180 Menschen demonstrieren am Glinder Modeladen. Bürgermeister Zug lobt Zusammenhalt in der Stadt

Glinde. Sie kämpfen seit mehr als 1100 Tagen, halten Mahnwachen ab, gehen auf die Straße und sorgen mit regelmäßigen Veranstaltungen zum Thema Rechtsradikalismus für Aufmerksamkeit und Aufklärung. Das Ziel der Bürgerinitiative Glinde gegen rechts ist die Schließung des Bekleidungsladens Tønsberg am Glinder Berg. Dort werden seit September 2011 Artikel der Modemarke Thor Steinar verkauft, einem Label, das bevorzugt von Anhängern der rechten Szene getragen wird.

Längst ist die Initiative, die kurz nach Eröffnung des Geschäfts von engagierten Glinder Bürgern gegründet wurde, über die Grenzen ihrer Stadt hinaus bekannt für Standhaftigkeit und einen langen Atem. Am vergangenen Sonnabend bewiesen ihre Mitglieder gemeinsam mit dem Glinder Parteienbündnis zum wiederholten Mal, dass sie zum Aufgeben längst noch nicht bereit sind. Rund 180 Menschen beteiligten sich lautstark an dem Demonstrationszug vom Marktplatz zum Tønsberg-Laden. Unter dem Motto „Glinde könnte schöner sein – Tønsberg pack' ein!“ hatten viele von ihnen Umzugskartons dabei. „Wir helfen gerne beim Packen“, so Rolf Metschulat, Sprecher der Bürgerinitiative.

Unter den Demonstranten waren unter anderem Mitglieder des Ahrensburger Runden Tisches für Zivilcourage und Menschenrechte, Vertreter der Glinder Moschee, Glinder Politiker von den Grünen, SPD, CDU und Linke sowie Mitglieder des Bergedorfer Vereins für Völkerverständigung. Eine Gruppe Jugendlicher kam extra zur Kundgebung aus Lübeck angereist.

Beim Mahnwachenzelt, direkt gegenüber vom Laden an der Möllner Landstraße aufgestellt, nahm die Band „Gruppe Gutzeit“ die Demonstranten mit Musik in Empfang. Sozialkritische Textpassagen wie „Nazis raus aus unserer Stadt/weil sie davon schon genug gesehen hat/Ob Neo- oder Altfaschist/ist doch der gleiche Mist“ wurden laut beklatscht.

Hans-Jürgen Preuß bedankte sich in seiner Begrüßungsrede bei den vielen Unterstützern, die die Bürgerinitiative in den vergangenen drei Jahren gewonnen hat. Der ehemalige Pastor ist von Beginn an aktives Mitglied. „Wir stehen hier nicht nur für Glinde, sondern auch für Hamburg und ganz Schleswig-Holstein. Dieser Laden ist ein Symbol für rechtes Gedankengut, das wir hier nicht haben wollen.“

Glindes Bürgermeister Rainhard Zug machte in seiner Rede deutlich, wie stolz er auf den Zusammenhalt in seiner Stadt ist: „Es ist unglaublich, was die Initiative gemeinsam mit der Politik und den Vereinen auf die Beine gestellt hat.“ Lesungen mit Prominenten und Zeitzeugen, Fußballturniere, Lichterketten, Podiumsdiskussionen, Konzerte – die Vielfältigkeit des Engagements beeindruckt den Verwaltungschef. „Es ist ein friedlicher und vor allem sehr kreativer Protest. Ich höre immer wieder aus Hamburg und anderen Städten, dass Glinde in dieser Hinsicht als gutes Vorbild dient.“ Zug half dann auch tatkräftig mit, die Umzugskartons vor dem Geschäft zu stapeln. „Der Laden muss verschwinden“, sagte er.

Noch ist kein Ende des Mietverhältnisses von Tønsberg abzusehen. Das entmutigt die Glinder aber nicht. Sandra Seidel, 35, nimmt so oft es geht an den täglichen Mahnwachen von 17 bis 19 Uhr teil. „Wer hier einkauft, fühlt sich ganz offensichtlich der rechten Szene zugehörig. Auf solche Leute können wir verzichten.“ Mit lauten Pfiffen begrüßen die Mahnwächter jeden einzelnen Kunden. Das sei vielen unangenehm. Doch genau darum gehe es, sagt Seidel. „Wir sind nicht still. Die sollen sofort merken, dass sie hier unerwünscht sind.“

Im vergangenen Jahr wurde die Bürgerinitiative Glinde gegen rechts mehrfach ausgezeichnet: Das Bündnis für Demokratie und Toleranz (BfDT) stiftete einen mit 5000 Euro dotierten Preis, der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein verlieh ihr den „Leuchtturm des Nordens 2013“. Vom Auschwitz-Komitee erhielt die Initiative den Hans-Frankenthal-Preis und von der Stormarner SPD den Olof-Palme-Friedenspreis.

Aktuell sind die Glinder für den Deutschen Bürgerpreis in der Kategorie „Alltagshelden“ nominiert. Die Auszeichnung, ausgeschrieben vom Sozialausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages und den Sparkassen des Landes, gilt als der größte Ehrenamtspreis Deutschlands.