Eine Glosse von Lars Hansen

Ja, so alt bin ich. Meine Kinder wollen mir das kaum glauben. Die muss ich ja kilometerweit zum nächsten Freibad mit dem Auto fahren, weil es mit Bussen so schlecht zu erreichen ist.

Als ich klein war, gab’s noch Geld für alles. Wir hatten zwar keines, aber die Stadt hatte Bäder und Bolzplätze. Der Sommer war gerettet. Während ich in der Tiefe des Sprungbeckens Jacques Cousteau spielte, übten meine Kumpels auf dem Dreier die Arschbombe und auf dem Fünfer den Tarzanköpper.

Das Wichtigste: das Kaugummi. Das holten wir uns, ohne dass es einer Absprache bedurfte, nach dem ersten Wassergang. Das Kaugummi schmeckte billig, aber darauf kam es nicht an: Wir wollten das Abzieh-Tattoo. Das gab es als Totenkopf, Tiger, Anker oder Haifisch. Wir haben das je nach Geschmack auch untereinander getauscht. Einmal nassgemacht, draufgedrückt, bis zehn gezählt und voilà: Schon waren wir groß und gefährlich. „Wenn ich groß bin, wer’ ich Rogger!“: Das war unser Motto.

Sieht man sich heute mal um, machen Tiger, Totenkopf, Anker und Hai nichts mehr her. Jeder Hutmacher trägt heute Tinte in der Epidermis. Ist ja auch kein Wunder: In meiner Stadt kommt man schneller mit dem Bus zum Tätowierer als ins Freibad.