Was Familie G. aus Großhansdorf erlebt, ist kein Einzelfall. Oft sehen sich die Vertragspartner vor Gericht wieder

Großhansdorf. Die Hecken sind akkurat gestutzt, der Rasen ebenso, die Gardinen hängen strahlend weiß und ordentlich hinter den Fenstern. Mitnichten geordnet geht es allerdings hinter der Fassade zweier Einfamilienhäuser an einer mit Bäumen gesäumten Straße in Großhansdorf zu: Seit etwa einem Jahr hat das Ehepaar G., das seinen vollständigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, ein kleines Häuschen auf seinem Grundstück an eine dreiköpfige Familie vermietet. Selbst wohnen die Rentner in einem benachbarten Neubau. Zufrieden waren sie mit ihren neuen Mietern eigentlich nur wenige Tage: „Der Familienvater war sehr nett und charmant“, sagt Frau G. „dann hat er ziemlich schnell aufgehört, seine Miete regelmäßig zu zahlen.“ Seit Anfang Mai hätten die Mieter dann gar nicht mehr bezahlt. Mittlerweile, so sagt das Ehepaar, schulde ihnen die Familie fast 6000Euro.

Doch das sei nicht alles, sagt Frau G. Auf ihrem Esstisch hat sie einen dicken Ordner randvoll mit Unterlagen gelegt. Darin stecken Kopien von Kündigungen, die das Ehepaar an die Mieter geschickt hat, eine seitenlange Auskunft der Schufa, Adressen von vorherigen Vermietern der Familie, Schreiben ihres Anwalts, Briefe der Mieter und und und. „Wir haben im Dezember das erste Mal das Mietverhältnis fristlos gekündigt“, sagt Frau G. Und fügt an, dass sie nervlich am Ende sei. Denn das größte Problem seien nicht die Mietschulden, sondern dass die Familie immer noch nicht ausgezogen sei. Und nicht zuletzt die Beleidigungen, die mittlerweile die Kommunikation zwischen der Familie G. und ihren Mietern bestimmten.

Vermieter können ihren Mietern fristlos kündigen, wenn sie mindestens mit zwei Zahlungen in Folge im Verzug sind. „Eine Nachzahlung der Mietschulden kann die Kündigung allerdings aufheben“, sagt Achim Greiner, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht aus Bad Oldesloe. Zahlt der Mieter im Anschluss wieder nicht, muss der Vermieter erneut kündigen. Er empfiehlt Eigentümern – sofern sie keine weiteren Chancen geben möchten – nicht nur fristlos, sondern auch ordentlich zu kündigen.

900 Mitglieder suchen jährlich Rat bei Haus & Grund in Stormarn

Greiner berät unter anderem die Mitglieder von Haus & Grund in Stormarn. Rund 2300 Mitglieder hat der Verein mit Sitz in Bad Oldesloe und einer Außenstelle in Trittau. Laut Geschäftsführerin Cornelia Pareike lassen sich jedes Jahr rund 900 Mitglieder beraten. „In den meisten Fällen geht es dabei um Mietschulden“, sagt Anwalt Greiner. Das verursache oft Not bei den Vermietern, weil eingeplantes Einkommen ausfalle.

Doch auch wenn die fristlose Kündigung Bestand hat – eine Garantie für den Auszug der Mieter ist sie nicht. Denn wenn er nicht freiwillig geht, kann der Vermieter nur zu einem Mittel greifen: eine Räumungsklage vorm Amtsgericht. Die kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld, da der Vermieter als Kläger die Gerichtskosten vorstrecken muss. „Die Verfahren können bis zu sechs Monate dauern“, sagt Greiner. Bekommt der Vermieter vor Gericht recht, erhält er einen Titel, mit dem er einen Gerichtsvollzieher mit der Räumung beauftragen kann.

Michael Burmeister ist Direktor des Amtsgerichts Ahrensburg. Dort wurden im vergangenen Jahr 358 Auseinandersetzungen von Mietern und Vermietern verhandelt, darunter auch Räumungsklagen. Er sagt: „Je schwieriger die wirtschaftliche Lage in einer Region ist, desto häufiger kommt es zu Räumungsklagen.“ In Stormarn sei die Zahl daher eher gering.

Der Mieter macht eine Mietminderung geltend

Das Ehepaar G. hat sich nun bei einem Eigentümerverein in Hamburg Rechtsbeistand geholt. Auch weil ihr Mieter die Situation völlig anders beurteilt. „Familie G. hat uns ein Haus vermietet, das fast 30 Prozent kleiner ist als angegeben“, sagt der Familienvater. Auch er möchte anonym bleiben. Die Größe des Mietobjektes ist nicht der einzige Punkt auf der Mängelliste des Großhansdorfers: „Das Haus war in einem schlechtem Zustand, sodass wir erst einen Monat später als vereinbart einziehen konnten.“ Die Mängel habe er beheben und auch das Material dafür bezahlen müssen. „Ich habe zum Beispiel die Fensterstürze gemauert, Wände gefliest und verputzt.“ Genug Gründe, so meint er, weniger oder keine Miete mehr zu zahlen. „Bis auf die Nebenkosten zahlen wir aus den genannten Gründen nichts“, sagt er.

„Mieter können ihre Zahlungen an den Eigentümer mindern“, sagt Ulrich Glock vom Deutschen Mieterbund Schleswig-Holstein. Das regelt Paragraf 536 des Bürgerlichen Gesetzbuches (Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln). Das Gesetz soll Mietern ein Selbsthilferecht bei Mängeln einräumen. „Theoretisch geht das auch bis auf Null, aber das würde bedeuten, dass die Wohnung oder das Haus quasi nicht bewohnbar sind“, sagt Glock. Erkenne das Gericht die Minderung als legitim an, dann werde eine Räumungsklage auch abgewiesen.

In dieser Woche treffen sich die Großhansdorfer – im Amtsgericht.