Zweiter Antrag für Stormarn. Bundestagsabgeordnete plädieren für Verbot der umstrittenen Erdgasfördermethode

Ahrensburg. In einer Zeit, da immer mehr Förderkonzerne vorstellig werden und tief unter Schleswig-Holstein nach Erdgas suchen wollen, scheinen die für Stormarn zuständigen Bundestagsabgeordneten einmütig fest entschlossen zu sein, der hoch umstrittenen Fracking-Technologie einen Riegel vorzuschieben. Der CDU-Politiker Norbert Brackmann etwa verweist auf einen Gesetzentwurf, den Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im Herbst vorlegen wolle. „Fracking soll nur noch dann zulässig sein, wenn dadurch keine Schäden zu befürchten sind“, sagt Brackmann. „Das kommt auf absehbare Zeit – solange Fracking nur mit Chemie funktioniert – einem Verbot gleich. Und das halte ich auch für richtig.“

Der Begriff Fracking wird vom englischen Verb „to fracture“ abgeleitet, das mit aufbrechen übersetzt werden kann. Und genau darum geht es: Zuerst wird ein Loch gebohrt, 1500 bis 3000 Meter tief. Dann wird ein Cocktail aus Wasser, Sand und chemischen Zusätzen hineingepresst, der in den Gesteinsschichten weit unter der Erdoberfläche Risse erzeugt. Dadurch wird Gas freigesetzt, Erdgas, das durch eine konventionelle Bohrung nicht hätte gefördert werden können. Experten sind vor allem wegen der chemischen Stoffe in Sorge ums Grundwasser.

Auch die SPD-Abgeordneten Franz Thönnes und Nina Scheer teilen diese Befürchtung, verweisen ebenfalls auf Gabriels Pläne. hönnes: „Die Bundesregierung wird so restriktive Auflagen vorschreiben, dass das unkonventionelle Fracking nach aktuellem Stand der Technik und Wissenschaft unmöglich sein wird.“ Und Scheer sagt: „Es ist wichtig, dass nun Rahmenbedingungen für ein Verbot von Fracking geschaffen werden.“ Gero Storjohann (CDU) äußert sich ähnlich: „Ich gehe davon aus, dass nach der Sommerpause ein paar Leitplanken eingezogen werden.“ Er ist sich sicher, dass es „in Deutschland bis auf Weiteres kein Fracking geben wird“.

Die Befürchtung, dass es ohne schärfere Gesetze ganz anders kommen könnte, scheint nicht ganz unbegründet. Zurzeit grasen vor allem ausländische Firmen das Land systematisch ab und stellen beim zuständigen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) im niedersächsischen Clausthal-Zellerfeld etwas, das im Amtsdeutsch etwas sperrig „Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen“ heißt.

Gerade ist ein neuer Antrag eingegangen, der sich auf ein sogenanntes „Erlaubnisfeld Leezen“ bezieht. Ein schmaler Streifen, der sich vom nördlichen Kreis Segeberg bis in die Stormarner Ämter Bad Oldesloe-Land, Bargteheide-Land und aufs Gebiet Bad Oldesloes erstreckt.

Aber eigentlich darf das noch keiner wissen, die Angelegenheit ist streng geheim, so will es das Bergrecht. Bekannt geworden ist sie nur durch eine Indiskretion im Kreis Segeberg den Lübecker Nachrichten gegenüber. „Es ist ärgerlich, dass wir eigentlich immer nur durch Whistleblower von so etwas erfahren“, sagt der Oldesloer Grünen-Politiker Hartmut Jokisch.

Tatsache ist: In zahlreichen Kommunen im nördlichen Stormarn ist vertrauliche Post eingetrudelt, sie sollen nun bis zum 8. September Stellungnahmen abgeben. Die dürften einhellig ablehnend ausfallen. Oldesloes Bürgermeister Tassilo von Bary sagt: „Wir haben allein schon wegen seismologischer Untersuchungen Bedenken. Was ist denn mit unseren ganzen Bomben?“ Und Bargfeld-Stegens ehrenamtlicher Bürgermeister Andreas Gerckens (CDU) sagt: „Bislang war das Thema weit weg, plötzlich ist es da. Wir wollen das nicht.“

Dabei geht es bislang wohlgemerkt nicht um einen Fracking-Antrag. Die Antragsteller wollen nur „suchen“, das heißt: Daten sammeln, auswerten, seismische Untersuchungen durchführen. Vor allem geht es auch darum, sich Rechte zu sichern. Um fördern zu können, müssten sie später einen zweiten, für Fracking einen dritten Antrag stellen. Experten gehen davon aus, dass trotzdem Fracking das langfristige Ziel ist, sollte Gas gefunden werden.

Wie berichtet, ist auch der Süden Stormarns betroffen, der in das im vergangenen Jahr beantragte und mittlerweile genehmigte Erlaubnisfeld Schwarzenbek hineinlappt. Alles südlich einer Linie von Stellau bis Grande liegt im Erlaubnisgebiet. Der Oldesloer Hartmut Jokisch sagt: „Ich bin gespannt, wann sich jemand den Rest des Kreises krallt.“ Aber auch das werde wieder niemand erfahren dürfen.

Laut CDU-Abgeordnetem Brackmann sieht die Gesetzesreform auch eine öffentliche Beteiligung vor, „sodass nicht mehr alles im Verborgenen läuft“. Auch sei geplant, das Wasserhaushaltsgesetz zu ändern. Die Wasserbehörden der Kreise sollen dann gefragt werden.

Brackmann geht davon aus, dass die Gesetzesänderung durchkomme – auch wenn es in seiner Partei sowohl Befürworter noch strengerer als auch weitaus weniger strenger Regeln gebe.