Firma Semmelhaack entwickelt mehrere öffentlich geförderte Bauprojekte in Südstormarn

Glinde. Er kann viel gewinnen, hat aber auch einiges zu verlieren. Wenn Hartmut Thede beruflich aktiv ist, geht es um Millionen Euro. Der 63 Jahre alte Glinder arbeitet als Leiter der Projektentwicklung beim Wohnungsunternehmen Semmelhaack. Zum Kerngeschäft der Firma gehört der Bau von Geschossimmobilien, deren Kennzeichen ein ausgewogener Mix von freifinanzierten und öffentlich geförderten Wohnungen ist. 500 Einheiten haben die Elmshorner in Stormarn sowie im Kreis Herzogtum-Lauenburg in ihrem Bestand. Weitere sollen folgen: in Glinde, Oststeinbek und Barsbüttel.

Es ist ein schwieriges Geschäftsumfeld, zumal Semmelhaack seine Objekte nicht gewinnbringend weiterverkaufen will und die Renditen bei Sozialwohnungen überschaubar sind. Denn bevor Verträge mit Kommunen geschlossen werden, die Rechtssicherheit gewährleisten, dass ein Projekt auch realisiert wird, muss der Investor in Vorleistung gehen. Platzt der Deal, ist schnell eine sechsstellige Summe versenkt.

„Wir sind keine Spekulanten und können sozialen Wohnungsbau“, sagt Thede, während er das 4800 Quadratmeter große Grundstück der ehemaligen Gärtnerei Diesing in Glinde inspiziert. Noch liegt die Fläche brach. Der Projektentwickler: „Wenn der Kampfmittelräumdienst seine Untersuchungen abgeschlossen hat, soll es Anfang August losgehen.“ Dann entstehen hier 54 Wohnungen für Senioren, 21 davon sind öffentlich gefördert. Dieses Projekt ist laut Thede unproblematisch.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Möllner Landstraße liegt das Areal Gleisdreieck. Auch hier soll gebaut werden, allerdings im größeren Umfang: 160 Einheiten, die Hälfte davon Sozialwohnungen, mit einem Investitionsvolumen von rund 18 Millionen Euro. Dieses 50:50-Verhältnis wünschen sich die Kommunalpolitiker. Ohne deren Wohlwollen geht nichts. Das weiß auch Thede, der den Anteil von 30 Prozent geförderter Wohnungen als optimal bezeichnet. Die Rechnung eines Investors ist einfach: Je höher der Anteil freifinanzierter Einheiten, desto besser die Wirtschaftlichkeit.

9,50 Euro pro Quadratmeter beträgt die Kaltmiete in diesem Segment, 5,50 und 7 Euro (Zweiter Förderweg) bei Sozialwohnungen. „Zudem schreibt das Wohnungsbauförderungsgesetz eine Mietpreisbindung zwischen 25 und 35 Jahren vor“, sagt Thede. Wenn sein Unternehmen ein Projekt umsetze, habe man eine Renditeerwartung zwischen drei und fünf Prozent. „Wir leben von den Mieteinnahmen.“

Bis der Bebauungsplan abgesegnet ist, steht der Investor im Risiko

Beim Gleisdreieck hat Semmelhaack den Kostenübernahmevertrag mit der Stadt bereits geschlossen, die Stadtvertretung stimmte dem Aufstellungsbeschluss zu. Bis dahin hatte das Wohnungsunternehmen schon mehr als 50.000 Euro investiert. Jetzt werden Planungsbüros beauftragt, Boden- und Umweltgutachten erstellt sowie Lösungen zur Verkehrssituation erarbeitet. „Wir müssen hier 20 Meter tief bohren, weil sich unter der Erde eine alte Flakstellung befindet. Das macht mal eben 15.000 Euro“, berichtet Thede.

Es wird teuer, bis der Satzungsbeschluss aufgestellt und der Bebauungsplan abgesegnet ist. Angepeilt ist November dieses Jahres. Mit weiteren 150.000 Euro ist der Investor bis dahin dabei – und die Stadt kann jederzeit einen Rückzieher machen. „Ich bin da emotionslos. Derartige Verluste kalkulieren Investoren mit ein. Das gehört zum Geschäft dazu“, sagt Glindes Bürgermeister Rainhard Zug.

Die Verwaltungschefs sind für Thede erste Ansprechpartner, wenn es darum geht, eine Idee anzuschieben. Dabei wird nichts dem Zufall überlassen. Man habe profunde Kenntnisse über die demografische Entwicklung, die Sozialstruktur und freie Flächen in den Gemeinden, sagt der Projektentwickler. So sei gewährleistet, dass man bedarfsgerecht plane. Thede ist auch dafür zuständig, die Grundstücke zu erwerben, auf denen gebaut werden soll. 150 bis 250 Euro pro Quadratmeter zahle sein Unternehmen in Südstormarn, „mehr geht nicht, denn wir können uns wirtschaftlich nicht verbiegen“. Überwiesen werde erst, wenn Rechtssicherheit bestehe. Bis dahin habe der Investor ein Rücktrittsrecht vom Vertrag.

Von diesem könnte Semmelhaack demnächst in Oststeinbek Gebrauch machen. Thede: „Dort haben wir für die Projektplanung auf dem Areal des Allianz-Geländes jede Menge Arbeit reingesteckt und einen hohen fünfstelligen Betrag investiert.“ Rund 270 Wohneinheiten, davon 170 für Senioren und teils öffentlich gefördert, sah ein erster Entwurf, der öffentlich vorgestellt wurde, vor. Die Kommunalpolitiker sind sich bei diesem Standort jedoch uneins. Das Projekt ruht. „Ich würde gerne einen zweiten Anlauf planen, wenn es aber in spätestens neun Monaten nicht voran geht, steigen wir aus“, sagt Thede.

Alternativ beschäftigen sich die Entscheider mit einer 1,1 Hektar großen Fläche im Zentrum der Gemeinde, die maximal 100 Wohneinheiten ermöglicht. Das könnten sich Oststeinbeks Politiker zwar vorstellen, nur kommt das Elmshorner Unternehmen beim Grundstückskauf nicht voran. Thede: „Die Gespräche mit den Eigentümern sind nicht einfach.“ Immerhin halte man das Risiko klein, weil bereits ein B-Plan existiere. Bürgermeister Jürgen Hettwer: „Ich würde es bedauern, wenn sich Semmelhaack zurückzieht. Aber wir haben noch eine andere Variante in der Hinterhand.“ Er kann sich auch ein genossenschaftliches Modell vorstellen. Problematisch gestaltet sich die Situation auch in Barsbüttel. Dort möchte Semmelhaack 75 Einheiten am Steinbeker Weg erstellen, hat rund 10.000 Euro in die Projektentwicklung investiert. Der Grundstückseigentümer will aber noch nicht verkaufen.

Das Wohnraumförderprogramm des Landes bezeichnet Thede als „Segen“

Dass in zahlreichen Kommunen im Hamburger Speckgürtel der Bedarf an Sozialwohnungen enorm ist, „macht die Sache für uns nicht leichter“, sagt Thede. Zugute kommt dem Unternehmen allerdings, dass das Land auf die Missstände reagiert hat und bis Ende 2014 im Rahmen eines Wohnraumförderprogramms 50 Millionen für den Bau von Sozialwohnungen im Hamburger Umland zur Verfügung stellt. Eine Verlängerung um zwei Jahre ist angedacht. Glinde macht davon beim Gleisdreieck Gebrauch. Die Mittel sind reserviert.

Thede bezeichnet das Förderprogramm als „Segen“. Denn die Zinsen für die von der Investitionsbank Schleswig-Holstein vergebenen Darlehen sind attraktiv. In den ersten sechs Jahren zahlt der Kreditnehmer nur 0,5 Prozent für eine sogenannte Bearbeitungsgebühr per anno, danach steigt der Zinssatz alle drei Jahre um 0,25 Prozent. Wie jeder normale Häuslebauer finanziert auch ein Investor wie Semmelhaack seine Projekte mit Eigenkapital und Krediten von Banken und Sparkassen.