Gegen Zahnarzt aus Glinde, der seine Kinder getötet hat, begann vor Lübecker Landgericht Unterbringungsverfahren

Glinde/Lübeck. Seine Augen sind geschlossen, als der Staatsanwalt die grausigen Details des Mordes an seinen Kindern vorträgt. Fardeen A. wirkt ruhig, zeigt keinerlei Emotionen. Ob er in diesem Moment die Bilder der schrecklichen Tat vor Augen hat, bleibt freilich unbekannt. Aber er selbst hat im Januar seine beiden kleinen Kinder in Glinde getötet.

Am Freitag begann das Unterbringungsverfahren gegen den 39-Jährigen vor dem Landgericht in Lübeck. Mit einer schwarzen Lederjacke über dem Kopf betritt der Zahnarzt aus Glinde den Gerichtssaal. Zwei kräftige Männer aus der Psychiatrie aus Neustadt begleiten ihn. Sie ziehen Fardeen A. die Jacke vom Kopf. Sein Verteidiger nimmt ihm die graue Kapuze seines Pullovers von den kurzen schwarzen Haaren. Denn der Mann mit der dunklen Gesichtshaut kann seine Arme nicht heben. Er trägt Handschellen, zudem sind seine Hände an einem Ledergürtel um seine Hüften fixiert. Offenbar stufen Gutachter den geistig kranken Mann als besonders gefährlich ein. Auch während der Verhandlung werden die Fesseln nicht abgenommen.

Dass Fardeen A. schwer psychisch krank ist, haben ihm bereits Gutachter in den vergangenen Monaten attestiert. Deswegen ist der Mann mit dem Doktortitel auch nicht wegen Mordes angeklagt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass A. zum Tatzeitpunkt schuldunfähig war. Dass er im religiösen Wahn gehandelt hat. In dem Sicherungsverfahren vor dem Landgericht müssen die Richter jetzt klären, ob A. für andere Menschen oder sich selbst eine Gefahr ist und weiterhin in der Psychiatrie in Neustadt bleiben muss.

Dort sitzt der gebürtige Afghane seit dem Doppelmord am 24. Januar dieses Jahres. An jenem Freitag, gegen 6.30 Uhr, betritt A. das Kinderzimmer im Obergeschoss des Einfamilienhauses in einer ruhigen Glinder Wohngegend. „Seine Kinder, der sechs Jahre alte Elias und die vierjährige Celine, schlafen“, sagt der Staatsanwalt, als er die Antragsschrift verliest. Mit der 20 Zentimeter langen Klinge eines Fleischermessers schneidet er den Kindern nacheinander die Kehlen durch. „Beide verbluten“, so der Staatsanwalt, der von Heimtücke spricht.

Die Öffentlichkeit wird um Schutz des Täters vom Prozess ausgeschlossen

Als der Staatsanwalt sich nach seinem Vortrag wieder setzt, öffnet auch Fardeen A. wieder seine Augen. Es wirkt so, als ob der unscheinbare Mann plötzlich wieder geistig anwesend ist. Über seinen Anwalt lässt der Zahnarzt ausrichten, dass er sich weder zur Tat noch zu seiner Person äußern wolle.

Weitere Details im Prozess bleiben Zuschauern am Freitag verborgen. Denn schon nach kurzer Zeit müssen sie den Saal verlassen. Christian Singelmann, Vorsitzender Richter der I. Großen Strafkammer, beschließt, die Öffentlichkeit vom Verfahren auszuschließen. Das Gericht begründet diese Entscheidung mit dem Schutz des Täters. In dem Unterbringungsverfahren würden Details seiner psychischen Erkrankung zur Sprache kommen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien, sagt der Richter.

Auch bei den weiteren neun angesetzten Verhandlungsterminen werden die Prozessbeteiligten unter sich bleiben. 26 Zeugen sollen laut Gericht in den kommenden Wochen aussagen. Auch drei Sachverständige sind geladen, unter anderem eine Islamwissenschaftlerin. Von ihr erhoffen sich die Juristen eine Antwort darauf, wie Menschen in religiösen Wahn verfallen könne und dann zu solch einer grausigen Tat fähig sind.

Nach Abendblatt-Informationen war der gebürtige Afghane erst zwei Monate vor der Tat zum Islam konvertiert. Seitdem soll sich der 39-Jährige, der eine eigene Praxis in Hamburg-Bergedorf hatte, verändert haben. Nachbarn hatten Fardeen A. als zuvor liebevollen Vater beschrieben, der nett und hilfsbereit war.

Die Mutter der getöteten Kinder tritt im Prozess als Nebenklägerin auf

Die Mutter des getöteten Geschwisterpaars sowie Ehefrau von Fardeen A. tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf. Am ersten Verhandlungstag war sie jedoch nicht im Gerichtssaal. Sie selbst soll von der Kindestötung nichts mitbekommen haben. Laut Polizei habe die 30-Jährige geschlafen. Sie sei von den zwei Polizisten, die als erstes am Tatort eintrafen geweckt worden. Die Beamten mussten der Frau dann erklären, dass Celine und Elias nicht mehr leben und ihr eigener Mann der Mörder ist.

Fardeen A. hatte kurz zuvor selbst den Notruf gewählt und den Beamten gesagt, dass er seine Kinder getötet hat. Die zwei Polizisten finden die leblosen Körper der Kinder.

Die Mutter der getöteten Kinder wird seit der Tat psychologisch betreut und ist zu Verwandten nach Hamburg gezogen. A. ist in der Psychiatrie untergebracht und soll sich dort nicht behandeln lassen. Somit ist es wohl auch unwahrscheinlich, dass er dieses in absehbarer Zeit verlassen kann. Mit einer Entscheidung des Gerichts wird Mitte Oktober gerechnet.