Glinderin wirft 33-Jährigem Vergewaltigungsversuch vor. Er sagt, sie habe ihn mit Messer angegriffen

Glinde/Reinbek. Wegen versuchter Vergewaltigung steht der Hamburger Heiko M. (alle Namen geändert) vor dem Reinbeker Schöffengericht. Der Mann habe sie gewürgt, geschlagen, bedroht und wollte sich an ihr vergehen, lautet der Vorwurf der 45 Jahre alten Marianne K. aus Glinde. Heiko M., 33, widerspricht: Die Frau habe ihn mit einem Messer angegriffen.

Selbstbewusst betritt Marianne K. den Gerichtssaal. „Ich war mit ein paar Freundinnen in der Pfanne, das ist eine Kneipe in Glinde“, sagt die Frau – blonde Strähnen im Haar, Strass auf langen Fingernägeln – über die Nacht zu Sonnabend, 15. Juni 2013. Die Frauen trinken Bier. Als ihre Begleiterinnen nach und nach gehen, stellt sich Marianne K. an den Tresen. Dort lernt sie den Finanzbuchhalter Heiko M. kennen. „Er hat mich auf einen Ouzo eingeladen“, sagt die Frau mit rauer Stimme.

Als der Wirt gegen 4.30 Uhr schließt, steht Marianne K. mit Heiko M. und zwei weiteren Männern vor der Tür. „Wir haben dann beschlossen, noch etwas zu trinken, und sind zu mir“, sagt K. „Wer hatte diese Idee?“, fragt die Richterin. „Ich glaube ich. Ich war noch nicht müde“, sagt K., während sie permanent mit dem Fuß wippt.

Die Frau sagt, dass sie eingeschlafen sei und der Mann plötzlich auf ihr saß

„Zu Hause wurde mir plötzlich schlecht, und ich musste mich übergeben“, so die 45-Jährige weiter. Dann sei sie ins Schlafzimmer gegangen. Sie habe noch gehört, wie Heiko M. seine Freunde aufforderte zu gehen. „Dann muss ich eingeschlafen sein“, so K. Plötzlich sei sie wach worden. „Heiko saß auf mir und war untenrum entkleidet.“ Die Jeans, mit der sie eingeschlafen sei, sei ihr ausgezogen worden. „Er versuchte, in mich einzudringen, was ich allerdings verhindern konnte. Woraufhin er mich würgte. Ich hatte Angst, keine Luft mehr zu bekommen“, so K. Du willst es doch auch, habe M. gesagt. „Und dass er mich umbringen würde“, sagt K.

Als es an der Wohnungstür klingelte, habe M. von ihr abgelassen: „Er ging zur Tür, und ich bin ins Bad gelaufen. Ein Freund hatte sein Handy auf dem Wohnzimmertisch vergessen. Dann sind beide gegangen.“

Heiko M. sieht die Frau während ihrer Aussage nicht einmal an. Der Mann, der eine graue Strickjacke über einem blau-weiß karierten Hemd trägt, lässt seinen Verteidiger sprechen: „Mein Mandant wird jetzt noch keine Angaben zur Sache machen.“

Wenige Tage nach dem 15. Juni musste M. zur Aussage bei der Polizei. „Er sagte, dass Marianne K. in der Wohnung mit einem Messer auf ihn losgegangen sei“, so eine Reinbeker Kripobeamtin als Zeugin. M. habe auch angegeben, dass es bereits in der Kneipe auf der Damentoilette zu sexuellen Handlungen zwischen den beiden gekommen sei. An einen Übergriff in der Wohnung könne er sich wegen des vielen Alkohols nicht erinnern.

Dass Heiko M. völlig betrunken und am Arm verletzt war, bezeugt ein Freund, der M. gegen 8.30 Uhr in Hamburg-Horn getroffen hatte. Der 34-Jährige beschreibt M. als sehr hilfsbereit und nett. „Ich war mit meinem Sohn unterwegs und habe mich erschrocken, als ich ihn sah. Sein T-Shirt war blutverschmiert, er hatte eine blutende Wunde am linken Arm“, so der Zeuge. Er habe den volltrunkenen Heiko M. nach Hause gebracht und verbunden. „Ich fragte, was passiert sei. Er sagte nur: Messer.“

Dass sich Marianne K. und Heiko M. bereits in der Kneipe näher gekommen seien, bestätigt ein glatzköpfiger Mann mit Tattoo am Hals, der in der Nacht auch in der Wohnung war. „Die haben sich am Tresen innig geküsst“, so der 34-Jährige. „Hat der Angeklagte Sie aufgefordert zu gehen?“, möchte die Richterin wissen. „Nein, aber es war klar, worauf das hinausläuft bei den beiden. Wir dachten uns, lassen wir die mal allein“, so der muskulöse Mann.

Wichtiger Zeuge erschien nicht zum Prozess und wird vorgeladen

Eine Mitarbeiterin der Pfanne erinnert sich so: „Marianne K. kam schon völlig betrunken in die Gaststätte. Sie hat sich von einem Stammgast betatschen lassen.“ Was sie damit meine, hakt die Richterin nach. „Sachen, die man nicht in der Öffentlichkeit macht.“ Zu Heiko M. sei Marianne K. erst gekommen, als der andere Mann gegangen war. Ein anderer Stammgast der Kneipe, ein 51 Jahr alter IT-Techniker, sagt als Zeuge auf Nachfrage des Verteidigers, er sei nach einem Besuch in der Pfanne auch schon mal mit Marianne K. in deren Wohnung gegangen.

Eine Rechtsmedizinerin, die Marianne K. untersucht hatte, stellte Würgemale sowie leichte Hämatome an den Innenseiten der Oberschenkel fest. Heiko M. war sechs Tage später bei ihr. „Er hatte ein leichte Verletzung am Handgelenk.“ „Könnten es auch Kratzspuren gewesen sein?“, fragt der Anwalt von K.. „Unwahrscheinlich“, so die Sachverständige. Ein Messer erscheint ihr wahrscheinlicher, jedoch sei die Verletzung nur oberflächlich gewesen.

M.s Verteidiger sieht das anders: „Seit dem Messerangriff ist er arbeitsunfähig.“ Sein Mandant habe kein Einkommen und lebe vom Geld seiner Verlobten.

Der dritte Mann, der in K.s Wohnung war und sein Handy vergessen hatte, erschien nicht zum Prozess. Er soll jetzt am 11. Juni aussagen.