Reinbeks zuletzt kritisierter Noch-Bürgermeister zieht im Interview Bilanz. Er freut sich auf seine Zukunft als Pensionär

Reinbek. Einige Schränke hat er schon ausgeräumt, vor allem aber Unterlagen sortiert. Denn in den kommenden Tagen bekommt Reinbeks Bürgermeister Axel Bärendorf Besuch von Björn Warmer, seinem Nachfolger. Dann werden die beiden Übergabegespräche führen. Seit 2001 ist Bärendorf Verwaltungschef: zunächst in Ammersbek, die vergangenen sechs Jahre dann in Reinbek. Doch Ende dieses Monats ist Schluss. Der 56-Jährige hört auf, freiwillig. Er hatte nicht immer einen leichten Stand. Bereits im November vergangenen Jahres hatte er angekündigt, bei der Wahl im Mai 2014 nicht mehr antreten zu wollen, weil ihm der Rückhalt aus der Politik fehle. Im Abendblatt-Interview zieht Reinbeks scheidender Verwaltungschef nun Bilanz und spricht über das Leben nach dem Bürgermeisteramt.

Hamburger Abendblatt:

Herr Bärendorf, wissen Sie schon, was Sie am 1. September machen?

Axel Bärendorf:

„Ja, ich werde morgens mit meiner Frau frühstücken, dann meine zwei Taschen packen und mit dem Rad von Ahrensburg nach Reinbek fahren, um meinem Nachfolger die Amtskette zu überreichen. Dann geht es weiter über Geesthacht und Tesperhude nach Lübeck, von dort zurück nach Hause. Die Tour dauert zwei Tage. Ein optimaler Einstieg in den Ruhestand.“

Ihre Frau darf sich aber freuen, Sie jetzt öfter zu sehen?

Bärendorf:

Das tut sie in der Tat. Im Schnitt habe ich 60 Stunden die Woche gearbeitet, von September bis Mitte Dezember keine freien Wochenenden gehabt. Dazu kommen viele Abendtermine. Das ist sehr belastend, da entfallen die gemeinsamen Abendstunden mit der Frau. Das ändert sich demnächst. Und wir können dann auch wieder zusammen einkaufen.

Fällt Ihnen das Loslassen trotzdem ein Stück weit schwer? Immerhin sind sie Chef von 200 Mitarbeitern.

Bärendorf:

Ganz im Gegenteil, weil ich mich auf den Abschied vorbereitet habe. Ich wusste ja, dass es eine Tätigkeit auf Zeit ist. Es macht klick, und von einem auf den anderen Tag ist man völlig unwichtig. Das finde ich gut. Andererseits hat mir die Arbeit immer Spaß gemacht, auch wenn es mal Ärger gab. Ich habe es nie bereut, diesen Schritt gegangen zu sein.

Apropos Ärger. Den gab es zwischen Ihnen und der Politik in der Vergangenheit gerade beim Thema Standortsuche für die neue Feuerwehrwache zur Genüge. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, Ihr Umgangsstil mit den Entscheidungsträgern sei nicht der beste gewesen. Letztendlich wird nun doch am Mühlenredder gebaut, an dem Standort, den die Verwaltung vorgeschlagen und die Politik lange abgelehnt hatte.

Bärendorf:

Ich bin nie unangemessen vorgegangen, sondern den Politikern mit Respekt begegnet. Und zum Thema Feuerwehrwache: Wir hatten bereits 2010 der Politik eine Vorlage geliefert, die von den Fachdienststellen im Land gelobt worden ist. Die Veranstaltung bei und mit Landrat Klaus Plöger, die eine Einigung brachte, hatten wir bereits vor zwei Jahren in Reinbek – zwar ohne den Landrat, aber mit den ganzen Fachbehörden.

Ihr Verhältnis zur Politik in Reinbek gilt als schwierig, die Rede war sogar von einem Zerwürfnis.

Bärendorf:

Ich würde sagen, wir haben uns voneinander entfernt. Es gab Kritik an meiner Person, die keiner Kommentierung bedarf. Der Umgang war nicht immer sachgerecht, darauf habe ich hingewiesen, im Großen und Ganzen aber in Ordnung. Ich habe sicher nicht immer die Ansprüche der CDU, die mich hier ins Rennen gebracht hat, erfüllt, weil ich parteilos und neutral agiert habe. Mir ging es stets darum, dass es Reinbek gut geht. Wenn man sich die Beschlussvorlagen der Stadt anschaut, die einvernehmlich oder mit großer Mehrheit abgesegnet worden sind, dann haben wir eine Quote, von der andere nur träumen.

Was bleibt in Erinnerung, wenn man im Nachgang über die Ära Bärendorf in Reinbek spricht?

Bärendorf:

Wir haben die Verwaltung gestrafft, aus sechs Ämtern drei gemacht, sind dadurch wesentlich effizienter geworden und als Mannschaft richtig schlagkräftig. Wir haben in einem großen Kraftakt – und da haben Verwaltung und Politik sehr gut harmoniert – eine präsentable Kindergarten- und Krippenlandschaft aufgebaut, die fast bedarfsgerecht ist. Bei den Schulen haben wir das Gymnasium vorangebracht. Und den Antrag auf Schaffung einer Oberstufe an der Gemeinschaftsschule habe ich gerade beim Ministerium gestellt.

Und was ist nicht gelungen?

Bärendorf:

Bei der Feuerwehrwache sind wir leider nicht so weit vorangekommen, wie es die Bürger der Stadt verdient hätten. Was mich persönlich enttäuscht hat, ist die Tatsache, dass es in dem eng verflochtenen Bereich Reinbek, Glinde und Wentorf noch ein relativ geringes Bewusstsein in der Öffentlichkeit, der Politik und auch in den Verwaltungen für die Notwendigkeit von Kooperationen gibt. Aus meiner Sicht ist es kaum mehr möglich, Verwaltung, wie sie jetzt existiert, aufrechtzuerhalten. Die Bürgermeister müssen für Verdichtung sorgen und Aufgaben der Kommunalverwaltungen zusammenpacken, sonst bekommen sie Probleme.

Würden Sie alles wieder genauso machen?

Bärendorf:

Nein. Themen wie die Bauhofkooperation, die gleich zu Beginn meiner Amtszeit beerdigt worden ist, würde ich nicht mehr angehen. Genauso den Bereich der Verwaltungskooperation. Da haben wir viel Zeit und Kraft im Rathaus und in den Gremien investiert, und es hat nichts gebracht. Das war Vergeudung von Ressourcen. Ich würde auch mehr in die Ortsteile gehen und das Gespräch mit den Bürgern suchen. So habe ich das auch in Ammersbek getan. Auch wenn Reinbek größer ist und man zum Beispiel in Kneipen nur wenige Menschen erreicht, wäre es einen Versuch wert gewesen. Einzelne Projekte würde ich mehr als Moderator begleiten, um zügiger voranzukommen.

Ihr Nachfolger steht schon in den Startlöchern. Björn Warmer ist erst 38 Jahre alt und noch nie Bürgermeister gewesen. Sehen Sie aufgrund der schwierigen politischen Landschaft für ihn die Gefahr, nicht die nötige Akzeptanz zu bekommen?

Bärendorf:

Das glaube ich nicht. Ich halte Björn Warmer, wenn er alle seine Eigenschaften ausspielt, für einen hervorragenden Verwaltungschef. Er ist Jurist, hat in der Verwaltung gearbeitet und reichlich Erfahrungen in politischen Gremien in Wentorf gesammelt. Warmer versteht viel mehr von Politik als ich, er ist damit aufgewachsen. Die ersten eineinhalb Jahre werden für ihn entscheidend sein. Da kann Björn Warmer an vielen Stellen punkten.

Welche Tipps werden Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben?

Bärendorf:

Gar keine. Der kann das auch so.

Und wie sieht Ihre Zukunftsplanung aus?

Bärendorf:

Ich werde mich zeitnah nur noch ehrenamtlich engagieren und nicht der 300. Berater sein, der durch die Kommunen tingelt und versucht, Dienstleistungen an den Mann zu bringen. Es gibt zwei Projekte, für die ich mich in meiner Heimatstadt Ahrensburg einsetzen werde. Aber darüber will ich noch nichts verraten. Was mir ganz wichtig ist: Künftig werde ich mehr Sport treiben. Als ich in Reinbek Bürgermeister wurde, war ich Langstreckenläufer, davon bin ich jetzt meilenweit entfernt. Ich will an meiner Fitness arbeiten und einige Pfunde verlieren.