19-Jähriger filmt Löschfahrzeuge. Er soll in einer Nacht zwei Feuer gelegt haben. Polizei findet verdächtige Videos

Ahrensburg. Autos, Hunderte von Strohballen, Papiercontainer: Seit mehr als einem halben Jahr halten Brandstiftungen Ahrensburg in Atem (wir berichteten). Immer wieder musste die Freiwillige Feuerwehr in den Nächten ausrücken, teils stundenlang gegen die Flammen kämpfen. Immer wieder konnte die Polizei nach den Löscharbeiten nur die spärlichen Spuren an den Tatorten sichern, die Feuer und Löschwasser nicht vernichtet hatten, nie aber einen Tatverdächtigen fassen. Nun gab es einen Ermittlungserfolg. Nach einer Brandstiftung auf einem Balkon nahmen die Beamten einen mutmaßlichen Täter fest. Auf seinem Handy fanden die Ermittler etliche Aufnahmen, die das Ausrücken der Ahrensburger Feuerwehr zeigen. Sie prüfen nun, ob es weitere Zusammenhänge zwischen den dazugehörigen Brandstiftungen und anderen Taten gibt.

Es ist Sonnabend, 3.55 Uhr: Auf dem Balkon einer Wohnung am Schäferweg stehen Gartenmöbel aus Rattan in Flammen. Bevor das Feuer auf das Haus übergreifen kann, wacht der Bewohner auf. Mit einem Feuerlöscher kann er die Flammen ersticken. Anschließend ruft der Mann die Feuerwehr. Die Experten sollen sicherstellen, dass zwischen den verkohlten Möbeln keine Glutnester sind. Während die Feuerwehrleute aus ihrer rund einen Kilometer entfernten Rettungswache an der Straße Am Weinberg ausrücken, steht ein junger Mann in unmittelbarer Nähe. So dokumentiert der Polizeibericht die Umstände. Neben steht sein Fahrrad. In seiner Hand hält er ein Mobiltelefon mit Kamera und filmt die ausrückenden Retter.

Gegen 4.10 Uhr bemerken Polizisten den jungen Mann mit der Handykamera. Sie sprechen ihn an. Fragen ihn, warum er filme. Wie er habe wissen könne, dass die Feuerwehr just in dem Moment ausrücken würde – und was er überhaupt um diese Uhrzeit vorhabe. Der Ahrensburger verstrickt sich in Widersprüche. So behauptet er unter anderem, dass er von zu Hause losgefahren sei, um Geld abzuheben. Die Filiale liegt nicht auf dem Weg.

Die Polizisten bringen den Verdächtigen auf die Wache. Auf seinem Handy finden sie weitere Videos, die zeigen, wie die Mitglieder der Ahrensburger Feuerwehr zu Einsätzen ausrücken. Abgesehen von den Videos hat der 19-Jährige keine verdächtigen Dinge wie ein Feuerzeug oder Brandbeschleuniger bei sich. Auch die Tat streitet der Mann ab. Dringend tatverdächtig sei er dennoch, sagt Polizeisprecherin Sonja Kurz: „Dass er die Feuerwehr gefilmt hat, das ist schon ein Verdachtsmoment.“

Es ist zudem ein durchaus typisches Verhalten für einen Brandstifter. Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, sagt: „Brandstifter beobachten oft die Löscharbeiten und die ganze Aufgeregtheit infolge ihrer Tat.“ Dabei, so Pfeiffer, gehe der Täter auch das Risiko ein, erwischt zu werden.

Nach der Vernehmung darf der Ahrensburger gehen. „Es liegen keine Haftgründe vor“, sagt Kurz. Gegen ihn wird nun wegen des Verdachts der versuchten schweren Brandstiftung ermittelt.

Es ist Sonnabend, 6.20 Uhr, als Passanten rund anderthalb Kilometer vom ersten Tatort entfernt dichten Rauch über dem Kleingartenverein an der Friedensallee aufsteigen sehen. Als die Feuerwehr eintrifft, steht eine 20 Quadratmeter große Gartenlaube in Flammen. Weil die Feuerwehrleute einen Knall gehört haben, vermuten sie, dass in der Laube Gasflaschen lagern. Polizisten evakuieren daraufhin das Gelände. Die Laube brennt unterdessen nieder. Die Retter können lediglich verhindern, dass die Flammen auf das benachbarte Häuschen überspringen. Den Schaden schätzt die Polizei auf rund 10.000 Euro. Wieder, so scheint es nach den ersten Ermittlungen, handelt es sich um Brandstiftung. „Die Ermittler prüfen nun, ob es Zusammenhänge zwischen den Taten gibt“, sagt Sprecherin Sonja Kurz.

Auch ältere Taten will die Ahrensburger Kripo noch mal genau untersuchen. In diesem Jahr wurden sechs Autos angezündet, seit November 2013 standen viermal je Hunderte von Strohballen im Stadtteil Ahrensfelde in Flammen. Zehnmal brannten seit Januar Papiercontainer. Zeugen, die Hinweise zu einem der Brände vom Sonnabend oder zu älteren Brandstiftungen haben, werden gebeten, sich bei der Kripo Ahrensburg zu melden. Sie ist unter Telefon 04102/809–0 zu erreichen.