33-Jähriger ersticht Bekannten in Barsbüttel. Er muss für vier Jahre und drei Monate in Haft

Barsbüttel/Lübeck. Vier Jahre und drei Monate Haft für den brutalen Tod eines Menschen. So lautet das Urteil der I. Großen Strafkammer am Landgericht in Lübeck. Das Gericht sieht es als erwiesen, dass Maksim A. (Name geändert) im November 2013 einen 37 Jahre alten Bekannten mit 15 Messerstichen getötet hat. Allerdings erkennt das Gericht genauso einen minder schweren Fall des Totschlags.

„Wir können nachvollziehen, dass es schlimm ist, einen Menschen zu verlieren“, sagt der Vorsitzende Richter Christian Singelmann und blickt dabei auf die Witwe des getöteten Viktor D. (Name geändert). Die Frau mit dem schwarzen Kopftuch hat ihre Hände zusammengefaltet und presst sie immer wieder gegen den Mund. Singelmann fährt fort: „Aber wir müssen die Dinge objektiv behandeln und können dabei nicht die Eigenschaften des Opfers ausblenden. Ich hoffe, sie können sich in uns hineinversetzen.“

Mit den Eigenschaften des Opfer meint der Richter den Tyrannen Viktor D., der seine Mitmenschen erniedrigte und misshandelte. Viktor D. aus Tschetschenien und Maksim A. aus dem Kaukasus lernen sich im April 2013 in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Neumünster kennen. „D. führte sich dort so auf, als ob ihm das Lager gehörte. Er forderte grundlos Geld von den anderen Menschen“, so der Richter. Schon damals ging A. diesem Machtmenschen, der den anderen körperlich überlegen war, aus dem Weg.

A. kommt mit drei anderen Männer in eine Asylbewerberunterkunft nach Barsbüttel, Viktor D. mit seiner Frau und den drei Kindern nach Geesthacht. Als D. im November nach Barsbüttel kommt, um einen Bekannten zu besuchen, treffen A. und D. wieder aufeinander. „Obwohl der Angeklagte versuchte, die Begegnung zu vermeiden“, so Singelmann. Denn Maksim A. wusste, wie aggressiv D. ist. In der Wohnung des Freundes wird A. wieder erniedrigt. Zeugen berichten, dass das spätere Opfer A. immer wieder Ohrfeigen gab und ihn beschimpfte. Als die Frau des Bekannten alle Männer auffordert, zu gehen, zieht sich A. seine Schuhe an und wird dabei mit voller Wucht von D. ins Gesicht getreten. „Das war sehr feige“, kommentiert der Richter. A. hat Angst, weil D. droht, ihn vor dem Haus zu töten. „Er bitte die Bewohnerin, die Polizei zu rufen. Das hat sie aber nicht gemacht“, so der Richter. Auf der Straße geht D. plötzlich mit einem Messer auf Maksim A. los. Diesem gelingt es, dem Angreifer die Waffe aus der Hand zu treten. A. nimmt das Messer an sich und sticht auf D. ein bis die Klinge abbricht. D. stirbt. Der Täter geht zur Polizei und legt ein umfassendes Geständnis ab. „Hätte ich es nicht getan, hätte er mich getötet“, sagte er damals. Doch Notwehr kann das Gericht nicht erkennen, weil A. dem Angreifer das Messer aus der Hand getreten hat.

Maksim A. nimmt das Urteil regungslos an und sitzt, wie fast den ganzen Prozess, mit gesenktem Kopf neben der Dolmetscherin. Ganz anders die Witwe des Opfers. Nach dem Urteil beschimpft sie den Mann auf russisch: „Du sollst verdammt sein“, schreit die Frau immer wieder. Sie muss aus dem Gerichtssaal geführt werden. Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob sie in Revision geht. Der Ankläger hatte sieben Jahre Haft gefordert.