Ein Jahr und neun Monate. Beweise erdrückend. Eine Frage bleibt: Wer ist Bullen-Matze?

Ahrensburg/Trittau. Ein Jahr und neun Monate auf Bewährung – zu diesem Strafmaß ist das Schöffengericht in Ahrensburg am Donnerstag im Falle eines Kokaindealers aus Trittau gekommen. Regungslos nahm Hayo M. (Name geändert) das Urteil an. Der breit gebaute Mann mit der Glatze und der roten Gesichtshaut hatte offenbar auf ein mildes Urteil gehofft.

Doch das Gericht sah nach drei Verhandlungstagen alle Anklagepunkte als erwiesen an. Die Staatsanwaltschaft hatte dem 52-Jährigen vorgeworfen, im Sommer vergangenen Jahres in Trittau und Umgebung mit Kokain gehandelt zu haben. Bei seiner Festnahme waren 42 Gramm der Droge in seinem Auto gefunden worden.

Bis zuletzt versuchten die zwei Verteidiger des Mannes, das Gericht von der Unschuld ihres Mandanten zu überzeugen. „Es kann nicht einwandfrei gesagt werden, dass das Kokain dem Angeklagten zuzurechnen ist“, sagte einer von ihnen in seinem Plädoyer. Sein Kollege: „Es besteht auch die Möglichkeit, dass der Sohn des Angeklagten die Drogen im Auto deponiert hat.“

Auch die Aussagen der Zeugen, die den Drogendealer schwer belasten, relativierten die Verteidiger. „Wir haben hier fragwürdige Drogenabhängige gehört. Es ist bekannt, dass beim fortgeschrittenen Kokainkonsum die Aussagen nicht für bare Münze genommen werden können“, sagte einer der Anwälte. Auch würden DNA-Spuren von Hayo M. an den szenetypischen Kokainbriefchen nichts beweisen. „Wir wissen nicht, wie die Spuren dort rangekommen sind“, so der Jurist. Doch all die Ausführungen der Anwälte brachten nichts. Zu schwer belasteten Zeugen den Angeklagten. „Wir haben M. am 31.Mai 2013 zwischen 18.30 Uhr und 19Uhr observiert“, sagte ein Polizist des Zivilen Streifenkommandos (ZSK) am letzten Verhandlungstag. Der Beamte hatte beobachtete, wie M. mit seinem Quad auf der Landesstraße 93 gefahren war und unter der B-404-Brücke angehalten hatte. „Er telefonierte und guckte sich ständig um.“ Dann sei ein Smart gekommen und habe ebenfalls unter der Brücke gehalten. „M. unterhielt sich mit dem Smart-Fahrer, verkaufte vermutlich Drogen.“ Nach einem weiteren Telefonat habe erneut ein Auto gehalten, am Steuer eine Frau, Hayo M. habe sich auf den Beifahrersitz gesetzt. Nach wenigen Minuten sei auch sie wieder gefahren.

„Wir haben dann per Funk Kollegen beauftragt, das Auto der Frau zu stoppen“, sagte der Ermittlungsbeamte, der die Frau unauffällig verfolgt hatte. Auf einem Rastplatz an der B 404 sei sie von anderen Beamten aus dem Verkehr gezogen worden. Die Polizisten fanden bei der Frau zwei Päckchen Kokain sowie ein Tütchen Marihuana.

„Was ist so ungewöhnlich daran, sich kurz mit Bekannten unter einer Brücke zum Reden zu treffen?“, stellte einer der Verteidiger in den Raum. Bei der Aussage der Kundin erkannte er jedoch mit resignierter Miene, dass die Beweislast erdrückend ist.

Die Frau, 37, eine Bargfeld-Stegenerin in rosafarbenem Blazer und mit aufdringlicher Parfümwolke, gestand nach mehrfacher Nachfrage mit leiser Stimme, dass sie die Drogen bei dem Trittauer gekauft hatte. Auch bei den vorangegangenen Verhandlungstagen hatte ein Kunde aus Lütjensee bestätigt, regelmäßig Kokain bei M. gekauft zu haben.

„Die Aussetzung der Haftstrafe zur Bewährung war gerade noch so möglich“, sagte Richter Ulf Thiele in seiner Urteilsbegründung. „Zwar haben Sie kein Geständnis abgelegt, das eine Art Distanzierung von der Tat ist“, sagte der Richter, der auch aufführte, dass M. wegen Drogenhandels bereits vorbelastet war. Allerdings meinte Thiele, dass das Verfahren an sich den Angeklagten genug beeindruckt habe, weil die Familie sowie sein Umfeld in Trittau von den Drogengeschäften erfahren haben. Neben der Bewährungsstrafe muss Hayo M. auch 250 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Auch nach dem Urteil ist eine Frage in dem Prozess offen geblieben. Wie berichtet, hatte ein Polizist, der die Telefongespräche von M. überwacht hatte, ausgesagt, dass der Drogendealer offenbar gewusst hatte, dass er observiert wurde. Vermutlich hatte ihn ein befreundeter Polizist gewarnt. „Es fiel der Name Bullen-Matze“, sagte der Kripobeamte.

Doch wer ist Bullen-Matze? „Das haben wir nicht weiter geprüft“, so der Beamte, der die Gespräche mitgehört hat. Warum diesem Hinweis niemand nachgegangen ist, dazu wollte sich die Polizei auf Abendblatt-Anfrage nicht äußern.