Post AG räumt Probleme bei der Briefzustellung ein. Gewerkschaft kritisiert zu hohe Arbeitsbelastung

Glinde. In Zeiten des schnellen E-Mail-Verkehrs, minütlich aufblinkender Nachrichten auf dem Handydisplay und ständiger Erreichbarkeit ist Post ein ruhiges Kontinuum: Jeden morgen öffnen wir den Briefkasten, entnehmen Briefe, Postkarten, Zeitungen und auch mal Werbung. Von verlässlicher Kontinuität kann in Glinde bezüglich der Postzustellung jedoch keine Rede sein. „Wir haben in der vergangenen Woche seit Mittwoch keine Zustellungen mehr erhalten“, sagt Emil Heucke. Und das liegt nicht daran, dass ihm und seiner Ehefrau Almut niemand schriebe. „Wir haben im Gegenteil auf dringende Post gewartet“, sagt der Anwohner der Kiebitzstraße.

Das Ehepaar Heucke hatte in der vergangenen Woche tansanischen Besuch. „Und dem sollten Untersuchungsergebnisse von seinem Arzt zugeschickt werden“, sagt Emil Heucke. Der Arzt bestätigte, dass die Post am Montag versendet wurde, der Brief mit den Ergebnissen und einem Rezept für Medikamente erreichte den Briefkasten in der Kiebitzstraße aber erst in der darauffolgenden Woche. „Das war schon zu spät“, sagt Heucke. „Da war unser Besuch bereits abgereist.“ Die Medikamente konnten mit einem zugefaxten Rezept abgeholt werden, aber auch Almut Heucke wartete vergeblich auf Post. Sie hält ein Ehrenamt im Prüfungsausschuss für Altenpflege in Hamburg inne und korrigiert Prüfungsarbeiten. „Für die Prüfungen gibt es Fristen, die muss meine Frau einhalten. Weil die Arbeiten eine Woche später ankamen, brennt es jetzt, sie hat ordentlichen Zeitdruck.“

Also begab sich Emil Heucke in den Telefondschungel der Deutschen Post. „Ich wählte mich durch Warteschleifen und Menüansagen, bis ich schließlich in Bonn landete.“ Seine Beschwerde wurde dann höflich aufgenommen, „von einer sehr freundlichen und mitfühlenden Stimme“, aber eine Rückmeldung gab es weder telefonisch noch auf erneute Anfrage per E-Mail.

Am Montagmorgen schließlich war der Heucksche Briefkasten wieder gefüllt. Die Post, die eigentlich Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Sonnabend kommen sollte, traf zur Mittagszeit ein. „Wir wissen nicht, ob sie dann nur kam, weil wir uns beschwert haben“, sagt Heucke. „Wir bekommen montags eigentlich nie Post“, sagt Gertrud Schöning. Harald und Gertrud Schöning sind Nachbarn der Heuckes, und auch sie bekommen ihre Post eher sporadisch und willkürlich zugestellt. „Meistens gibt es drei bis vier Tage keine Post, und dann kommt alles auf einmal“, sagt Gertrud Schöning. Sie hat beobachtet: In letzter Zeit wechsele das Personal häufiger.

Das Problem der späten Postzustellung scheint in Glinde kein Sonderfall zu sein. „Nein, ich kenne viele, die von so etwas erzählen“, sagt Sandra Schomburg aus der Königsberger Straße. Auch sie selbst ist betroffen: „Die Post wird anscheinend gesammelt und kommt dann gebündelt.“ Auch Zeitungen und Zeitschriften, die von der Post zugestellt werden, kamen am Montag statt am Donnerstag an.

Das Abendblatt berichtete Anfang Juni über ähnliche Fälle aus Bargteheide. Auch hier warteten Anwohner auf dringende Post. Die Absender bestätigten, dass die Briefe abgeschickt wurden, aber diese erreichten die Empfänger in manchen Haushalten erst fünf Tage später. Hier wies die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auf strukturelle Probleme bei der Deutschen Post hin: es gebe zu wenig Postzusteller. Die Deutsche Post dementierte dies.

So auch im Fall Glinde. „Es stimmt nicht, dass wir zu wenig Personal haben“, sagt Martin Grundler, Pressesprecher der Deutschen Post DHL Nord. Er bestätigt aber, dass es im konkreten Fall in Glinde zu Verspätungen in der Zustellung gekommen ist. „Die Stammzustellerin war im Urlaub. Die Vertretung war wohl überfordert und musste die Zustellung abbrechen, als die maximale Arbeitszeit von zehn Stunden plus Pausen überschritten war.“ Eigentlich soll die Route dann am nächsten Morgen dort weiter gehen, wo am Abend zuvor aufgehört wurde. „Sonst schiebt man eine Bugwelle vor sich her“, sagt Grundler. „Anscheinend hat sich die Vertretung aber nicht an diese Regel gehalten. Wir entschuldigen uns für die Ausfälle.“

Maik Brandenburger von der Kommunikationsgewerkschaft DPVKOM sagt hingegen: „Auf jeden Fall fehlt bei der Deutschen Post Personal. So sind die Zusteller überlastet: Sie müssen mehr austragen und länger arbeiten.“ Diese Entwicklung sei seit einigen Jahren zu beobachten.

Grundler und Brandenburger sprechen übereinstimmend von hohen Krankenständen. Brandenburger: „Die Arbeitsbelastung ist unglaublich hoch. Wir bekommen viele Meldungen von Betriebsräten, dass die Zusteller auf dem Zahnfleisch gehen. Die können nicht mehr.“