Feuerwehr bei Unwetter bis zum Morgen im Dauereinsatz. Bauarbeiter sichern Haus im Ahrensburger Neubaugebiet

Ahrensburg. Die Schalen mit Chips und Erdnüssen stehen bereit, die Vorfreude auf das WM-Halbfinale Deutschland gegen Brasilien ist groß. Sven Arne Werner, stellvertretender Wehrführer von Bargteheide, hofft mit seinen Kameraden und dessen Frauen, ein torreiches Spiel zu sehen. Torreich wurde das Halbfinale, gesehen haben es die Feuerwehrmänner aber nicht. Denn das Unwetter mit Starkregen hat für die einsatzreichste Nacht in der Geschichte der Bargteheider Feuerwehr gesorgt.

Ab 20.30 Uhr gingen die ersten Notrufe auf den Piepern der freiwilligen Helfer ein. „Wir hatten vollgelaufene Keller in Familienhäusern, einem Supermarkt, einer Schule und eine überschwemmte Tiefgarage“, sagt Sven Arne Werner. 114 Feuerwehrleute aus der Stadt waren in dieser historischen Fußballnacht im Einsatz und zählten knapp 50 Einsätze.

Auch in den umliegenden Gemeinden sowie in Trittau, Ahrensburg und Bad Oldesloe kämpften dutzende Helfer gegen die Wassermassen. Die 112-Notrufzentrale in Bad Oldesloe zählte allein zwischen 19.50 und 22.30 Uhr 480 Anrufe aus den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg. „Das waren 330 Einsätze“, sagt Frank Wojciechowski, Leiter der Rettungsleitstelle.

Auch er hatte sich auf einen gemütlichen WM-Abend in seiner Wohnung in Bad Segeberg gefreut. „Ich war nach meiner Schicht gerade fünf Minuten zu Hause, als ich wieder wegen der Lage zurück nach Bad Oldesloe fahren musste“, erzählt er. Sechs weitere Disponenten wurden quasi von der Couch geholt und mussten helfen, die Einsätze zu koordinieren. „Wir haben von drei, auf neun Kollegen aufgestockt.“

Neben vollgelaufenen Kellern mussten Feuerwehr und Technisches Hilfswerk sich auch um umgestürzte Bäume oder ein Haus in Rethwisch kümmern, in das ein Blitz eingeschlug und großen Schaden anrichtete.

„Alle Einsätze konnten wir nicht abarbeiten“, sagt Sven Arne Werner von der Bargteheider Feuerwehr, die auf die meisten Einsätze kommt. „Beispielsweise haben wir uns nicht um überschwemmte Straße kümmern können. Da haben wir dann auf die Vernunft der Anwohner gehofft, nicht mehr Auto zu fahren“, so Werner. Er und seine Kameraden sind von Einsatzort zu Einsatzort gefahren und haben eine Prioritätenliste gemacht. „Natürlich müssen Keller mit Ölheizungen sofort leergepumpt werden, da müssen wir sofort eingreifen“, so Werner.

Auf dem Erlenhof in Ahrensburg drohte ein Haus zu unterschwemmen

Mehr als über das verpasste Fußballspiel hatte sich Werner über einige Menschen geärgert, bei denen das Wasser nur daumendick im Keller stand und die kein Verständnis dafür hatten, dass die Feuerwehr nicht geholfen hat. „Bei andern Hausbewohnern stand das Wasser einen Meter hoch“, so Werner der verärgert hinzufügt: „Wir sind doch nicht zum Feudeln da.“

Außerdem war eine Tiefgarage an der Bahnhofstraße vollgelaufen. Allein dieser Einsatz dauerte rund sechs Stunden. Die freiwilligen Helfer konnten verhindern, dass das Wasser dort die 20-Zentimeter-Marke überschritt. Doch die meisten Menschen waren hilfsbereit und versorgten die Helfer nicht nur mit Fußballergebnissen, sondern auch mit Getränken.

Die Ahrensburger Feuerwehr hatte zwar weniger Einsätze, allerdings gestalteten diese sich besonders schwierig. „Der Funkverkehr war völlig überlastet und dann brach auch noch das Netz eines Handyanbieters in Ahrensburg zusammen“, sagt Wehrführer Florian Ehrich. Die Helfer mussten nach jedem Einsatz zurück zur Wache fahren und sich den nächsten Einsatz abholen.

„Die Kommunikation war sehr schwierig“, so Ehrich. Die größten Einsätze hatten die Helfer bei der Druckerei Prinovis. Auch dort stand das Wasser im Keller. Brenzliger wurde es indes auf dem Neubaugebiet Erlenhof. Weil es dort noch keine vernünftigen Entwässerungssysteme gibt, drohte ein neues Einfamilienhaus zu unterschwemmen. „Wir hatten es uns gerade in unserem Bauwagen gemütlich gemacht und wollten Fußball gucken“, erinnert sich Bauarbeiter Janusch Hek, der auf der Baustelle schläft. Doch dann strömten die Wassermassen einen Hang hinunter und gegen ein Haus. „Wir sind bei Regen in unsere Bagger und haben links und recht am Haus Gräben gebaggert und so das Wasser umgeleitet. Auch die Feuerwehr und das THW waren vor Ort. „Wir haben offenbar verhindert, dass das Haus in die Aue gespült wird“, so Ehrich.

Helfer hatten kurze Nacht und mussten am nächsten Morgen zur Arbeit

Er und seine 30 Kameraden waren bis Mitternacht im Dauereinsatz. Nach einer Gulaschsuppe an der Wache halfen sie dann den Kameraden in Bargteheide. Auch die Ahrensburger haben von den Anwohner erfahren, wie es bei dem Fußballspiel steht. „Wir waren bei einem Einsatz, da sagte ein Hausbesitzer, dass es 2:0 für Deutschland steht. Im selben Moment, kam ein anderer Bewohner und sagte, ‚nee nee ist schon 3:0‘“ erinnert sich Ehrich.

Die Helfer in Trittau hörten während der Einsätze wie in alten Zeiten Radio und nahmen es wie alle anderen mit Humor. Auch sie waren bis zwei Uhr nachts im Einsatz. „Die meisten mussten am nächsten Morgen wieder zur Arbeit“, allerdings hatten die Firmen in Trittau Verständnis und ließen die Mitarbeiter eine Stunde länger schlafen.

In Bargteheide hatten die Feuerwehrmänner auch nur eine kurze Nacht. Sven Arne Werner: „Ich war nach dem Unwetter gegen drei Uhr zu Hause. Die Frauen hatten alleine Fußball geguckt und die Schalen mit den Chips waren alle leer.“