Briefkästen bleiben tagelang leer. Post sieht keinen Handlungsbedarf. Gewerkschaft spricht von Personalmangel

Barsbüttel. Der tägliche Gang zum Briefkasten ist wie ein Ritual. Wir öffnen das kleine Türchen, holen meist ein paar Briefe, manchmal auch Werbeprospekte heraus, und der Tag kann seinen gewohnten Lauf nehmen. Wenn der Kasten tagelang leer bleibt, fällt das schnell auf. Wie im Fall von Hans-Jürgen Meier aus Barsbüttel. „Vergangene Woche habe ich an mindestens drei Tagen gar keine Post bekommen, obwohl ich welche erwartet hatte“, sagt der 75-Jährige.

Am Mittwoch, 4., und Donnerstag, 5. Juni, sei sein Briefkasten leer geblieben. In dieser Zeit habe Meier wichtige Schreiben erwartet. Um sicherzugehen, dass es nicht an den Absendern lag, fragte Meier bei denen nach. „Alles ist pünktlich rausgegangen“, sagt der Barsbütteler. Post habe er erst wieder am Freitag, 6. Juni, erhalten.

Der Rentner informierte die Post über eine Service-E-Mail-Adresse über den Vorfall. „Eine Antwort darauf bekam ich am darauffolgenden Sonnabend per E-Mail, dafür aber wieder keine Post“, sagt Meier und fügt an: „Das ist doch auch unerfreulich für die Unternehmen, die ihre Werbeprospekte über die Deutsche Post verteilen lassen.“ In der Falkenstraße, wo Meier wohnt, habe er sich auch bei seinen Nachbarn umgehört. Auch sie hätten in der vergangenen Woche länger auf ihre Briefe gewartet als üblich, sagt Meier. „Meine Nachbarn bekommen mehr Post als ich. Denen fällt das sogar eher auf als mir.“

Das ist offenbar kein Einzelfall in Barsbüttel. Nicht nur Hans-Jürgen Meier und seine Nachbarn, sondern auch das Unternehmen LemonTec An der Barsbek ist betroffen. „In der vergangenen Woche haben wir gar keine Post bekommen“, sagt Daniela Koppmann von LemonTec. Auch der Postbote, den sie sonst regelmäßig sehe, sei ihr in dieser Zeit nicht über den Weg gelaufen. „Wenn mal an einem Tag keine Post kommt, fällt das nicht unbedingt auf. Aber bei einer ganzen Woche wundert man sich doch schon sehr“, sagt Daniela Koppmann.

Die Barsbüttelerin Kristina Schwarz wohnt an der Straße Soltausredder und beobachtet bereits seit einem halben Jahr, dass die Post manchmal bis zu fünf Tagen später da ist als erwartet. Bei ihr falle viel Schriftverkehr an. Sie habe sogar vergleichen können, wie lange das gleiche Schreiben zu Bekannten nach Reinbek und Glinde unterwegs war. „Meine Bekannten erhielten ihr Schreiben einige Tage früher als ich“, sagt Schwarz. Bei wichtiger Post sei das schon problematisch.

„Es kann immer mal sein, dass ein Brief nicht am Folgetag ankommt. Es gibt auch keine garantierte Laufzeit dafür“, sagt Martin Grundler, Pressesprecher der Deutschen Post DHL Nord. Die Post muss also nicht am nächsten Tag liefern. „Weil aber 95 Prozent der Briefsendungen einen Tag nach Versand beim Empfänger ankommen, haben sich die Kunden gewissermaßen an diesen Service gewöhnt.“ Die Post befördere 64 Millionen Briefe am Tag und könne daher nicht immer im Einzelnen nachvollziehen, warum einige Sendungen nicht am Folgetag ankämen, gibt der Pressesprecher zu bedenken. Ihre Zielvorgabe, mindestens 80 Prozent der Postsendungen am Folgetag zu verteilen, übersteige die Post immer. 100 Prozent seien nicht möglich.

Grundler: „Wir nehmen es auf jeden Fall ernst, wenn es Reklamationen von Kunden gibt. Deswegen ist es wichtig, dass sie sich bei uns melden.“ Die Beschwerden würden von den betroffenen Zustelleinheiten überprüft. Was genau im Fall Barsbüttel zu den Verspätungen geführt hat, sei noch ungeklärt. Die Post möchte dieser Frage nun nachgehen.

Bei Krankheitsfällen gebe es zwar Vertreter. „Wenn jemand ganz kurzfristig ausfällt, werden die Bezirke oder Gemeinden aber erst mal auf andere Briefträger aufgeteilt“, sagt Grundler. An zu wenig Personal liegt es laut Postsprecher nicht, wenn – wie im Fall von Barsbüttel – Briefe fünf Tage lang nicht ankommen. „Wir setzen auch zusätzliches Personal nach Bedarf ein, zum Beispiel zu Urlaubszeiten.“

Matthias Pietsch vom Fachbereich Postdienste, Speditionen und Logistik Nord der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di sieht die Lage etwas anders. „Dass es Verspätungen bei der Postzustellung gibt, bekommen wir nicht zum ersten Mal zu hören. Das ist ein strukturelles Problem in ganz Norddeutschland.“ Es gebe immer weniger Personal, sagt Pietsch. „Diese Entwicklung beobachten wir seit einigen Jahren.“