Der Biomarkt Grünkern feiert seinen 35. Geburtstag – und profitiert seit Jahren vom Trend zu bewussterer Ernährung

Ahrensburg. Wenn Iris Behnke sich drastisch den Unterschied zwischen früher und heute vor Augen führen will, dann muss sie sich nur das Müsli-Regal in ihrem Biomarkt ansehen. „Schauen Sie nur, wie viele verschiedene Hersteller und Mischungen es gibt und wie vielfältig das alles verpackt ist. Das hat nichts mehr mit damals zu tun, als Bioläden ihr Müsli in großen Wannen selbst gemischt und möglichst karg in schlichten Papiertüten verpackt und mit der Hand beschriftet haben“, sagt sie.

Tatsächlich könnte der Kontrast zu diesen Erinnerungen an die späten 70er-Jahre kaum größer sein. Der Grünkern Biomarkt, den Iris Behnke und ihr Ehemann Burkhard Krebs in Ahrensburg betreiben, ist ein moderner Supermarkt mit hochwertigem und reichhaltigem Sortiment von einigen Tausend Artikeln. In diesen Tagen wird der 35. Geburtstag des Geschäfts gefeiert, das zu den ältesten Biomärkten in Schleswig-Holstein zählt. Wer die unternehmerische Leistung der beiden bewerten will, der sollte sich noch einmal vor Augen führen, dass sie mit einem Exoten-Projekt in einem Umfeld ohne Infrastruktur gestartet sind – als Bioladen-Kunden Außenseiter waren und als Müsli-Esser verspottet wurden.

Bevor Krebs und Behnke ins Geschäft einstiegen, hatten acht Enthusiasten im Oktober 1979 in der Hamburger Straße 194 den Laden Grüner Kern eröffnet. Name und Produkte standen für mehr als bewusste Ernährung, es sollte auch ein politisches Zeichen gesetzt werden. Die grüne Protestbewegung war im Entstehen, es wurde nach Alternativen in vielen Lebensbereichen gesucht, auch in der Lebensmittelherstellung und in der Ernährung.

Iris Behnke erinnert sich an die schwierigen Anfänge: Der erste Laden lag abseits, die Einkaufspolitik war unkoordiniert, Ware schwer zu beschaffen, weil es noch keinen Großhandel gab, und das Sortiment präsentierte sich entsprechend übersichtlich. Nachdem Burkhard Krebs 1980 den inzwischen verschuldeten Laden übernommen hatte, folgten schwierige Jahre in zu kleinen Ladenlokalen an der Waldstraße und an der Rathausstraße. „Unsere Jahresumsätze Anfang der 80er-Jahre waren eine Lachnummer – damit könnten wir heute keinen Monat überstehen“, sagt Krebs, der – learning by doing – zum Unternehmer wurde und noch zweimal den Standort wechselte. Den Firmennamen Grüner Kern wandelte er früh in das eindeutigere Grünkern um.

Die Bio-Pioniere Krebs und Behnke – quasi echte „Bioniere“ – profitierten von einem gesellschaftlichen Bewusstseinswandel, nicht zuletzt durch aufrüttelnde Ereignisse wie Tschernobyl oder den BSE-Skandal. Geändertes Konsumverhalten sorgte für reichhaltigeres Angebot und entsprechende Versorgungsstrukturen. „Seit Mitte der 80er-Jahre konnten wir auf verlässliche Bio-Produzenten und Großhändler setzen“, sagt Iris Behnke. 2009 wagte Grünkern den fünften Umzug auf eine 250-Quadratmeter-Ladenfläche in der Ahrensburger 1-A-Lage Hamburger Straße 1. „Das Risiko hat sich gelohnt“, sagt Behnke. Grünkern beschäftigt heute sechs Vollzeitkräfte, eine Teilzeitkraft und Aushilfen sowie eine Auszubildende. Wichtig sei, dass alle Beschäftigten so gut geschult würden, dass sie kompetent über das Auskunft geben könnten, was sie verkaufen. Denn die Kundschaft im Biomarkt sei anspruchsvoll.

Iris Behnke hat erlebt, dass Bio seit Jahren ein Wachstumsmarkt ist. Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), in dem 250 Hersteller, Groß- und Einzelhändler organisiert sind, bestätigt dies. 2013 wuchs der Naturkostfachhandel laut BNN um 10,5 Prozent auf ungefähr 2,5 Milliarden Euro. Gleichwohl beträgt der Bio-Umsatzanteil am Lebensmittelmarkt in Deutschland erst knapp vier Prozent, sagt der BNN, der seine Mitglieder alle zwei Jahre überprüft und zertifiziert.

„Es ist vielen Menschen nicht bewusst, dass Bio nicht teurer sein muss als die Ernährung mit industriell hergestellten Lebensmitteln“, sagt Behnke. „Man muss sich nur Zeit fürs Einkaufen und Kochen nehmen, also achtsamer sein und unnütze Einkäufe vermeiden.“ Grünkern hat sich außerdem auf viele Spezialwünsche eingestellt und deckt mit seinem Sortiment die wachsende Nachfrage nach Produkten für vegane, vegetarische, makrobiotische, laktosefreie und weizenfreie Ernährung ab. Auch Nichtvegetarier sollen gut bedient werden, mit Bio-Fleisch und Bio-Fisch aus der Region.

Iris Behnke und Burkhard Krebs sind seit 30 Jahren Vegerarier. Was die Ernährung anbelangt, denken beide undogmatisch. „Jeder sollte bei sich anfangen, aber man sollte tolerant bleiben“, sagt Behnke. Nur auf Öko-Zigaretten aus unbehandelten Tabakblätter haben sie aus Überzeugung verzichtet.