Karl-Heinz Schoenfeld, der lange in Ahrensburg lebte, hat zum Jubiläum dieser Zeitung sieben Werke geschaffen. Morgen exklusiv im Abendblatt

Potsdam. Karl-Heinz Schoenfelds linke Hand huscht in schnellen Bewegungen über das Papier. Seine Finger umfassen einen Tintenstift, der präzise gesetzte Linien zeichnet. Eine Lampe beleuchtet den Schreibtisch, an dem der Karikaturist sitzt. Darauf liegen Stapel mit Papieren und Zeitungen, Becher mit Pinseln und Stiften in verschiedenen Stärken stehen dazwischen.

Vor dem Schreibtisch sitzt der Karikaturist selbst. Seine Augen blicken durch die Brillengläser, von seinem Körper bewegen sich nur die linke Hand und die Augen, die deren flinke Bewegungen überwachen.

Die Karikatur vor Karl-Heinz Schoenfeld ist eine von sieben, die er anlässlich des 65. Geburtstags der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn beziehungsweise deren Vorgängerin, der „Ahrensburger Zeitung“, zeichnet. Eigentlich sollte es eine werden, aber der große Künstler hatte einfach zu viele Ideen. Sieben also. Am morgigen Mittwoch sind sie exklusiv auf dem Titelblatt einer zehnseitigen Jubiläums-Sonderausgabe zu sehen, die der Regionalausgabe Stormarn beiliegt.

37 Jahre hat der heute 86-Jährige für das Abendblatt gearbeitet, „ein bis zwei Karikaturen habe ich da täglich gemacht“, sagt er. 20.000 bis 25.000 Werke hat er veröffentlicht, schätzt er selbst. Die Originale könne er kiloweise verkaufen.

Wenn die Ideen mal ausgehen, legt Schoenfeld sich ein bisschen hin

Der Karikaturist zeichnet seit 62 Jahren. Gehen einem da nicht irgendwann die Ideen aus? „Nein“, sagt Karl-Heinz Schoenfeld. „Das ist wie Laufen: Irgendwann weiß man eben, wie es geht.“ Inspiration bekommt der 86-Jährige aus Zeitungen und aus Gesprächen mit ihm bekannten Journalisten und Kommentatoren. „Manche Artikel, die ich lese“, sagt er, „sind so bildlich geschrieben, dass ich die Karikatur dazu schon fast greifen kann.“

Natürlich brauche es dazu auch eine kleine Portion Fantasie. „Und manchmal gibt es auch kreative Hänger, sodass einem partout nichts einfallen will“, erinnert sich Schoenfeld. Früher wurde er dann schnell nervös. „Aber im Alter lege ich mich erst einmal hin. Dann kommen die Ideen von allein.“

Das Alter hat Karl-Heinz Schoenfeld kaum gezeichnet. „Ich halte mich auch fit, gehe dreimal die Woche fünf Kilometer joggen mit meiner Frau“, sagt er. Nur die linke Hand, mit der er normalerweise zeichnet, macht langsam nicht mehr richtig mit. Kein Problem für Schoenfeld: „Erstaunlicherweise war es recht leicht, manchmal auf die rechte Hand umzusteigen.“

Eigentlich sollte Karl-Heinz Schoenfeld Feinmechaniker werden. „Meine Mutter, eine Lehrerin, sagte zu mir: Du gehst nicht in die Kunst wie dein Vater. Du machst was Vernünftiges.“ Also absolvierte Schoenfeld die von ihm verlangte Ausbildung und studierte anschließend Ingenieurswesen.

„Aber als der Krieg zu Ende war, hielt mich nichts mehr. Ich bewarb mich an der Akademie für bildende Künste in Berlin und bekam einen Platz“, erinnert sich der Karikaturist. Mit Farben konnte der junge Schoenfeld nicht umgehen – das war zumindest das, was ihm sein Professor damals sagte. Aber nur, um ihm gleich darauf zu attestieren: „Du hast ein Auge für die Grafik.“ Schoenfeld nahm es sich zu Herzen und studierte noch sechs Semester am Institut für Pressezeichnen.

„Mit 23 veröffentlichte ich meine erste Karikatur“, sagt Schoenfeld. „Von einer politischen Stellungnahme konnte da aber noch nicht wirklich die Rede sein, denn sie war für die ‚Junge Welt‘: eine Zeitung, die in der DDR von der Parteispitze gegengelesen wurde.“

Über den Ullstein-Verlag kam er zu Axel Springer in Berlin. „Dann wechselte mein Chefredakteur nach Hamburg. Als er mich nachholen wollte in den Norden, sagte ich Ja.“

In Schoenfelds Arbeitszimmer hängen Fotos des Künstlers mit bekannten Persönlichkeiten: Eine Aufnahme zeigt ihn mit Franz-Joseph Strauß, eine andere neben Willy Brandt. „Ja, mit denen war ich gut bekannt“, sagt Schoenfeld und sieht sich über den Rand seiner Brille die Fotografien an. „Willy Brandts Kinder habe ich ein paarmal um den Schlachtensee gefahren. Und Gorbatschow – das war viel später – wollte sieben Karikaturen von mir haben, in denen ich seine Politik karikieren sollte.“

1961 also zog Schoenfeld nach Hamburg. Er bezog zunächst eine Verlagswohnung in Volksdorf. Als er heiratete, zog er mit seiner Frau in ein Haus in Ahrensburg. „Wir wohnten sehr schön am Eschenweg“, erinnert er sich. Dann kam es jedoch zur Scheidung, und Karl-Heinz Schoenfeld zog in eine Wohnung an die Otto-Schumann-Straße, zusammen mit seiner Christa. „Im Obergeschoss war ein tolles, großes Atelier“, erinnert sich Christa Schoenfeld, die gerade Tee und Kekse in das Arbeitszimmer bringt. „Da konnte man gut leben.“

Er erinnert sich gern an die legendäre „Griechen-Runde“ in Ahrensburg

Karl-Heinz Schoenfeld nickt. „Das Leben in Ahrensburg ist ganz besonders. Es hat etwas Uriges. Man freute sich immer, über den Markt zu gehen und die vielen bekannten Gesichter zu erblicken.“ Es sei eine Stadt mit Gemüt, meint das Paar. Jede Woche am Sonnabend traf sich Schoenfeld mit der Ahrensburger „Griechen-Runde“. Er muss grinsen, als er daran zurückdenkt. „Wir diskutierten über Politik und alle möglichen Themen, und jeder brachte immer irgendwen mit.“ Wunderbar sei das gewesen, „eine tolle Runde. Viele Pädagogen waren dabei, Ahrensburg hat ja so viele Lehrer. Auch einen Arzt hatten wir dabei, einen Bildhauer, einen Musiker, AZ-Redakteurin Jutta Mommsen. Das Restaurant lag am Bahnhof, ein Grieche. Gibt es, glaube ich, heute noch.“

Nur einen, den hatte er „wirklich gefressen“ damals: Eckart Kuhlwein, seinerzeit SPD-Bundestagsabgeordneter. „Der sagte zu mir: ‚Karl-Heinz, schlag dir die Wiedervereinigung aus dem Kopf.‘ Tja, sehen wir ja heute, wer recht hatte.“

Für die Jubiläums-Karikaturen rief er alte Freunde an, um sich ein Bild von der Lage in Ahrensburg und Umgebung zu machen. „Ich bin nicht hingefahren, meine Freunde wussten gut Bescheid.“ Seit 14 Jahren lebt er nun in Potsdam. Vor zwei Monaten waren die Schoenfelds in Ahrensburg. „Wir haben Eis essend zwei Stunden lang die Straße betrachtet und gewartet, dass wir jemanden treffen.“ An dem Tag hatte das Ehepaar ausnahmsweise kein Glück.