Firmen müssen sich dann noch stärker um die jungen Leute bemühen.“

Laut Heike Grote-Seifert sind Lehrlinge, die mit 15 oder 16 Jahren anfangen, immer seltener. „Der typische Auszubildende ist heute eher 18, 19 Jahre alt. Es gibt auch immer mehr Spätstarter, die mit Mitte, Ende 20 oder sogar noch mit Anfang 30 beginnen.“

Manche dieser Spätstarter würden eine Weile jobben, bevor sie sich dann für etwas Fundierteres entscheiden. Außerdem gebe es immer mehr Studienabbrecher, die sich auf Stellen bewerben. Dazu Rüdiger Hildebrandt, Leiter der Beruflichen Schulen des Kreises Stormarn: „Wir haben 16 junge Leute in den Mechatroniker-Klassen, vier davon haben ein Studium abgebrochen.“ Fälle wie diese gebe es immer mehr.

Das bestätigt auch Christian Maack, Geschäftsführer der Handwerkskammer Lübeck. Er betont auch, dass für solche Bewerber die Chancen gut seien, später in Führungspositionen einzurücken. Welche Studiengänge sie einmal belegt haben, sei gar nicht so wichtig. „Entscheidend ist, dass die Leute Interesse am Handwerk haben.“

Auf der anderen Seite sind Firmen unzufrieden mit vielen Bewerbern, die von der Schule kommen – auch das wurde betont. „Nach wie vor wird oft die Ausbildungsreife bemängelt“, sagt Klaus-Dieter Schmidt. Probleme gebe es oft in den Bereichen Mathematik und Deutsch. „Die Ausbildung wurde deshalb schon umgestaltet. Wir müssen eben mehr Zeit investieren.“

Heike Grote-Seifert appelliert an die Unternehmen, sich auch Bewerber anzusehen, die nicht so gute Noten haben. Diese seien häufig besonders motiviert. Außerdem sollten die Firmen mehr jungen Müttern die Chance geben, eine Ausbildung in Teilzeit zu machen. „Die Möglichkeit wird noch selten genutzt. Vielleicht auch deshalb, weil sie noch nicht so bekannt ist.“ Sie stellt erfreut fest, dass heute auch „Spätstarter“ noch eine Chance bekommen. Die Arbeitsagenturchefin sagt aber auch: „Niemand ist gezwungen, weiter zur Schule zu gehen.“

Außerdem sei es nicht gut für Jugendliche, allzu lange auf den Traumberuf zu warten. Besser sei es, erst einmal etwas anzufangen. Dazu nannte sie das Beispiel einer bekannten Moderatorin und Sängerin: „Ina Müller hat auch erst eine Ausbildung zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin gemacht und in Apotheken gearbeitet, bevor sie irgendwann entdeckt wurde.“