Ein Beinahe-Zusammenbruch von Marvin Mertens

Es war einer dieser Tage, an denen ich morgens besser im Bett geblieben wäre. Am Bahnhof der erste Schock: Meine Kopfhörer liegen sicher in meinem Zimmer, also keine Musik auf dem Weg zur Arbeit. Halb so wild, denke ich. Bis zur nächsten Station, als zwei Kindergartengruppen das Abteil entern. Die kleinen Schreihälse begleiten mich fast 30 Minuten lang zur Arbeit. Dann herrscht Stille.

Vor der Tür des Büros wird fleißig gebohrt, gesägt und gefräst. Der beständige Geräuschpegel versetzt mich mit der Zeit in eine Art Trance, die Wörter tanzen vor meinen Augen. Bevor ich mich verliere, stoppt der Lärm abrupt. Nicht nur ich, auch die Kollegen schrecken auf. Diese Ruhe – ist ebenfalls nicht von langer Dauer.

Nun hat jemand auf der anderen Seite unserer Räume seine Chance gewittert und begonnen, eifrig auf etwas einzuhämmern. Er konzentriert so viel Energie auf das Schwingen des Hammers, dass ich den Drang verspüre, ein wenig auf ihn einzuhämmern. Doch schon ist das Hammer- Intermezzo des Baustellenmusikers beendet, denn nun reißt ein weiterer Lärmkönig das Dezibel-Zepter an sich. Uff-ta, Uff-ta, Uff-ta, dröhnt es aus den Boxen eines Autos. Das Großraumbüro wird zur Großraumdisco. Schon meine ich, Horden betrunkener Jugendlicher zu hören, die grölend und ungelenk tanzen. Dann ist der Spuk vorbei. Ich bin mit meinen Nerven am Ende. Morgen habe ich die Kopfhörer wieder dabei.