Drei Schauspieler aus der Stormarner Kreisstadt stehen bei „Pettersson und Findus“ auf der Freilichtbühne in Lübeck

Lübeck/Bad Oldesloe. Martha Finger steht im Umkleideraum und betrachtet ihr Gesicht im Spiegel. Es ist ganz weiß, voller Schminke, mit schwarzen Flecken. Die Nase ist braun. Wenn sie lächelt, zieht es die schwarzen und braunen Flecken auseinander und sie sieht keck aus. Auf ihrer Haut pappt eine dicke Schicht Theaterschminke, die sie, zusammen mit einem zotteligen Kuhkostüm, von einem netten elfjährigen Mädchen in ein freches Kälbchen verwandelt. Der Geruch von Creme hängt in der Luft. „Mit Abschminktüchern nehme ich die Schminke grob weg, mit der Creme dann den Rest“, erklärt sie und wischt über ihr Gesicht. Ein Streifen ihres Gesichts wird frei und die Farbe wird blasser. Das Kälbchen verschwindet nach und nach.

Die elfjährige Oldesloerin spielt bei dem Stück „Pettersson und Findus“ des Kindertheaters auf der Lübecker Freilichtbühne mit. Seit 23 Jahren schon werden hier jeden Sommer für Kinder Theaterstücke aufgeführt. Nicht nur Martha, auch zwei andere Schauspieler aus Bad Oldesloe sind mit dabei: Lena Ahlreip, 21, und Sven W. Pehla, 46.

Heute hat das Theater eine ganz besondere Vorstellung nur für Kindergärten und Schulklassen im Umkreis. Und die sitzen draußen auf den runden Zuschauerbänken in Scharen. „Nur das Wetter könnte besser sein“, sagt Wilfried Zander, Produzent des Stücks und Geschäftsführer der Freilichtbühne. Er wirft einen prüfenden Blick in den grauen Himmel, es nieselt. „Wir sind zufrieden, es war ja schlechter angesagt.“

Wenn das Wetter nun nicht gerade einen trockenen Hintern garantiert, so sorgt es doch für ein bunt gemischtes Publikum: In blauen, grünen, gelben, pinken Regenjacken sitzen die Kinder und ihre Begleiter da, mit Schirmen trotzen sie dem Nass von oben und legen Plastikplanen auf die feuchten Holzbänke. Die Kinder stört der Regen wenig, sie blicken gebannt auf das Theaterstück und fiebern mit den Charakteren mit.

Im Stück geht es um den alten, schrulligen Pettersson, der mit drei Hühnern auf einem Hof lebt. Als er eine kleine Katze, Findus, geschenkt bekommt, wird sein Alltag um einiges lebendiger. Findus lernt sogar sprechen und die beiden werden die besten Freunde. Als sie ein Gemüsebeet anlegen, schleichen sich die Hühner an, die gerne darin nach Würmern picken wollen. „Die Hühner!“, rufen die Kinder auf den Zuschauerbänken laut. Sie wollen die Schauspieler warnen und zeigen erschreckt auf die herumwackelnden Hühner – darunter sind auch Sven W. Pehla und Lena Ahlreip. „Die Hühner!“ Die Rufe überdecken beinahe die Worte der Schauspieler.

Bei diesem packenden Spiel ist das Wetter schnell vergessen, die Kinder biegen sich vor Lachen. Besonders, wenn auf einmal Martha als Kälbchen durch die Bühne saust und Petterssons frisch angelegtes Beet zerwühlt. „Ich habe zwei Rollen, ich spiele den jungen Findus und das Kälbchen“, erzählt die Schülerin der Ida-Ehre-Schule. „Das Umziehen nervt, ich muss mich total beeilen.“ Nur fünfzehn Minuten hat sie dafür Zeit. „Mir wird sogar dabei geholfen, von drei Leuten“, sagt sie und verdreht scherzhaft die Augen. Martha hat vor zwei Jahren zum ersten Mal beim Freilichttheater mitgespielt. „Ich spiele aber auch noch beim Chapeau Klack, dem Jugendtheater in Bad Oldesloe“, sagt sie. Produzent Zander weiß: „Martha ist ein altes Theaterpferd.“

Geprobt wurde bis zu sechs Mal pro Woche

Erfahrung haben die Schauspieler alle reichlich. Lena Ahlreip macht sogar eine Schauspielausbildung. „Bald muss ich mich auf die Abschlussprüfung vorbereiten“, sagt sie. Für die Proben und Auftritte des Kindertheaters werden sie und Martha von ihren Schulen freigestellt. „Wir proben etwa seit Ende Mai“, erzählt sie. „Ungefähr vier bis sechs Mal in der Woche haben wir geübt, jeweils drei bis vier Stunden. Weil wir mit Kindern arbeiten, brauchen wir mehr Zeit.“ Ahlreip spielt eines der Hühner, die so scharf auf Petterssons Beet sind. „Mein Huhn ist schick und ein bisschen pubertär. Das sieht man auch an meinen extra großen Wimpern“, sagt sie und deutet auf ihr geschminktes Gesicht.

„Die Hühner sind wichtige Figuren für die Kinder“, sagt Sven W. Pehla, der Regisseur des Stücks. Auch er spielt eines der gackernden Tiere. Die Truppe habe beim Einstudieren des Stücks viel Spaß gehabt. „Die Schauspieler erarbeiten vieles gemeinsam“, so Pehla. „Wir sind ein harmonisches Ensemble.“ So sehen das auch die anderen: „Sven ist da ganz locker. Wir hatten alle viel Spaß bei den Proben“, sagt das dritte Huhn im Bunde, Paulina Pawlik.

Das merkt man auch beim Anschauen des Stücks. Alle Figuren haben sichtlich Spaß und fügen sich perfekt in ihre Rollen. „Wir haben viel draus gemacht“, sagt Lena Ahlreip zufrieden. Noch bis Ende August werden die Oldesloer und ihre Kollegen jedes Wochenende von Freitag bis Sonntag auf der Freilichtbühne stehen. Für heute ist aber erst einmal Schluss und die Schauspielerinnen entfernen mit der Creme ihre Kälbchen-, Hühner- und Katzengesichter. Ob sie noch etwas loswerden wollen? Sven W. Pehla lacht: „Nur mein Kostüm.“