Dackel ist vor drei Wochen in Reinbek verschwunden. Seine Familie greift bei der Suche nach ihrem Liebling zu ungewöhnlichen Mitteln

Die blonde Frau kauert auf einer Decke auf dem kalten Waldboden des Krähenwaldes im Reinbeker Ortsteil Hinschendorf. Sie wartet. Im Dickicht gegenüber knackt es. Ihr Blick folgt dem Geräusch. Sie seufzt. Wieder nichts. Schon viele Nächte hat Julia Bentin an dieser Stelle verbracht. Sie wartet auf Gustav, ihren sechs Jahre alten Dackelrüden. Genau an dieser Stelle ist er am 21. Juni 2014 weggelaufen.

Die 42 Jahre alte Bergedorferin ging mit Gustav und ihrer Hündin Melli im Krähenwald in Reinbek joggen. „Wir laufen regelmäßig dort“, sagt sie. Plötzlich habe Gustav geschnüffelt und sei dann mit hoher Geschwindigkeit fortgelaufen. Kein Rufen half, die Pfiffe seines Frauchens verhallten ungehört. Ihre Hoffnung seitdem, dass Gustav zu dem Punkt zurückkehrt, an dem er sie zum letzten Mal gesehen hat.

Gustav lebte erst seit zwei Monaten in Julia Bentins Familie. Sie hatte ihn von einer alten Dame übernommen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr um den kleinen Hund kümmern konnte. „Er war so lieb und anhänglich. Wir haben ihn schnell in unser Herz geschlossen“, sagt Julia Bentin. Jeden Tag begleiteten Gustav und die Dackelhündin Melli ihr Frauchen in deren Immobilien-Büro in Lohbrügge. „Für uns ist Gustl ein vollwertiges Familienmitglied geworden. Er fehlt uns sehr“, sagt die 42-Jährige.

Bei der Suche lassen die Bentins nichts unversucht. Sie telefonierten mit den ansässigen Tierärzten, klapperten alle Tierheime ab und hängten Suchplakate in Geschäften aus. Sie richteten Futterstellen im Wald ein und verteilten gebrauchte Hundedecken, damit Gustav die Spur zu ihnen aufnehmen kann.

Die Söhne Kalli, 15, und Henni, 13, richteten auf Facebook die Seite „Wir suchen Gustav“ ein. Dort gibt es Fotos und eine detaillierte Beschreibung von dem Dackelrüden. Gustav ist sechs Jahre alt, sein Fell ist dunkel – „saufarben“ –, und er hat helle Pfoten. Beim Haustierregister TASSO ist er unter der Nummer 119.155 registriert.

Die Facebook-Seite der Bentin-Jungs hat bis heute 1637 Follower. „Unglaublich, wie viel Unterstützung uns diese Seite gebracht hat“, sagt Julia Bentin. Viele hätten Nachrichten gepostet und berichtet, dass sie mit ihren Hunden Extrarunden durch die Wälder drehten und nach Gustav Ausschau hielten. Sogar Reiter beteiligten sich an der Suche.

Ein Paar aus Hamburg-Blankenese habe sich über Facebook bei ihr gemeldet, deren Dackelhündin sei gerade läufig gewesen. „Wir haben uns im Krähenwald getroffen, und die drei sind den ganzen Weg von dort zu Fuß mit mir nach Hause gegangen – in der Hoffnung, dass Gustav der Spur der läufigen Hündin folgt und so zu uns findet“, sagt Julia Bentin.

Auch die K9-Suchhundestaffel Nordost mit ihren Bloodhounds habe mitgesucht. „Das sind im Mantrailing ausgebildete Suchhunde, deren Besitzer diese Einsätze ehrenamtlich machen“, sagt Bentien. Die Suche habe ergeben, dass sich Gustav wohl noch im Raum Reinbek/Schönningstedt/Oststeinbek aufhalten könnte. Bentin: „Es ist unglaublich, wie viel Trost mir diese Menschen gespendet haben. Ich kann da jederzeit anrufen.“

Dass drei Wochen eine lange Zeit sind für einen Hund ohne seine Familie, ist Julia Bentin durchaus klar: „Ich weiß, dass die Möglichkeit besteht, dass Gustav seinen Ausflug nicht überlebt hat.“ Allerding hätten die Bloodhounds auch die Bauten der Waldtiere inspiziert und keinen verendeten Hund gefunden. Das gebe ihr Hoffnung. „Meine Seele findet keine Ruhe, solange ich nicht weiß, was mit Gustav passiert ist.“

Sie habe die Vermutung, dass eine Person den Hund in dem Glauben, er sei ausgesetzt worden, zu sich genommen hat. Sie hofft, dass diese Person bald erfährt, dass Gustav verzweifelt gesucht wird. „Bitte rufen sie uns an. Wir kommen sofort und holen ihn ab.“ Julia Bentin ist bereit, dem Finder entstandene Kosten zu erstatten. Und: „Eine kleine Belohnung ist sicherlich auch noch drin.“

Hinweise auf Gustavs Verbleib sind möglich auf www.facebook.com, „Wir suchen Gustav“, unter der TASSO-24-Stunden-Hotline 06190/937300 und unter Julia Bentins Handynummer 0172/4548354.