Henrik Hornung greift nach monatelangem Auslandsaufenthalt wieder zu Pfeil und Bogen. Britta Klein startet in Zeven im Wettkampf der Damen

Bad Oldesloe. Ein tiefer Atemzug versorgt Henrik Hornungs Lungen mit ausreichend Sauerstoff, während er seelenruhig Pfeil und Bogen in die passende Position bringt. Wie aus einem Guss beginnt der 20-Jährige, sein Sportgerät über die Zielvorrichtung auf die Mitte der 90 Meter entfernten Zielscheibe zu justieren.

Kontrolliert atmet er ein wenig aus, lässt dabei das Visier langsam in die Zielmarke sacken. Noch einmal hält er die Luft an, sein ganzer Körper wirkt dabei wie versteinert. Sekundenlang passiert nichts. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Pfeil die Sehne mit großer Wucht verlässt, um sich einen Augenblick später tief in die Zielscheibe zu bohren. Ein Glücksgefühl übermannt den 20-Jährigen vom Bad Oldesloer Bogensport – wie schon tausendfach zuvor erlebt. „Bogenschießen ist wie Radfahren, das verlernt man nicht“, sagt Hornung lächelnd.

An diesem Wochenende startet der 20-Jährige im niedersächsischen Hohegeiß (9. und 10. August) bei den nationalen Titelkämpfen des Deutschen Schützenbundes im Feldbogenschießen (Schützenklasse). Dass er sich darüber hinaus für die drei Wochen später in Zeven ausgetragenen deutschen Meisterschaften der Bogenschützen (29. bis 31. August, Niedersachsen) qualifizieren würde, konnte der Großenseer noch vor einigen Monaten ebenso wenig erwarten. Im November vergangenen Jahres hatte der Welt- und Europameister Pfeil und Bogen beiseite gelegt und war nach Neuseeland gereist. Gemeinsam mit einem Freund schlug er sich quer durch den im südlichen Pazifik gelegenen Inselstaat. Ob in Christchurch auf dem Bau, in Tauranga als Tagelöhner einer Kiwi-Plantage oder als Erntehelfer in Thames – mit harter Arbeit finanzierten sich beide ihr Auslandsabenteuer.

„Eine Erfahrung, die ich nie mehr missen möchte“, sagt der 20-Jährige, der kurz zuvor auf dem Großhansdorfer Emil-von-Bering-Gymnasium sein Abitur bestand. Angedacht war ein achtmonatiger Auslandsaufenthalt mit anschließender Ausbildung in der Bäckereibranche. Hornung plant, in den Betrieb seiner Eltern einzusteigen. Diese führen ein Backunternehmen mit Filialen in Hamburg und Barsbüttel, das seit 1877 im Familienbesitz ist. Seine Ausbildung allerdings wollte der 20-Jährige in einem Fremdunternehmen absolvieren.

Doch es kam alles ganz anders als gedacht. Ende Februar explodierte ein Backofen im Keller der Bäckerei Hornung an der Hamburger Manshardtstraße. Die komplette Inneneinrichtung wurde zerstört – ebenso sämtliche technischen Gerätschaften. Ein Totalschaden lag vor. Verletzt wurde zum Glück niemand. Als Ursache war offenbar ein technischer Defekt am Heizkessel. Der Verkauf lief weiter – in einer nahegelegenen Aushilfsbackstube.

Währenddessen stand der 20-Jährige in ständigem Kontakt mit seinen Eltern, die ihm vorerst jedoch rieten, weiter in Neuseeland zu bleiben. „Einige Wochen später meinte mein Vater, dass es vielleicht doch von Vorteil wäre, wenn ich als zukünftiger Juniorchef bei der Neugestaltung des Betriebes mitentscheiden würde“, erzählt Hornung. Gesagt, getan. Anfang Mai kehrte er nach Stormarn zurück, arbeitet seitdem nahezu rund um die Uhr im elterlichen Betrieb.

„Nach der geplanten Wiedereröffnung Ende September beginne ich meine Ausbildung in einem anderen Betrieb“, sagt Hornung. Nach Zeven reist er nicht allein. Vereinskollegin Britta Klein wird ihn begleiten. Die 43 Jahre alte Fahrschullehrerin aus Siek qualifizierte sich mit dem Compoundbogen für den Damen-Wettbewerb.

Sie hat erst vor vier Jahren mit dem Bogensport begonnen – beim Ahrensburger TSV, denn dort hatten ihre beiden Söhne bereits Gefallen am sportlichen Wettkampf mit Pfeil und Bogen gefunden. Als die Sparte aufgelöst wurde, fand die Siekerin in Bad Oldesloe eine neue sportliche Heimat. Für die DM hat Klein ein klares Ziel vor Augen. „Die Vorrunde will ich unbedingt überstehen“, sagt sie, „um mich anschließend in den K.o.-Runden so teuer wie möglich zu verkaufen.“