Schauspieler tritt bei der Nacht der Kirchen auf. Der 79-Jährige fordert tatkräftige Hilfe

Reinbek. Großes Engagment zeigt der Schauspieler und Synchronsprecher Rolf Becker nicht nur im Beruf, sondern auch politisch und sozial. Für die Lampedusa-Flüchtlinge in Hamburg setzt er sich ein, seit sie in seiner Heimatstadt sind. „Ich bin ein Kind des Zweiten Weltkrieges“, sagt der 79-Jährige über seine Beweggründe. Er kennt Menschen, die im Krieg vor den Nazis geflohen sind. „Sie waren darauf angewiesen, irgendwo Asyl zu finden.“ Es sei wichtig, dass es in der Not Menschen gibt, die helfen.

Die in Hamburg lebenden westafrikanischen Flüchtlinge waren Arbeitsmigranten in Libyen, als dort im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 der Bürgerkrieg ausbrach. Über die italienische Insel Lampedusa gelangten sie nach Hamburg. Auch die elf Menschen, die seit Anfang April in einem Gemeindehaus der Nathan-Söderblom-Kirche in Reinbek wohnen, kamen auf diesem Weg nach Deutschland. Sie flohen vor Folter und Krieg, als islamistische Rebellen ihre Heimatorte in Mali stürmten (wir berichteten).

Bei der Nacht der Kirchen in Reinbek trifft Rolf Becker die Mali-Flüchtlinge am Sonnabend, 6. September, um 18 Uhr. „Wir haben eine ähnliche Veranstaltung schon in einer Bergedorfer Kirche gemacht“, sagt Becker. Er bereitet eine literarische Darbietung vor. „Wie die inhaltlich aussieht, weiß ich noch nicht so genau. Ich feile immer bis zuletzt an den Texten.“ In jedem Fall möchte er ein Zitat von Papst Franziskus einfließen lassen.

Anke Heidorn vom Helfer-Netzwerk Fluchtpunkt-Bergedorf stellt in ihrem Vortrag die Situation der Flüchtlinge in Reinbek dar. Zwei der Malier gehen in einem Interview auf ihr Leben in Deutschland ein. Gegen 20 Uhr gibt es außerdem noch die Gelegenheit für einen Austausch zwischen Gästen, Unterstützern und Flüchtlingen. Die Spenden des Abends sind für die Reinbeker Flüchtlinge bestimmt.

Gespräche mit Flüchtlingen und nicht über sie fordert Rolf Becker grundsätzlich auch von der Politik. Er sowie die Intendantinnen des Deutschen Schauspielhauses und von Kampnagel, Karin Beier und Amelie Deuflhard, sind Erstunterzeichner des „Manifests für Lampedusa in Hamburg“, das die Flüchtlingspolitik der Hansestadt kritisiert und ein solidarisches Zeichen setzt. „Rund 4000 Menschen haben das Papier inzwischen unterzeichnet“, sagt Becker.

Er kritisiert die „Abschottungspolitik“ der Europäischen Union. „Dieses Jahr haben rund 1800 Menschen die Flucht über das Mittelmeer nicht überlebt. Das liegt auch daran, dass die EU es ihnen immer schwerer macht, auf europäischen Boden zu gelangen.“

Vor Kurzem war Rolf Becker im spanischen Melilla. Die zu Spanien gehörende Stadt liegt an der nordafrikanischen Küste. Die Exklave, die an Marokko grenzt, ist Anlaufpunkt für Flüchtlinge. „Selbst die Strände sind mit Stacheldrähten abgesichert, sodass die Menschen mehrere Stunden schwimmen müssen, um daran vorbeizukommen“, schildert Becker die Situation.

Der Schauspieler ist auch einige Monate in Westafrika gewesen, hat Senegal, Guinea-Bissau und Mali bereist. „Wer einmal die Nöte in den Slums gesehen hat, versteht, wie absurd die Unterscheidung in politische und Wirtschaftsflüchtlinge ist“, sagt Becker. Denn die Bedrohung für die Menschen sei in beiden Fällen existenziell.

Allerdings stellten die Flüchtlingsströme, die wegen der vielen Konfliktherde in der Welt in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch größer werden, auch immer mehr den Lebensstandard der wohlhabenden Länder infrage. „Die Frage ist, was können wir tun, um ein gemeinsames Leben zu ermöglichen?“, sagt Becker. Seine grundsätzliche Antwort: „Handeln statt nur darüber zu sprechen.“

Was Rolf Becker über Flüchtlingshilfe sagt, lebt er auch. In den 1990erJahren hat er einen kurdischen Flüchtling zeitweise bei sich zu Hause aufgenommen und ihn beim Asylbewerberverfahren unterstützt. „Acht Jahre lang haben wir gegen die Ablehnung seines Asylantrags geklagt – bis zur höchsten Instanz.“ Doch aller Einsatz war am Ende vergebens.

Mit dem Mann ist Rolf Becker dann in die Niederlande gefahren, um dort einen Asylantrag zu stellen. Becker: „Nach eineinhalb Jahren hat er eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen, heute ist er niederländischer Staatsbürger.“ Für den Flüchtling sei es ein langer und beschwerlicher Weg bis dahin gewesen, der mit viel Ängsten verbunden war, betont der Schauspieler.

Auch die Afrikaner in Reinbek bangen weiter um ihren Aufenthaltsstatus. Wie die elf Männer in dem Gemeinhaus leben, können Sie in unserer morgigen Ausgabe lesen.

„Beherzt Westafrika begegnen“: Literarisches von Schauspieler Rolf Becker und Musik von Just Sophie and The Sophisticats bei der Nacht der Kirchen, Sonnabend, 6. September, 18 Uhr, Nathan-Söderblom-Kirche Reinbek, Berliner Straße 4.