Trittaus Ex-Bürgermeister ist jetzt Ruheständler. An diesem Freitag feiert der 64-Jährige Abschied mit 160 Gästen

Trittau. Ein Krawattenträger war Walter Nussel noch nie, jedenfalls nicht freiwillig. Kollegen und Freunde kannten den heute 64-Jährigen früher eher mit Norwegerpulli und dichtem Bart. Als Bürgermeister von Trittau ging das dann nicht mehr. „Da musste man ja ordentlich aussehen“, sagt Nussel, der während seiner zwölf Jahre währenden Amtszeit meist im Anzug gekleidet in seinem Büro oder bei Auswärtsterminen anzutreffen war. In der vergangenen Woche ist der Ex-Verwaltungschef in den Ruhestand gegangen, am heutigen Freitag wird er bei einer Feier in den Räumen der Raiffeisenbank offiziell verabschiedet.

Eine Feier unter Kollegen gab es bereits. „Das war wie Geburtstag und Weihnachten zusammen“, sagt Nussel und zeigt gerührt ein Geschenk: Die Mitarbeiter haben dem Pensionär, der seit 1983 in Trittaus Verwaltung arbeitete, ein Fotobuch überreicht. Eines der Bilder zeigt Nussel auf einer Studienfahrt in England, an der er während seiner Ausbildung im Bezirksamt Hamburg teilnahm. „Die Arbeit im Bezirksamt und später im Sozialamt auf St.Pauli hat mir viel Spaß gemacht. Damals galt die Hamburger Ausbildung als vorbildlich“, sagt Nussel. Bei der Feier am heutigen Abend wird auch ein ehemaliger Schulkamerad aus dieser Zeit zugegen sein.

Auf dem Foto aus England ist der junge Nussel ohne Bart zu sehen. „Der Ausbildungsleiter hat gedroht: Wer sich einen Bart wachsen lässt, muss so lange im Keller Akten sortieren, bis der Bart abrasiert ist.“ Den Bartwuchs verschob Nussel also auf die Zeit nach Ausbildungsende, als er anfing, beim Kreis Stormarn in der Finanzaufsicht zu arbeiten. „Da war ich zwölf Jahre lang, bis ich 33 war. Dann dachte ich: Du kannst hier nicht dein Leben zubringen. Die Aufgaben wurden mir zu einseitig“, sagt Nussel, der damals in Bargteheide wohnte. Also wurde er 1983 Büroleitender Beamter in Trittau. „Ich bin gut mit den Leuten in der Verwaltung ausgekommen. Akzeptanzprobleme hatte ich auch später als Bürgermeister nie.“

Dass er jetzt als Ruheständler über freie Zeit verfügt, dürfte für den 64-Jährigen ungewohnt sein. „Ich habe immer viel gearbeitet“, sagt Nussel, der, als er sich 2002 für das Bürgermeisteramt bewarb, bereits 1009 Überstunden auf dem Zettel hatte. Nussel war damals einziger Kandidat, parteilos, unterstützt von SPD, Grünen und Wählergemeinschaft. „Die CDU wollte einen Gegenkandidaten aufstellen, hat aber keinen gefunden“, sagt Nussel, der betont, er sei – obwohl einziger Anwärter – froh gewesen, dass es damals auch Wähler gab, deren Stimme er nicht erhielt. „Ich wollte ja keine Honecker-Wahl.“

Das Bürgermeisteramt habe ihm immer gut gefallen. „Es ist abwechslungsreich. Wenn man Glück hat, macht man jede halbe Stunde etwas anderes, und das manchmal 16 Stunden am Tag“, sagt Nussel und fügt nach kurzem Nachdenken lächelnd hinzu: „Oder Pech.“ Vor allem seine Frau Renate war es, die während dieser Zeit Freundschaften pflegte. „Es ist schön, dass mein Mann jetzt mal wieder selbst zum Hörer greifen wird und sich verabredet“, sagt Renate Nussel, die betont, wie wichtig es sei, solche Kontakte aufrecht zu erhalten. Das zeige sich auch an den liebevollen Geschenken, die ihr Mann zur Pensionierung erhalten habe. Alte Freunde überreichten ihm zwei Wochen vor dem Ruhestand einen Kalender, darin unter anderem Gartenhandschuhe und ein selbst genähtes Kissen. Dazu gab es Karten: „Noch ... Tage, dann kannst du endlich wieder im Garten arbeiten/mal richtig ausschlafen“.

Wäre er jünger – er hätte noch eine Amtszeit gewollt

Ob Letzteres passieren wird, ist allerdings fraglich. „Ich bin kein Langschläfer. Wenn ich jetzt statt um 6.30 Uhr mal um 7.15 Uhr aufstehe, bin ich schon froh“, sagt Nussel, der für Herbst einen Urlaub in Flensburg geplant hat. Dort wohnt sein Sohn Michael mit seiner Familie. Der 30-Jährige hat vor drei Monaten einen Sohn bekommen, Jakob, Nussels erster Enkel. Seine Kinder Michael und Greta, die heute 26 ist und in Hamburg wohnt, hätten ihn oft entbehren müssen, sagt er „Aber wenn ich nicht arbeiten musste, war ich zu Hause und hatte Zeit für meine Familie.“ Dann hat er vorgelesen, „Mio, mein Mio“ von Astrid Lindgren, dreimal hintereinander, wenn es sein musste.

2008 trat er wieder zur Wahl an, diesmal mit zwei Gegenkandidaten. „Dass ich mit gut 56 Prozent wiedergewählt wurde, darauf bin ich stolz“, sagt Nussel. Im Nachhinein betrachtet, sei er sich seiner Sache sicher gewesen. „Ich habe zwar auch Beschwerden bekommen, aber auch viel Lob für meine Arbeit.“ Selbstbewusste Menschen, die für ihre Anliegen eintraten, habe er immer besonders geschätzt. „Das gab zwar manches Mal einen Disput, hat mir aber immer imponiert“, sagt Nussel, der die Wassermühle als seinen „Augapfel“ bezeichnet. „Besonders in den 80er-Jahren haben wir viel Arbeit in die Mühle gesteckt.“ Und sonst? „Vor allem haben wir Straßen, Kindergärten und Kreisel gebaut“, sagt Nussel und lacht.

Dankbar sei er vor allem der Verwaltung und ihren Mitarbeiten. „Ich durfte immer mit äußerst kompetenten Kollegen arbeiten, von denen ich viel gelernt habe.“ Der Verwaltungswirt betont, dass die Gemeinde Trittau und das Amt zusammengehören. „Das ist ein wichtiges Geben und Nehmen und soll auch in Zukunft so bleiben.“ Als Beispiel nennt er die Unterbringung von Asylbewerbern.

Nussel blickt wohlwollend auf seine Zeit als Bürgermeister zurück. „Wenn ich jünger wäre, würde ich noch einmal antreten“, sagt er. In den vergangenen Tagen beschäftigte ihn vor allem eines: Die 160 zur Abschiedsfeier geladenen Gäste mussten auf 20 Tische verteilt werden. Keine leichte Aufgabe, aber am Ende hat es geklappt. Für das Fest sind alle Vorbereitungen getroffen. Dann wird Walter Nussel noch einmal zum Krawattenträger. Der Bart bleibt weg.