Grabauer Ehepaar betreibt Auffangstation für Kaninchen in Not. Ein Zuschussgeschäft

Grabau. Kurz hinter dem Ortseingang Grabau, mitten im Grünen, leben Kevin Krüger und Claudia Bochmann. Das alte Haus, in dem das Ehepaar seit März wohnt, müsste eigentlich kernsaniert werden, aber die beiden bauen lieber eine Villa für ihre Gäste. „Man muss Prioritäten setzen“, sagt Bochmann. Mehrere Mahlzeiten täglich, die Zimmerreinigung und eine Ärztin, die regelmäßig kommt, werden den aktuell 55 Gästen geboten. Obwohl die Außenflächen noch nicht fertig sind, ist die Wohnanlage bereits ausgebucht. Die Eheleute sind keine Hoteliers. Sie betreiben seit mehr als fünf Jahren eine private Auffangstation für Kaninchen.

Dass es einmal so kommen würde, hätte das Paar 2008 nicht gedacht. Damals waren beide noch in Hamburg-Rahlstedt zu Hause, sie holten sich Sissi und Kaiserle aus dem Tierheim. Die zwei Kaninchen bekamen bald durch drei weitere Mitbewohner aus dem Tierheim Gesellschaft, und Krüger beschloss, den Stall auszubauen. Er chattete im Internet, um Verbesserungsvorschläge für den Stallbau zu bekommen. Und immer mehr Leute wollten ihre Tiere in den neuen Unterkünften unterbringen. Spätestens als der Verein Kaninchenschutz fragte, ob Krüger und Bochmann auch vernachlässigte Tiere aufnähmen, war das Projekt Kaninchenvilla geboren.

Viele Tiere stammen aus Messi-Wohnungen

Seit 2009 ist die Kaninchenvilla eine nach dem Tierschutzgesetz staatlich anerkannte Organisation. „Diese Anerkennung bestätigt, dass es den Tieren bei uns gut geht“, sagt Krüger. Etwa zweimal im Jahr nimmt das Paar große Gruppen von vernachlässigten Tieren auf, die beispielsweise aus Messi-Wohnungen stammen. Diese werden ihnen über den Verein vermittelt. Die verwahrlosten Kaninchen haben meistens Darm- und Fellparasiten und sind unterernährt. „Lady und Lord konnte man in die Sonne halten, und man hat die Knochen durchgesehen“, sagt Bochmann. Im vergangenen Oktober kamen 20 vernachlässigte Tiere in die Villa. Die tierärztliche Erstversorgung hat 1000 Euro verschlungen. Das war noch günstig, weil das Ehepaar mit einer befreundeten Tierärztin zusammenarbeitet, die ihnen Rabatte gewährt.

Alle Tiere, egal ob privat abgegeben oder vom Tierschutz gebracht, bleiben zunächst in Quarantäne. Danach beginnt die stressige Phase der Vergesellschaftung, bei der Gruppen von sechs bis zehn Tieren zusammengesetzt werden und eine Hierarchie ausfechten. „Mich stört es nicht, wenn Fell fliegt“, sagt Bochmann. Niemand soll für immer in der Kaninchenvilla Hamburg leben, die trotz des Umzuges ihren Namen behalten hat.

Über ihre Internetseite (www. kaninchenvilla-hamburg.de) sucht das Paar nach neuen Besitzern. „Die Tiere haben es in ihrem neuen Zuhause besser, trotzdem hängt man an einigen Tieren“, sagt Bochmann. Wer einen ihrer Schützlinge aufnehmen möchte, muss den Hausherren Bilder von dem neuen Kaninchenzuhause zeigen. Ein Bock (kastriert und geimpft) kostet 65 Euro, ein Weibchen 20 Euro.

Etwa 600 Tiere haben bereits in der Kaninchenvilla gelebt. Da ist es schwierig, Namen für die Neuankömmlinge zu finden. Nachdem Namen wie Mickey und Minni, Hanni und Nanni vergeben waren, wurden die Tiere 2010 nach dem Spielstätten der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika benannt.

1000 Euro schießt das Ehepaar monatlich zu

Mit den Vermittlungstieren leben auch Urlaubstiere in der Villa. „Die Urlaubsbetreuung ist eine gute Einnahmequelle“, sagt Bochmann. Ohne die Aufnahme von Notfällen zahlt das Ehepaar 1000 Euro aus eigener Tasche im Monat für Futter, Müllentsorgung, Arztkosten und Reparaturen. Neben Geld investieren Bochmann und Krüger auch viel Zeit in die Kaninchenvilla. Etwa 40 Stunden wöchentlich beschäftigt sich das Paar mit den Tieren. In der aktuellen Umbauphase ist der Zeitaufwand höher.„Die Kaninchenvilla ist ein zweiter Vollzeitjob“ sagt Krüger, der im EDV-Bereich arbeitet. Und seine Frau, Bankangestellte, sagt: „In den Urlaub fahren wir nicht mehr, seit es die Kaninchenvilla gibt.“