Überqueren der Bargteheider Umgehungsstraße sei gefährlich. Stadt ist nicht zuständig. Kreis sieht keinen Bedarf

Bargteheide. Melanie Jacobs ist von Bargteheides neuer Westumgehung überhaupt nicht begeistert. Tempo 70 ist dort erlaubt, denn Autofahrer sollen Bargteheide möglichst schnell umfahren können – und so die Innenstadt entlasten. Darum geht’s den Verkehrs- und Stadtplanern. Melanie Jacobs nicht. Sie ist Inhaberin der Pony-Reitschule am Zwergenwald (Raz), und die ist nun ausschließlich über den jetzt fertiggestellten zweiten Abschnitt der Westumgehung erreichbar ist. Die Frage ist nur: Wie? „So jedenfalls nicht. Wir brauchen dringend eine Druckampel“, sagt sie. „Ich habe Angst um die Kinder.“

Die Euphorie über die jüngste Einweihung des zweiten Teilstücks der Trasse kann Melanie Jacobs daher nicht teilen. „Das Gefahrenpotenzial ist falsch eingeschätzt worden“, sagt die Inhaberin der Reitschule, zu der jede Woche rund 300 Kinder kommen. Auch sehr kleine Kinder, denn Raz bietet eine besondere Form der Vorschule an: Eine Gruppe kommt begleitend zum Schuljahr vier Stunden täglich. In Kooperation mit einer Kindertagesstätte nehmen außerdem Gruppen von bis zu 20 Kindern am Reitunterricht teil.

„Wenn Tempo 70 erlaubt ist, fahren viele Autofahrer sicher auch noch schneller“, sagt Melanie Jacobs. Auch bei den Eltern regt sich Unmut. Petra Püttjer, deren Tochter bei Raz reitet, sagt: „Die geben hier ordentlich Gas. Blitzen würde sich sicher lohnen.“ Die als Querungshilfe gebaute Verkehrsinsel reiche jedenfalls nicht. Zumal es keine Beleuchtung gibt. Jacobs: „Und hier sind ja noch weitere Reiterhöfe und andere Betriebe und natürlich Anlieger.“ Die müssten die Straße doch auch gefahrlos überqueren können, um sicher in die Stadt zu kommen.

Bei mehreren Gesprächen im Rathaus habe sie auf das Problem aufmerksam gemacht, sagt Melanie Jacobs. Sie fühlt sich abgewimmelt. „Ich habe die Auskunft bekommen, eine Ampel sei hier nicht zulässig“, sagt sie. „Es heißt, der Verkehr müsse fließen.“ Für eine Ampel sei das Verkehrsaufkommen nicht hoch genug. Außerdem sei der Kreis Stormarn zuständig, nicht die Stadt Bargteheide.

Der Bargteheider Verwaltungschef bestätigt die Auskunft. „Eine Ampel ist hier zurzeit definitiv nicht geplant“, sagt Henning Görtz. Und weiter: Die Zuständigkeit für den zweiten Abschnitt der Westumgehung liege in der Tat beim Kreis und die Entscheidung über eine Ampel bei der Kreisverkehrsaufsicht.

Dort ist man über den Fall bereits informiert. „Frau Jacobs hatte mich schon angerufen, bevor der Bau der Straße überhaupt begonnen hatte“, sagt Hans-Jürgen Zimmermann, zuständiger Mitarbeiter der Kreisverkehrsaufsicht in Bad Oldesloe. „Jetzt bin ich den zweiten Abschnitt der Westumgehung abgefahren und habe die Verkehrsinsel als Querungshilfe entdeckt. Damit war das Thema für mir erledigt“, sagt Zimmermann. Denn eine Verkehrsinsel sei insbesondere für Kinder die bessere Variante. Sie müssten nur auf die Autos von einer Seite achten und könnten dann in der Mitte warten, bis auch die andere Seite frei sei. Druckampeln, die nicht so oft benutzt werden, stellten dagegen möglicherweise ein Gefahrenpotenzial dar. Zimmermann: „Die Autofahrer rechnen nicht unbedingt mit der Ampel und reagieren deshalb eventuell zu spät darauf.“

Melanie Jacobs und die Eltern der Reitschüler sehen das anders. Für sie ist eine Bedarfsampel die beste Möglichkeit, die Verkehrssicherheit für Kinder zu erhöhen. „Dass die Kinder in der jetzigen Situation die Übersicht haben, glaube ich jedenfalls nicht“, sagt Mutter Gabriele Baudach. Ausschlaggebend seien jedoch Zahlen, sagt der Mitarbeiter der Verkehrsaufsicht. Für den Bau einer Ampel müssten in Spitzenzeiten 50 bis 100 Fußgänger und mindestens 450 Fahrzeuge die Straße nutzen, und zwar zeitgleich in einer Stunde.“

Die Tatsache, dass es nun eine Verkehrsinsel gebe, mache die Sache für die Forderung nach einer Ampel nicht einfacher, sondern schwieriger. „Denn nun ist die Fahrbahn unterteilt. Und nun gelten 450 Fahrzeuge für jede der beiden Fahrspuren“, sagt Zimmermann. „Das heißt, in Spitzenzeiten müssten 900 Fahrzeuge in einer Stunde die Westumgehung passieren.“

Die Unterstützung der Anlieger seitens der Stadt könnte also möglicherweise nach hinten losgegangen sein. Denn Bargteheide hatte sich für den Bau der Verkehrsinsel starkgemacht. „Wir haben im Planungsausschuss intensiv über eine Ampel diskutiert“, sagt Bauamtsleiter Jürgen Engfer. Weil der Kreis als Baulastträger der Trasse von einem zu geringen Verkehrsaufkommen ausgegangen sei, habe man sich als Alternative auf eine Verkehrsinsel geeinigt. „Von uns kommt auf jeden Fall Rückenwind“, sagt Engfer. „Denn an der Westumgehung befinden sich nicht nur Reiterhöfe. Es geht auch um den Zugang zum dortigen Naherholungsgebiet.“ So habe die Stadt vorsorglich Stromleitungen zur Verkehrsinsel legen lassen. Engfer: „Falls doch noch eine Ampel gebaut werden sollte.“

Rückenwind können die Bürger gebrauchen. Vor allem dafür, eine Verkehrszählung zu erreichen. Viel Hoffnung macht Zimmermann den Anliegern allerdings nicht. Als Anhaltspunkt verweist er auf die sich an die Westumgehung anschließende Jersbeker Straße. „Dort haben wir weniger als 400 Fahrzeuge gezählt. Das reicht nicht.“ Andererseits gebe es im Straßenverkehr keinen Bestandsschutz. Alles müsse den Veränderungen angepasst werden. „Für den Südring wurde zunächst auch keine Ampel vorgesehen. Jetzt ist sie da.“ Wenn es nötig sei, werde sie auch für den Westring kommen. Und der Kreis müsste bezahlen. „Denn dann geht es nicht ums Geld, sondern um die Sicherheit“, sagt Zimmermann.

Ein Schreiben mit dem Wunsch, die Sache zu prüfen, müsste bei der Kreisverkehrsaufsicht allerdings schon eingehen. Das könnte vom Kreis, der Stadt oder jedem Bürger kommen – auch von Melanie Jacobs. Sie werde auf jeden Fall dranbleiben, sagt sie.